24. Oktober 2016
Stellungnahme zum Bebauungsplan-Vorentwurf „Klinikum Rudolf-Virchow-Straße“, Große Kreisstadt Borna
Sehr geehrte Frau Meißner, sehr geehrte Damen und Herren,
der BUND Landesverband Sachsen e.V. bedankt sich für die Beteiligung im o. g. Verfahren und gibt folgende Stellungnahme ab:
Der Bebauungsplanvorentwurf ist in Bezug auf ökologische Belange in seiner derzeitigen Fassung noch unzureichend und bedarf der geplanten Erfassung und Bewertung des naturschutzrechtlichen Eingriffs. In Bezug auf die Grenzen und den Umgriff des beabsichtigten Sondergebiets „Klinik“ bestehen aus Sicht des BUND Potentiale zur Verringerung, die einer eingehenden Prüfung bedürfen.
Begründung:
Das Klinikum der Großen Kreisstadt Borna plant eine Erweiterung der baulichen Anlagen sowie eine erhebliche Erweiterung des Stellplatzangebots für den Klinikumsbetrieb. Ziel des Bebauungsplans ist die baurechtliche Sicherung der vorhandenen baulichen Anlagen als auch die Schaffung von Baurecht für die Erweiterung der Stellplatzflächen auf der westlichen Seite der Rudolf-Virchow-Straße. Grundsätzlich wurden betreffend der Erweiterung der Stellplatzflächen zwei Varianten vorgeschlagen: ein ebenerdiger Parkplatz mit flächenmäßig größerer Ausdehnung und ein Parkhaus mit flächenmäßig kleinerer Ausdehnung.
Die Fläche westlich der Rudolf-Virchow-Straße wird teilweise gegenwärtig entgegen den Festsetzungen des geltenden Flächennutzungsplans als Parkplatz genutzt (daher ist bei der Erstellung der Eingriffs-Ausgleichsbilanzierung von einer Neuversiegelung auszugehen). Neben diesem Parkplatz handelt es sich bei der Fläche um innerstätische Waldgebiete (so auch die Festsetzung im geltenden Flächennutzungsplan). Aus Sicht des BUND handelt es sich bei dem beabsichtigten Bau eines mehrstöckigen Parkhauses um die Vorzugslösung, da der Flächenverbrauch als auch der Eingriff (Rodungen und Teil-und Vollversiegelung) in den Naturhaushalt im Gegensatz zum ebenerdigen Parkplatz geringer ist. Gleichzeitig sollen laut Planunterlagen auch die Auswirkungen durch Schall in der Variante 1 geringer sein, als bei Variante 2. Allerdings ist bei der weiteren Planung eine weitergehende Alternative (Ein- und Ausfahrt zum Parkhaus ausschließlich über die Rudolf-Virchow-Straße) zu beachten und zu prüfen (siehe dazu unten).
Bei der derzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung handelt es sich um einen Vorentwurf. Der Umweltbericht zum Bebauungsplan ist derzeit noch nicht abschließend fertiggestellt und auch die dafür notwendigen Kartierungen und Erfassungen der Pflanzen- und Tierarten sind derzeit noch nicht abgeschlossen. Daher können zu diesem Thema aufgrund unvollendeten Planungsstandes nur sehr eingeschränkt Ausführungen gemacht werden. Es sind deswegen die Ergebnisse der geplanten Untersuchungen (und die vorgesehenen Ausgleichs- und CEF-Maßnahmen) und des Umweltberichtes abzuwarten. In Bezug auf das grünordnerische Konzept werden die Festsetzungen mitgetragen (Erhalt der bestehenden Vegetationsflächen und Pflege durch den Ersatz von standortfremden Pflanzen durch heimische Pflanzenarten). Es ergeben sich aus Sicht des BUND jedoch anderweitige Planungsmöglichkeiten (Alternative), die einer Prüfung bedürfen. Hierzu verweisen wir auf § 3 Abs. 1 BauGB, der ausdrücklich eine Alternativenprüfung vorsieht. So schlägt der BUND vor, die Ein- und Ausfahrt in das Parkhaus auf die Rudolf-Virchow-Straße zu begrenzen und den Verkehr darüber abzuwickeln. Im derzeitigen Bebauungsplanvorentwurf ist für die Alternative 1 (Parkhaus) die Ausfahrt über die Pawlowstraße vorgesehen, so dass hierfür eine Neuversiegelung als auch die Rodung von Gehölzstrukturen notwendig sind. Vorrangig sind Eingriffe nach § 14 BNatSchG zu vermeiden (§15 Abs. 1 BNatSchG). Darüber hinaus gibt die Raumordnung das Ziel vor, die Neuinanspruchnahme von Flächen zu begrenzen und bodenverbrauchende Nutzungen auf das unabdingbare Maß zu beschränken. Genauer legt der Landesentwicklungsplan Sachsen 2013 den Grundsatz fest (G 2.2.1.1), die Neuinanspruchnahme von Freiflächen für siedlungs- und Verkehrszwecke in allen Teilräumen Sachsens zu vermindern. Um Eingriffe in den zur Pawlowstraße gewandten Bereich zu verhindern, könnte daher angedacht werden, die Ein- und Ausfahrt zum Parkhaus ausschließlich über die Rudolf-Virchow-Straße abzuwickeln. Der hintere Bereich( hinter Parkhaus zur Pawlowstraße) könnte für Maßnahmen zum Schutz und zur Pflege des Naturhaushalts und der Landschaf genutzt werden (Anpflanzung von Bäumen könnte darüber hinaus die Sichtbeziehung der Wohnbebauung auf das Parkhaus begrenzen). Der Geltungsbereich des Bebauungsplans und des auszuweisenden SO Klinik könnte dadurch im Gegensatz zum vorliegenden Entwurf verkleinert werden. Zu beachten und zu prüfen (wenn es gegenwärtig im Entwurf nicht schon vorgesehen ist) wäre zudem die Entsiegelung des nordwestlich gelegenen Parkplatzes (Pawlowstraße), dessen Bedarf wohl nach der beabsichtigten Realisierung eines neuen Parkplatzes bzw. Parkhauses entfällt. (Skizze Vorschlag Alternative (Quelle: google.de/maps): siehe Stellungnahme PDF)
Sollte sich im Zuge der weiteren Planung die Variante 1 (Parkhaus) als Vorzugslösung herausstellen, rät der BUND zur Festsetzung von weiteren Maßnahmen im Bebauungsplan. So sollten Festsetzungen einbezogen und erwogen werden, die eine Begrünung des Daches sowie der Außenwände des Parkhauses vorsehen. Damit könnte sowohl der Energiebedarf gesenkt werden als auch ein kleiner Beitrag zum Erhalt von attraktiven Lebensräumen von Tierarten im innerstädtischen Bereich geleistet werden.
In Bezug auf die Planrechtfertigung (Bedarf an Stellplätzen am Klinikum Borna) ist der Bebauungsplanentwurf weiterhin zu überarbeiten. Der Begründung ist zwar zu entnehmen, dass eine angespannte Situation der verfügbaren Stellplätze am Klinikum besteht. Es werden jedoch keinerlei Maßnahmen benannt oder erläutert, die an dieser Situation etwas verändern könnten (außer dem Bau von neuen Stellplätzen). Der Planbegründung ist zu entnehmen, dass die Stellplätze an der zwischen Pawlowstraße und Rudolf-Virchow-Straße zu großen Teilen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Klinikums genutzt werden und die Erweiterung auch den steigenden Beschäftigtenzahlen dienen soll. Deswegen sollten neben dem Bau von weiteren Stellplätzen zwingend Maßnahmen geprüft werden, wie der Bedarf an Stellplätzen vermindert werden kann (Anregung des Personals zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder Fahrrad, ggf. Einführung einer Parkplatzgebühr) und die Bedingungen dafür geschaffen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer
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