BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


17. August 2016

Stellungnahme zum Entwurf des Flächennutzungsplanes, Große Kreisstadt Riesa (Stand Mai 2016)

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Landesverband Sachsen e. V. und die BUND Regionalgruppe Riesa bedanken sich für die Beteiligung im Verfahren und geben als Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 2 BauGB folgende Stellungnahme zum Entwurf des Flächennutzungsplan ab:

Der BUND lehnt den überarbeiteten Entwurf des Flächennutzungsplans für die Große Kreisstadt Riesa ab.

Mit Bedauern stellt der BUND fest, dass wesentliche Hinweise und Einwendungen, die bereits im vorhergehenden Beteiligungsverfahren im Dezember 2013 und im August 2015 in das bauleitplanerische Verfahren unsererseits eingebracht worden sind, bei der Überarbeitung der Planung nicht berücksichtigt wurden. Diese Bedenken können auch durch den Flächennutzungsplanentwurf vom Mai 2016 nicht ausgeräumt werden und bestehen weiterhin.

 

1. Weitere Verschärfung des Nutzungskonflikts im Ortsteil Gröba

Im Vordergrund der Kritik an der beabsichtigten Aufstellung des Flächennutzungsplans steht der weiter bestehende Nutzungskonflikt zwischen der vorhandenen Wohnnutzung und der industriellen und gewerblichen Nutzung im Ortsteil Gröba. Der Nutzungskonflikt ist der Stadt Riesa bekannt und wird durch den vorgelegten Flächennutzungsplanentwurf noch verschärft.

Der BUND begrüßt die Ausweisung eines Mischgebietes entlang der Paul-Greifzu-Str. sowie die Ausweisung einer Fläche für den Gemeinbedarf (Heisenberg-Gymnasium usw.). Die Stadt Riesa hat damit auf die unter anderem vom BUND getätigten Einwendungen reagiert. An dieser Änderung sollte festgehalten werden und nicht im Sinne von wirtschaftlichen Interessen eine erneute Änderung zu einem Gewerbegebiet erfolgen. Soweit die Stadt Riesa im weiteren Verlauf der FNP-Aufstellung die nochmalige Änderung der Ausweisung eines Mischgebietes an der Paul-Greifzu-Str. 9 - 25 beabsichtigen sollte, werden alle bisherigen Einwendungen gegen ein Gewerbegebiet aufrecht erhalten und dem hiermit vehement widersprochen.

Die Flächenausweisung für die vorhandene Wohnbebauung an der Paul-Greifzu-Straße 55 - 57 ist jedoch weiterhin fehlerhaft. Bei der direkt an die Berufsschule und Gemeinbedarfsfläche angrenzenden Wohnbebauung handelt es sich nicht um eine gewerbliche Fläche im Bestand. Vielmehr handelt es sich um ein Mischgebiet. Die Stadt Riesa wird daher dazu aufgefordert, das benannte Gebiet als Mischgebiet festzusetzen. Die Fläche war im FNP-Vorentwurf 2015 noch als geplantes G 5 ausgewiesen und wurde nun als Bestandsfläche dargestellt. Dies ist unzutreffend und daher dringend zu überarbeiten und der FNP-Entwurf den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen.

Der BUND verweist darauf, dass die Stadt Riesa bisher nicht über einen rechtswirksamen Flächennutzungsplan verfügt, so dass alle Ausweisungen von Bestandsnutzungen grundsätzlich als erstmalige Ausweisung behandelt werden müssen. Dies gilt vor allem für den Bereich des ESF Elbe Stahlwerk Feralpi, dessen Erstausweisung als Gewerbegebiet grundsätzlich eine eingehende Untersuchung der Verträglichkeit mit der angrenzenden Wohnbebauung erfordert.

Die fortlaufende Entwicklung nach 1990 ohne gültigen Flächennutzungsplan und ohne Baubauungsplan ist für den BUND unakzeptabel. Nach §13 BImSchG i.V.m. §§ 30 und 34 I BauGB war bei Er­teilung der Genehmigung des Stahlwerkes 1994 zu prüfen, ob sich das Vorhaben in die Umgebung „einfügt“. Selbstverständlich umfasst die Vor­aussetzungen der gemäß §13 BImSchG eingeschlossenen Baugenehmigung auch die Beach­tung des Bauplanungsrechts (s. etwa Seibert, in Landmann/Rohmer, BImSchG, §13, Rdnr. 80). Diese Prüfung ist ersichtlich nicht erfolgt.

Rechtlich inakzeptabel ist dann ferner die Aussage laut Genehmigung, das Flur­stück des Stahlwerkes habe „eine faktische Gebietseinstufung, hier Gewerbege­biet“. Zum einen handelt es sich bei der faktischen Nutzung durch die streitge­genständlichen Anlagen nicht um eine Ge­werbegebietsnutzung, son­dern eine Nutzung als „Industriege­biet“ im Sinne des §9 BauNVO. Zum anderen kam es bei einer Prüfung der Voraussetzung des §34 II BauGB gerade nicht auf die Zulässigkeit des Vorhabens inner­halb des Industriege­biets an, sondern vielmehr auf das „Einfügen“ in die Umgebung, d. h. also insbesondere auf die Belange der Wohnge­biete in der Paul-Greifzu-Straße, in der Uttmannstraße und im Wohngebiet Gucklitz.

Es wird somit gerügt, dass Flächen im Bestand fehlerhaft als Gewerbegebiet bzw. als Mischgebiet eingestuft wurden. Die Darstellung der Bestandsflächen (S. 54 Umweltbericht) ist fehlerhaft und entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten und ist zwingend zu überarbeiten. Sonderbauflächen (SO) im Bestand sind um 15,04 ha größer geworden, diese Entwicklung wurde ohne gültigen Flächennutzungsplan nur innerhalb von 12 Monaten vorgenommen. Der BUND fordert deshalb eine generelle Prüfung und Aktualisierung der Flächennutzungsdarstellungen des Bestands, nicht nur in den Unterlagen des Umweltberichts, sondern auch in den bauplanungsrechtlichen Unterlagen des Flächennutzungsplans. Es wird unsererseits beanstandet, dass die derzeitigen Planungsunterlagen aufgrund unzutreffender und ungenauer Bestandsdarstellungen keine geeignete Grundlage für die Bauleitplanung bieten und auch keine sachgerechte Beteiligung und Bewertung der Planung durch die Öffentlichkeit erlauben. Deshalb halten wir es für erforderlich, eine erneute Auslage der Planungsunterlagen durchzuführen.

Des Weiteren bewirkt die unterschiedliche Ausweisung eine Verschärfung des vorhandenen Immissionsschutzkonflikts. Soweit es sich um die Ausweisung von gewerblichen Bauflächen handelt, zieht dies eine Absenkung der immissionsschutzrechtlichen Grenzwerte nach sich, die wegen der vorhandenen Wohnbebauung als unzulässig erachtet wird (betrifft Gebiet um Paul-Greifzu-Str.). Daneben entsteht durch die Überplanung eine Gemengelage von Industrie- und Wohnungsbebauung, die auch aus immissionsschutzrechtlichen Gründen unzulässig ist. Nach § 50 BImSchG sind bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen (worunter auch die Aufstellung eines Flächennutzungsplans zu verstehen ist) die für die bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen so anzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen i. S. d. Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie 96/82/EG in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Diesen Anforderungen des Trennungsgrundsatzes aus § 50 BImSchG wird der Flächennutzungsplanentwurf vom Mai 2016 nicht gerecht. Die Wohnbebauung Uttmannstr. war bis 1992 eine Sackgasse mit Spielstraße und auf dem gegenüberliegenden Gelände geplantes Gewerbegebiet G4 waren eine Radrennbahn, Sportplatz bzw. Gärten. Die Gewerbegebietsfläche G4 soll mit nicht störendem Gewerbe laut Textteil angesiedelt werden. Dafür ist die Gebietsausweisung nicht korrekt erfolgt. Hier fordert der BUND eine Ausweisung und Darstellung als eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe), um auch der Begründung der Stadt Riesa zu entsprechen (Umwandlung G4 in GEe4).

Zum Einen gehen von dem in unmittelbar in der Nähe gelegenen ESF Elbe Stahlwerke Feralpi schädliche Umwelteinwirkungen in Form von Lärm, Staub, Licht und Geruch aus, wobei auf Seiten des BUND wiederholt auf die Überschreitung der zulässigen Grenzwerte der Lärm- und Luftschadstoffbelastung hingewiesen wurde. Zum anderen handelt es sich bei den direkt angrenzenden Gebieten um überwiegend oder ausschließlich dem Wohnen dienenden Gebiete, die vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch eine vorsorgende Flächenausweisung zu schützen sind. Auch schutzbedürftige öffentliche Gebäude und Nutzungen in Form von Schulen und Bildungseinrichtungen (Werner-Heisenberg-Gymnasium, Berufliches Schulzentrum für Technik und Wirtschaft Riesa, ESO-Euro-Schule Riesa/Meißen, Staatliche Studienakademie Riesa) und Sportplätzen (Paul-Greifzu-Straße und Hafenstraße) sind angrenzend an das Stahlwerk vorhanden. Ein bezeichnendes Bild der Gemengelage von industriellen und zum Wohnen dienenden Flächen ist das Wohngebiet an der Lauchhammer-Straße. Dieses wird fast ausschließlich von gewerblichen Bauflächen umgeben, der städtebauliche Konflikt der verschiedenen Nutzungen ist hier offensichtlich.     

Es ist nicht erkennbar, warum die Stadt Riesa trotz des bekannten Nutzungs- und Immissionskonflikts nicht von der in § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauGB eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht, Flächen für die Nutzungsbeschränkung oder für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des BImSchG auszuweisen. So besteht die Möglichkeit, eine Pufferzone zwischen der industriellen Nutzung und der sensiblen Wohnbebauung einzurichten, die auch im Rahmen einer Alternativenbetrachtung zur beabsichtigten Gewerbegebietsausweisung hätte berücksichtigt werden müssen.

Stattdessen bewirkt die fehlerhafte Kategorisierung von Bestandsflächen als Misch- und Gewerbegebiete, sowie die Neuausweisung der gewerblichen Bauflächen G4 eine weitere Verschärfung des Immissionskonflikts. Insbesondere soll hier wiederholt auf die fehlerhafte Ausweisung eines Gewerbegebiets im Bestand hingewiesen werden (Paul-Greifzu-Str./Industriestr.) Die Abstände der sensiblen Wohnbebauung zur industriellen und gewerblichen Nutzung verringern sich weiter und es ist mit einer Ansiedlung von weiteren emittierenden Betrieben zu rechnen, was eine Zusatzbelastung der umliegenden Wohnbebauung durch Immissionen zur Folge hat, obwohl die Grenzwerte für Lärm und Luftschadstoffe schon durch den derzeitigen Bestand überschritten werden.

Die Verschärfung des vorhandenen Nutzungs- und Immissionskonflikts durch die fehlerhafte Kategorisierung von Flächen im Bestand und durch Ausweisung neuer gewerblicher Bauflächen im Ortsteil Gröba widerspricht dabei dem Gebot der umfassenden Konflikt- und Problembewältigung, dass sich aus dem Abwägungsgebot gem. § 1 Abs. 7 BauGB ableitet. Das Gebot der Konfliktbewältigung besteht darin, „dass die von einem Bauleitplan ausgelösten oder ihm sonst zurechenbaren Interessenkonflikte nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, sondern angemessen ausgeglichen werden müssen“ (Rieger in: Schrödter BauGB-Kom, 7. Aufl., 2006). Ein angemessener Interessenausgleich wird durch den Flächennutzungsplanentwurf nicht herbeigeführt, im Gegenteil wird die bestehende Gemengelage auch durch den erneuten Flächennutzungsplanentwurf eher verstärkt und aufrechterhalten.

Als bauplanerisch unzulässig und auch dem Gebot der umfassenden Konfliktbewältigung widersprechend, wird die Verlagerung des Nutzungskonflikts auf das weitere Verwaltungshandeln gesehen. Ein Flächennutzungsplan stellt das geeignete Instrumentarium dar, um den Nutzungskonflikt durch eine Entflechtung der verschiedenen Flächennutzungen aufzulösen. Eine Verlagerung der Konfliktlösung auf nachfolgende immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren wird besonders kritisch gesehen, da eine zukunftsorientierte städtebauliche Planung erforderlich ist, eine umfassende Konfliktbewältigung für den gesamten Stadtteil Gröba herbeizuführen. Des Weiteren sei hier angemerkt, dass immissionsschutzrechtliche Grenzwerte in diesem Bereich überschritten werden, so dass auch immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren nur bedingt geeignet sind, die Anwohner rund um das Stahlwerk und den Hafen vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen.    

Die Begründung zum Entwurf des Flächennutzungsplans setzt sich mit den durch die Planung hervorgerufenen Immissions- und Nutzungskonflikt nicht angemessen auseinander. Wertminderungen für die betroffenen Grundstückseigentümer im Ortsteil Gröba werden gar nicht betrachtet und berücksichtigt. Insofern liegt hier ein Abwägungsdefizit vor, da die hier erkennbaren privaten Belange der Anwohner im Ortsteil Gröba nicht in die Abwägung eingestellt wurden.

Der BUND Landesverband Sachsen e. V. fordert die Stadt Riesa auf, den Nutzungskonflikt zwischen industrieller Flächennutzung und privater Wohnnutzung im Bereich zwischen Bahnhof und Hafen weiter städtebaulich zu entschärfen und dies durch einen gerechten Interessenausgleich zu verwirklichen.  Die neuerliche Überarbeitung des FNP ist ein Schritt in die richtige Richtung, da die Stadt Riesa einen Großteil der zum FNP-Entwurf 2015 erhobenen Einwendungen in ihrem neuen Entwurf berücksichtigt hat.

 

2. Wohnbauflächenbedarfsschätzung unzutreffend

Der Wohnbedarfseinschätzung ist zu entnehmen, dass einzelne Gebiete der Stadt Riesa von einem erheblichen Leerstand betroffen sind. Die Wohnbedarfsprognose geht im Prognosejahr 2025 von einem Überschuss von 1053 Wohneinheiten aus. Neben diesem für das Jahr 2025 prognostizierten Überangebot sowohl an Wohnungen und Wohnbauflächen ist von einer sinkenden Einwohnerzahl der Stadt Riesa auszugehen, weshalb ein Bedarf nach neuen Wohnbauflächen für die Stadt Riesa aufgrund dieser Prognose gerade nicht angezeigt ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der angeführten Gründe für den Leerstand in Form eines Trends zu Singlehaushalten und einem Rückgang des Bedarfs an Mehrfamilienhäusern, verbunden mit einem gestiegenen Interesse an Eigenheimen. Auch unter Berücksichtigung dieser Entwicklungen ist im Interesse des möglichst sparsamen Umgangs mit Grund und Boden (vgl. § 1a Abs. 2 BauGB) vorrangig ein Umbau im Bestand anzustreben. 

 

3. Kein Bedarf für Ausweisung Sondergebiet Hafen gegeben

Der Flächennutzungsplanentwurf sieht in seiner derzeitigen Fassung die Ausweisung eines neuen Sondergebietes Hafen (SO1 Hafen) im Stadtteil Gröba vor. Die Ausweisung bereitet dabei die Vergrößerung des Elbhafens Riesa vor, die der BUND aufgrund des fehlenden Bedarfs und aufgrund erheblicher Beeinträchtigung von Schutzgebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung sowie nicht beachteter raumplanerischer Grundsätze ablehnt.

Die Elbe ist der letzte große Fluss in Deutschland, der vergleichsweise natürlich bzw. naturnah erhalten ist. An den Ufern der Elbe existieren die größten zusammenhängenden Auenwälder Mitteleuropas mit einer einzigartigen biologischen Vielfalt. Eine Bedrohung dieses einzigartigen Lebensraums stellt der Gewässerausbau dar, der notwendig wird, um die Schiffbarkeit der Elbe zu gewährleisten. Eine Nutzung und vor allem die Erweiterung des Elbehafens Riesa bedingt die Schiffbarkeit der Elbe. Die Schiffbarkeit ist jedoch aufgrund immer weiter absinkender Pegelstände für den Güterverkehr nicht mehr gegeben (siehe auch aktuelle Pegelstände der Elbe unter: www.umwelt.sachsen.de/de/wu/umwelt/lfug/lfug-internet/hwz/MP/501060/). Bereits jetzt kommt die Binnenschifffahrt auf der Elbe fast vollständig zum Erliegen. Die Nutzung des Hafens ist somit abhängig von Maßnahmen, die die Schiffbarkeit der Elbe sicherstellen. Diese Maßnahmen des Gewässerausbaus sind jedoch aufgrund der naturschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Vorgaben unzulässig (vor allem unter Berücksichtigung des jüngst ergangenen Urteils des EuGH zur Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie, EuGH, Urt. v. 1.07.2015, Rs. C-461/13). Es ist daher anzunehmen, dass eine Erhöhung der Transportkapazitäten des Elbeschiffsverkehrs, nicht der zukünftigen Entwicklungen entspricht, die aufgrund der sinkenden Schiffbarkeit und dem sinkenden Güterumschlag- und Transport zu erwarten ist. Als Beleg für den sinkenden Güterumschlag durch die Schifffahrt sei hier auf die Darstellung des Güterumschlags für den Hafen Riesa verwiesen, die sich aus einer Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im sächsischen Landtag[1] ergibt. Daraus lässt sich entnehmen, dass der Anteil des schiffsgebundenen Güterumschlags für den Zeitraum Januar bis September 2014 gerade einmal 5 % des gesamten Güterumschlags im Hafen Riesa erreicht. Hinzu kommt, dass seit Mai 2015 über 6 Monate lang gar kein Schiffsverkehr mehr statt gefunden hatte, also bei 0% angekommen war. Aus Sicht des BUND stellen 5 % einen sehr geringen Anteil dar, gemessenen an den bisher getätigten Investitionen in die Infrastruktur und den Kosten, die durch Umweltauswirkungen in Folge der Nutzung der Elbe für die Schifffahrt entstehen. Weiterhin zeigt die Betrachtung des Zeitraums 2007 bis September 2014, dass der Anteil der Güter, die auf dem Schiffsweg transportiert und umgeschlagen werden, sich nicht erhöht hat und die Tendenz (auch aufgrund der fehlenden Schiffbarkeit der Elbe) sinkend ist. Der BUND beanstandet, dass die Ausführungen der Planbegründung (S. 63) in Hinsicht auf den Hafen Riesa zu optimistisch und unter Berücksichtigung der sinkenden Güterumsetze durch die Schifffahrt nicht begründet sind. Ein Bedarf an neuen Kapazitäten für den Binnenschifffahrtsgüterverkehr in Form der Ausweisung eines neuen Hafen Sondergebiets ist daher nicht gegeben und erscheint unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Tendenzen nicht plausibel. Der Bedarf an einer Erweiterung des Hafens wird auch im Rahmen der Begründung des Flächennutzungsplans nicht dargestellt, insofern fehlt es an einer Bedarfsrechtfertigung. Des Weiteren führt die Erweiterung des Hafens (und der vorgesehene 3-Schichtbetrieb) zur Verschärfung des ohnehin bestehenden Konflikts zwischen der angrenzenden Wohnnutzung und des Hafens und zu einer weitersteigenden Belastung der Anwohner durch Immissionen sowohl am Tag als auch in der Nacht.

Der BUND fordert statt des Ausbau des Hafens Riesa und dem dafür notwendigen Gewässerausbau der Elbe, die Stärkung schienengebundenen Güterverkehrs vorzusehen. Hier können die Potenziale vorhandenerer Gleisanlagen der Deutschen Bahn AG ausgenutzt werden und somit dem Ziel entsprochen werden, die Bedingungen für den Transport von Gütern auf dem Schienenweg so zu gestalten, dass sich der Anteil des schienengebundenen Verkehrs erhöht (siehe Begründung zum FNP, S. 60). Dies erscheint bei Betrachtung der durch die Herstellung der Schiffbarkeit der Elbe hervorgerufenen Umweltauswirkungen zwingend notwendig.

Das Sondergebiet SO1 Hafen liegt in unmittelbarer Nähe zum FFH-Gebiet „Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg“ (DE 4545-301) sowie zum SPA-Gebiet „Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg“ (DE 4545-452) und zum FFH-Gebiet „Döllnitz und Mutschener Wasser“ (DE 4644-302). Fraglich ist daher, ob die Ausweisung des Sondergebiet SO1 Hafen mit den Erhaltungszielen der Schutzgebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung vereinbar ist. Eine entsprechende Untersuchung erfolgt im Rahmen der Begründung und des Umweltberichtes nicht. Im Umweltbericht wird hierzu lapidar festgestellt, dass durch die Überplanung des Gebietes keine Auswirkungen auf das FFH-Gebiet „Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg“ zu erwarten sind. Dies ist völlig unzureichend und entspricht in keiner Weise den rechtlichen Anforderungen der Verträglichkeit von Vorhaben und Projekten mit den Erhaltungszielen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung. Auch aus diesem Grund ist die vorgesehene Überplanung des Hafengeländes abzulehnen.

Darüber hinaus wird im FNP-Entwurf 2016 das Gebiet rechts der Döllnitz an der Einmündung in die Elbe fehlerhaft als Sondergebiet Hafen im Bestand ausgewiesen. Dies ist offensichtlich fehlerhaft, da es sich um eine Grünfläche an der Döllnitz-Mündung handelt, die zu keinem Zeitpunkt für die Nutzung als Hafen vorgesehen oder tatsächlich genutzt wurde. Zu dem liegt die benannte Fläche direkt an der Grenze des FFH-und SPA-Gebiets „Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg“. Die im Umweltbericht getätigten Aussagen in Hinsicht auf die Verträglichkeit, beziehen sich auf das SO 1 Hafen, die Erweiterung des Hafens durch die Ausweisung von vermeintlichen Bestandsflächen werden hier nicht erwähnt. Demzufolge können die Ergebnisse der FFH- und SPA-Verträglichkeitsvorprüfung (deren Inhalt nicht im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Verfügung gestellt wurden) hier nicht berücksichtigt werden, da hier von einem Abstand zu den Schutzgebieten von 200 m Entfernung ausgegangen wird. Das im FNP-Entwurf 2016 ausgewiesene Sondergebiet Hafen an der Döllnitzmündung liegt jedoch direkt am, wenn nicht sogar im FFH-und SPA-Gebiet „Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg“ (direkter Flächenentzug). Die Ausweisung ist offensichtlich schon aufgrund der fehlenden Bestandssituation fehlerhaft, ist jedoch auch aufgrund einer fehlenden Verträglichkeitsuntersuchung unzulässig. Hierbei wird auf § 34 Abs. 1 BNatSchG verwiesen, der eine zwingende Verträglichkeitsuntersuchung für Projekte (hierzu zählen auch Flächennutzungspläne) vorschreibt. Es ist daher zwingend eine SPA- sowie FFH-Verträglichkeitsprüfung vorzunehmen, die die Verträglichkeit des Projektes (Flächennutzungsplan) mit den Schutzgebieten belegt. Hierbei sind auch kumulative Beeinträchtigungen durch andere Vorhaben (geplantes SO 1 Hafen, technische Hochwasserschutzmaßnahmen) zu berücksichtigen. Der FNP-Entwurf 2016 ist jedenfalls alleine aus diesem Grund unzulässig (vgl. § 34 Abs. 2 BNatSchG).

Auch in Bezug auf das geplante SO 1 Hafen ergeben sich erhebliche Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit des FNP-Entwurfs. Die auf Seite 84 des Umweltberichtes (im Gegensatz zum FNP-Entwurf 2015) neu eingefügte Passage zu den Beeinträchtigungen der FFH-Gebiets-Schutzziele Biber und Fischotter sind unbegründet und daher nicht ausreichend, um die Verträglichkeit mit der Hafengebietsausweisung zu belegen. Dazu heißt es auf Seite 84 des Umweltberichtes: „Für Biber und Fischotter sind dagegen Störungen des Migrationskorridors im Hafen (Durchfluss der Döllnitz zur Elbe) zu erwarten, insbesondere im Zusammenwirken mit dem Vorhaben der Landestalsperrenverwaltung zur Errichtung der neuen Hochwasserschutzlinie um Dorf Gröba (Errichtung einer Spundwand auf der Nordseite des Alten Hafens). Das Hafenbecken ist ein selten genutzter Wanderkorridor für beide Arten. Durch Verbesserung der Ausstiegsmöglichkeiten für Ruhezwecke am Hafeneingang (Schloss Gröba) und an der S 182-Brücke wird er trotz der Spundwand für den Hochwasserschutz seine Funktion behalten. Auch die hinzukommenden Störungen durch die KVT-Aktivitäten (Licht, Lärm, Schiffsbewegungen) werden den gelegentlichen Durchzug nicht nachhaltig unterbinden. Tatsächlich ist die Durchgängigkeit gewahrt.“ Demgegenüber sind erhebliche Beeinträchtigungen für die Migrationsbewegungen der genannten Arten zu erwarten, die bei Aufnahme des Regelbetriebes des Hafens, die vollständige Unterbindung von Migrationsbewegungen zur Folge haben können, da es sich bei den genannten Tierarten um extrem störungsempfindliche Tierarten handelt. Zu beachten ist auch, dass die erheblichen Beeinträchtigungen durch die Ausweisung eines Hafengebietes (sehr gering vorhandene natürliche Uferbereiche, erhebliche Licht-, Lärmemissionen) zur nachhaltigen Störungen der Wanderbeziehungen und des Populationsaustauschs zwischen zwei Schutzgebieten führt - erheblich betroffen ist daher der ökologische Verbund der beiden Schutzgebiete. Daher ist es unerheblich, ob es sich nach Ansicht der Plangeberin um selten genutzten Migrationskorridor handelt, wenn durch das Vorhaben dieser Durchzugskorridor seine Funktion vollständig verliert. Darüber hinaus werden die Behauptungen, es handle sich zum einen um einen gelegentlich genutzten Migrationskorridor und zum anderen bleibt die Durchgängigkeit gewahrt, nicht begründet und somit gegenstandslos.

Weiterhin werden Ausführungen darüber vermisst, wie die beabsichtigte Bebauung und Ausweisung eines Sondergebietes Hafen sich mit den Anforderungen des Hochwasserschutzes verträgt. Das Gebiet befindet sich in einem nach dem regionalplan Oberes Elbtal/Osterzgebirge (2009) ausgewiesenen Vorbehaltsgebiet für den Hochwasserschutz, weiterhin in einem gem. § 100 Abs. 1, 1a, 3 und 5 SächsWG festgesetzten Überschwemmungsgebiet. Es wird insbesondere auf den Grundsatz 7.4.5 des Regionalplans verwiesen, wonach „bei Planungen und Maßnahmen in Vorbehaltsgebieten Hochwasserschutz, (…) das bestehende Überschwemmungsrisiko einschließlich der Gefahren des Versagens bestehender Schutzeinrichtungen und sich künftig verschärfender Hochwasserrisiken sowie das Gebot zur Wiederherstellung ehemaliger Rückhalteräume zu berücksichtigen“ sind. Diesem Grundsatz wird sowohl der Flächennutzungsplanentwurf als auch der beigefügte Umweltbericht nicht gerecht, da es an einer Berücksichtigung und Auseinandersetzung mit der Problematik des Hochwasserschutzes fehlt. Hierbei ist auch der Verlust von Retentionsraum zu beachten.

Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass sich das geplante Hafengebiet SO1 in einem Gebiet befindet, dass nach dem Regionalplan Oberes Elbtal/Osterzgebirge (2009) sowohl als regionaler Schwerpunkt Fließgewässersanierung als auch als Gebiet mit geologisch bedingter hoher Grundwassergefährdung ausgewiesen ist. Entsprechende Hinweise lassen sich in der Planbegründung und dem Umweltbericht nicht finden, von daher ist davon auszugehen, dass die Ziele und Grundsätze der Regionalplanung hier unzulässiger Weise unberücksichtigt geblieben sind. Es liegt ein Abwägungsdefizit vor, da das Abwägungsmaterial unvollständig aufgrund nicht beachteter regionalplanerischer Ziele und Grundsätze ist. Gem. dem Grundsatz 7.3.1. ist in „Gebieten mit geologisch bedingter hoher Grundwassergefährdung“ der hohen Empfindlichkeit des Grundwassers aufgrund fehlender geologischer Deckschichten mit Schutzfunktion gegenüber Schadstoffeinträgen durch angepasste Bewirtschaftungsformen/Nutzungen Rechnung zu tragen. Vorliegend stellt sich die Frage, wie der Betrieb eines industriellen Hafens mit diesen Anforderungen vereinbar ist, da doch durch den Betrieb eines Hafens mit erheblichen Schadstoffeinträgen zu rechnen ist. Der BUND fordert hier eine eingehende Auseinandersetzung mit dem regionalplanerischen Grundsatz 7.3.1. Weiterhin wird auch eine Auseinandersetzung mit dem Grundsatz 7.3.7 (Regionale Schwerpunkte Gewässersanierung) des Regionalplans Oberes Elbtal/Osterzgebirge (2009) gefordert, der die Vorgabe enthält, dass Schwerpunkte der Fließgewässersanierung hinsichtlich ihrer Gewässerstruktur vorrangig saniert bzw. weiter untersucht werden. Gewässerbenutzungen, insbesondere Wasserentnahmen. Abwassereinleitungen sowie Gewässerausbau und Gewässerunterhaltungsmaßnahmen, müssen in Verträglichkeit mit den jeweiligen wasserkörperbezogenen Umwelt- bzw. Bewirtschaftungszielen der Wasserrahmenrichtlinie realisiert werden, um sowohl Verschlechterungen des bisher erreichten Zustandes weitestgehend auszuschließen sowie ggf. geplante Sanierungsmaßnahmen zur Zustandsverbesserung positiv zu unterstützen (Begründung zum Grundsatz 7.3.7 des Regionalplans Oberes Elbtal/Osterzgebirge (2009). Fraglich ist, ob die Ausweisungen des SO1 Hafen diesen Anforderungen aus der WRRL gerecht wird. Auf Seiten des BUND bestehen in dieser Hinsicht erhebliche Bedenken. Es wird erwartet, dass sich im Rahmen der Aufstellung eines Flächennutzungsplans mit den durch die Planung hervorgerufenen Konflikten (hier dem Umwelt- und Naturschutz und der Binnenschifffahrt) eingehend auseinandergesetzt wird. Daran mangelt es der Planbegründung und dem Umweltbericht.

Aufgrund der hier erläuterten entgegenstehenden Belange, wird die Einstufung der Eignung der Fläche als „bedingt geeignet“ (Umweltbericht S. 77) angezweifelt und ist richtigerweise als „ungeeignet“ im Umweltbericht anzugeben. Zu dem ist die Erweiterung des Hafengeländes nicht als alternativlos anzusehen (siehe S. 7 dieser Stellungnahme).

 

4. Mangelhafter Umweltbericht

In Bezug auf die Luftreinhaltungsplanung (Umweltbericht S. 17) werden nur die aus der Sondermessung 2008/2009 gewonnenen Messergebnisse berücksichtigt und diese werden teilweise fehlerhaft gedeutet. Nicht beachtet wird, dass speziell bei der Belastung durch Dioxine und Furane der im Freistaat Sachsen geltende Auslösewert für die Durchführung einer Sonderfallprüfung von 9 pg TE/(m² x d) regelmäßig überschritten wird und auch der Zielwert der Deposition (4 pg TE/(m² x d)) in Riesa nicht eingehalten wird. Als wesentliche Ursache für die Überschreitung der Grenzwerte wurde die Verarbeitung des Schrotts, insbesondere die Schredderleichtfraktion und die Nichteisenmetalle, ermittelt. Dabei wird die Annahme im Umweltbericht (S. 37) getroffen, die höheren Konzentrationen seien auf das unmittelbare Anlagenumfeld beschränkt. Eine Berücksichtigung der unmittelbar angrenzenden Wohnbebauung erfolgt hier nicht.

Richtig ist, dass die Flächennutzungsplanung nicht mit der Ermittlungstiefe und Fachwissen der fachrechtlichen Genehmigungsbehörde betrieben werden muss, allerdings soll gerade die Flächennutzungsplanung im größtmöglichen Umfang die Geltung des Trennungsgrundsatzes nach § 50 BImSchG gewährleisten. Deshalb sind hier Gesichtspunkte der Vorsorge gerade durch sinnvolle Zuordnungen bei der räumlichen Verteilung von Flächennutzungen in besonderem Maße zu berücksichtigen. Hieran mangelt es für den Stadtteil Gröba sowie für das Wohngebiet Gucklitz.

Hinsichtlich der Bestandsdarstellung und -bewertung des Schutzgutes Klima/Luft ist die Bewertung mangelhaft und nachzubessern. Lediglich der Aspekt PM10 wird vertiefend, aber falsch betrachtet. Erstaunlicher Weise kamen die Planer des Flächennutzungsplanes im Umweltbericht Anlage 1 (Stand Oktober 2013 auf Seite 43) zu der Erkenntnis, dass „anhand durchgeführter Untersuchungen zur Luftqualität in Riesa festzustellen ist, dass eine Belastung mit Feinstaub PM10 zu verzeichnen ist. In den letzten Jahren kam es zu Überschreitungen von Grenzwerten nach 22. BImSchV.  Dieser Textauszug ist im neuen Umweltbericht Stand Mai 2015 verschwunden, obwohl es keine aktuelleren Messergebnisse bisher gab! Auch in der neuen Öffentlichkeitsbeteiligung zum FNP-Entwurf 2016 fehlt der genannte Textauszug. Der BUND gibt hier zu bedenken, dass die Luftqualität ein wichtiger Umweltbelang ist (§ 1 Abs. 6 lit. h BauGB), der hinsichtlich des Bestands fehlerfrei zu ermitteln ist und einer Bewertung der Auswirkungen unter Berücksichtigung des Bestands erfordert. Hier fehlt es an einer fehlerfreien Bestandsermittlung, da die Überschreitung der Grenzwerte für PM10 nicht berücksichtigt wurde, jedoch nach den Darstellungen aus der Flächennutzungsplanbegründung aus dem Jahr 2013 bekannt ist. Es liegt Abwägungsdefizit vor.

Zur Frage der Schadstoffbelastung/Luftqualität fehlt eine den fachlichen und rechtlichen Anforderungen genügende Darstellung. Im Umweltbericht auf S. 37 wird hinsichtlich der Bewertung der Luftqualität/Schadstoffe lediglich die Aussage getroffen: „Der Einfluss der typischen Emissionen eines Stahlwerkes, wie Blei und Zink, aber auch Cadmium und Eisen, ist jedoch deutlich erkennbar.“ Eine Bewertung der Auswirkung der Planung unter Berücksichtigung der Vorbelastung (die bereits Grenzwerte übersteigt) erfolgt jedoch im Rahmen des Umweltberichtes nicht. Gerade die Verschärfung der Konfliktsituation im Stadtteil Gröba durch Zunahme der Emissionen durch neue Gewerbegebietsausweisung ist hier unbedingt zu untersuchen und zu bewerten. In diesem Zusammenhang sei auf die Ergebnisse der Dioxin-Messungen für die Stadt Riesa verwiesen, die im Internet öffentlich zugänglich sind (https://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/download/PCDDF_PCB_STN_Riesa_gesamt.pdf). Die Ergebnisse dieser Messung sind zwingend im Rahmen der Darstellung der Vorbelastung zu berücksichtigen und wiederzugeben.

Es sei hierzu angemerkt, dass es im Rahmen einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) um eine Bewertung der Umweltbestandssituation geht, bei der als Bewertungsmaßstab die Umweltziele (auch für die menschliche Gesundheit) heranzuziehen sind. Leider versäumt es der Umweltbericht, die Bewertungsmaßstäbe zu benennen und werden offenbar auch keine geeigneten Bewertungsmaßstäbe genutzt. Dies ist hier besonders schädlich, da mit der Ausarbeitung des Flächennutzungsplans auch die Ausweisung neuer Gewerbe/Industrieflächen beabsichtigt wird.

Die Darstellung der Vorbelastung der Gesundheit des Menschen und der Wohnqualität (Umweltbericht S. 51) ist unzureichend. Hier erfolgt eine sehr allgemein gehaltene Beschreibung der Vorbelastung des Schutzguts Mensch vor allem durch Lärmimmissionen. Die allgemein gehaltene Beschreibung ist auch in Hinsicht auf die im FNP-Entwurf 2016 eingefügte Erwähnung der Vorbelastung durch Luftschadstoffe festzustellen, so dass es der Beschreibung der Vorbelastung des Schutzguts Mensch sowohl an einer erforderlichen detaillierten Betrachtung als auch an der Vollständigkeit fehlt. Eine Betrachtung der Vorbelastung der menschlichen Gesundheit und der Wohnqualität ist in Hinsicht auf Luftschadstoffe zwingend vorzunehmen. Die Bestandserfassung und -bewertung zum Schutzgut Mensch, menschliche Gesundheit versäumt es vollständig, Bestandsdaten zur menschlichen Gesundheit für das Planungsgebiet zu erheben, von denen mehrere mit geringem Aufwand bei den zuständigen Gesundheitsämtern angefordert werden können. Die Bestandsbewertung erfolgt ausschließlich auf Grundlage indirekter Faktoren für die menschliche Gesundheit. Das entspricht nicht den fachlichen und rechtlichen Anforderungen an die Bearbeitung des Schutzgutes Mensch, menschliche Gesundheit in einer Strategischen Umweltprüfung. Hierauf wurde schon in der Stellungnahme v. 13.12.2013 hingewiesen, weshalb eine erneute unterbliebene Bestandserfassung der menschlichen Gesundheit auf Unverständnis stößt.

Weiterhin wird die Bewertung der zu erwartenden Auswirkung auf das Schutzgut Mensch als unzureichend und fehlerhaft gerügt. Zu den Auswirkungen auf den Menschen und dessen Gesundheit wird im Rahmen der Betrachtung der Auswirkungen der G4 (Gewerbliche Baufläche Paul-Greifzu-Str./Uttmannstr.) festgehalten, dass Gewerbe bereits auf der Planungsfläche entlang der Paul-Greifzu-Str. vorhanden ist und Auswirkungen auf das Wohngebiet abhängig vom künftigen Gewerbe sind (Umweltbericht S. 73). Die Bewertung erfolgt hier ohne Berücksichtigung der Vorbelastung (Belastungen durch Lärm, Erschütterungen und Licht werden nicht erwähnt). Laut Planbegründung ist im G 4 die Ansiedlung nicht störenden Gewerbes geplant (S. 73). Unter Berücksichtigung der von der Stadt Riesa verfolgten Planung und unter Berücksichtigung der bestehenden Vorbelastung (die unzureichend ermittelt worden ist), lässt sich feststellen, dass die Ausweisung eines Gewerbegebietes hier nicht angemessen ist. Vielmehr ist das betreffende Gebiet als eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe 4) auszuweisen, damit die Zielstellung der Stadt Riese (Ansiedlung nicht störenden Gewerbes) verwirklicht werden kann. Jedenfalls kann der erstmaligen Ausweisung des betreffenden Gebietes als G 4 nicht zugestimmt werden. Auch die beabsichtigte Konfliktbewältigung durch mögliche Schutz- und Vermeidungsmaßen im Bebauungsplanverfahren ist nicht das geeignete Planmittel, um eine Konfliktlösung herbeizuführen. Die Stadt Riesa ist dazu angehalten, den Konflikt bereits auf Ebene der Flächennutzungsplanung durch die Ausweisung eines eingeschränkten Gewerbegebietes aufzulösen.  

Auch die Flächenausweisung für die vorhandene Wohnbebauung an der Paul-Greifzu-Straße 55 - 57 ist fehlerhaft. Bei der direkt an die Berufsschule und Gemeinbedarfsfläche angrenzenden Wohnbebauung handelt es sich nicht um eine gewerbliche Fläche im Bestand. Vielmehr handelt es sich um ein Mischgebiet. Die Stadt Riesa wird daher dazu aufgefordert, das benannte Gebiet als Mischgebiet festzusetzen.

Daneben soll im Einzelfall ein Lärmschutzgutachten erforderlich sein, was erhebliche Auswirkungen der Planung unzulässig auf eine Betrachtung der Lärmemissionen beschränkt. Anderweitig auftretende Emissionen (Licht, Luftschadstoffe, Erschütterungen) werden somit außer Acht gelassen. Kumulierende Umwelteinwirkungen, bspw. durch die Nähe zum Hafen und dem ESF Stahlwerk Feralpi entstehen, werden hingegen gar nicht berücksichtigt, weshalb die Beschreibung der zu erwartenden Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch und Gesundheit fehlerhaft ist.

Es wird weiterhin beanstandet, dass die Bewertung der Umweltauswirkungen in Bezug auf das Hafengebiet SO1 unzureichend ist. In Folge der Überarbeitung des FNP-Entwurfs aus dem Jahr 2015 findet sich jetzt zwar der Verweis, dass im Rahmen der Planfeststellung für die Hafenerweiterung die Staub-, Luftschadstoff-, Lärm- und Lichtbelastungen geprüft werden sollen. Dass das Gebiet jedoch schon erheblich vorbelastet ist, wird nicht erwähnt und daher nicht näher betrachtet. Das für die Erweiterung des Hafengeländes vorgesehene Gebiet grenzt direkt an eine Wohnbebauung, wodurch ein immissionsschutzrechtlicher Konflikt besteht. Dieser Konflikt ist bereits auf Ebene der Flächennutzungsplanung zu lösen und nicht auf die Ebene der Planfeststellung zu verschieben. Wir erwarten eine eingehende Prüfung der von der Erweiterung des Hafens ausgehenden Emissionen und dies unter Berücksichtigung der angrenzenden Wohnbebauung und dies auf der Ebene der Flächennutzungsplanung. Dies sollte auch unter Berücksichtigung zusammenhängender Vorgänge und Wirkungen (bspw. erhöhter Verkehr durch Transportvorgänge und dadurch weiter steigende Beeinträchtigung der Wohnnutzung) erfolgen. Ebenso unbeachtet bleibt der notwendige 3-Schichtbetrieb im Bereich des Hafens, der zu zusätzlichen nächtlichen Lärmbelastungen und Lichtemissionen führen wird, d.h. LKW und Bahnverkehr im Nachtbetrieb. Diese Tätigkeiten finden im Augenblick nicht statt, sind aber durch den Hafenausbau und die Ausweisung als Sondergebiet geplant und passen nicht in das Wohnumfeld hinein. Weiterhin sollten im Rahmen der Bauleitplanung als Städtebauliches Konzept auch Überlegungen zu notwendigen Lösungsansätzen angestellt werden, woran es vorliegend fehlt.

Der BUND rügt darüber hinausgehend, dass die Darstellung in Hinsicht auf die Belastung der menschlichen Gesundheit durch Lärm unzureichend ist. Aus Sicht des BUND ist die Umsetzung des Lärmaktionsplans zu begrüßen, allerdings ergeben sich in Hinsicht auf die Verkehrsführung der Hafenerweiterung erhebliche Bedenken.

Die Verkehrsführung des kompletten LKW-Verkehrs von geplanten 620 LKW pro Tag soll durch die Hafenerweiterung direkt durchs Gewerbegebiet an der Wohnbebauung Uttmannstr. 3-13 vorbei über die Paul-Greifzu-Straße in den Hafen führen. Zusätzlich sollen alle PKWs für das Stahlwerk ebenfalls den gleichen Weg über die Uttmannstr. / Paul-Greifzu-Str. /Haldenstr. geführt werden, der Einleitungsbeschluss wurde bereits am 18.05.2015 durch den Stadtrat bestätigt. Geplant sind bis zu 300 PKW-Parkplätze.

 

aus Verkehrsplanerisches Gutachten Ing.-Büro Dr. Brenner 31.07.2014 Seite 6

Laut der Flächennutzungsplanentwurfsbegründung sind „Ziele der kurz-, mittel- und langfristigen Lärmaktionen (…) die Lärmbelastung zu verringern bzw. nicht weiter ansteigen zu lassen.“ Die vorgelegte Stadtplanung widerspricht eindeutig diesem Hauptziel. Somit ist diese Planung rechtswidrig und verstößt gegen geltende Vorschriften.

Durch den Hafenausbau und durch die genehmigte Stahlwerkserweiterung wird es zu einer erheblichen Zunahme von LKW Verkehr in Riesa kommen. Der Hafenausbau prognostiziert einen Anstieg des LKW-Verkehrs um 250% und die Stahlwerkserweiterung um 35% bis 64%, je nach Auslastung der Bahn- bzw. der LKW-Nutzung. Die neue Hafeneinfahrt ist an der Kreuzung Paul-Greifzu-Straße/Uttmannstr./Einfahrt Scholz-Recycling geplant. Vom Hafen her würde der gesamte LKW-Verkehr plus die 250%-ige Steigerung an dieser einen Kreuzung in den Hafen laufen. Hier fehlen im FNP Riesa die gesamte Betrachtung der Zusatzbelastung für den Bereich Lärm und Luftschadstoffe im Bereich Gröba.

Es wird beantragt eine Gesamtprognose Verkehr für den Kreuzungsbereich Paul-Greifzu-Straße/Uttmannstraße zu erstellen. Diese Prognose sollte die Gesamtanzahl LKW Zufahrt und Abfahrt für den Bereich Hafen, die Gesamtanzahl für den Bereich Stahlwerk zum geplanten Logistikzentrum und ebenfalls die Abfahrt vom geplanten Logistikzentrum, sowie die geplanten Abfahrtswege Stahlwerk einzeln aufgeschlüsselt in Richtung Gröbaer Str., Paul-Greifzu-Straße in Richtung Hafenbrücke bzw. in Richtung Rostocker Str./Canitzer Str./Hamburger Straße beinhalten. Die Stadt Riesa wird hierzu entsprechend zu den bereits erhaltenen Stellungnahmen wiederholt aufgefordert.

Weiterhin ist in Hinsicht auf das Ziel der Lärmminderung und Verringerung der Belastung der menschlichen Gesundheit durch Lärm, § 47a BImSchG zu berücksichtigen. Dazu führt der Umweltbericht auf S. 49 aus: „§ 47a BImSchG schreibt vor, dass für Gebiete, in denen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche hervorgerufen oder erwartet werden, durch die Kommunen die Belastung zu erfassen und ihre Auswirkungen auf die Umwelt festzustellen ist. Die Ergebnisse sind in Schallemissionsplänen darzustellen. Wirken Geräusche nicht nur vorübergehend und ist ein abgestimmtes Vorgehen gegen verschiedenartige Geräuschquellen notwendig, sind für Wohn- oder andere schutzwürdige Gebiete Lärmminderungspläne aufzustellen.“ Nicht betrachtet werden die verursachten Dauerschallpegel, die durch das Stahlwerk hervorgerufen werden. Durch die neue Kapazitätserweiterung vom 14.11.2014 wurden nochmals Grenzwerte im Bereich Wohngebiet Gucklitz mit 56 dB(A) am Tag rechtswidrig festgelegt. Dabei haben Messungen im Jahr 2011 gezeigt, dass Lärmgrenzwerte am Tag in Gucklitz überschritten werden und dieser Interessenkonflikt weiter verschärft wird. Der Flächennutzungsplanentwurf hat jedoch die Aufgabe, langfristig diese Interessenkonflikte zu lösen und Belastungen der menschlichen Gesundheit durch Lärm zu verringern. Eine somit dringend erforderliche Konfliktbewältigung erfolgt im Rahmen der Aufstellung des Flächennutzungsplans nicht. 

Das gleiche gilt für die bereits seit 1999 geltenden  Grenzwerte in der Nacht. An den Immissionspunkten Uttmannstraße 13 (IO5) und Haldenstraße 3 (IO6) gelten derzeit 46 dB (A). Die TA-Lärm schreibt als Grenzwert jedoch maximal 45 dB (A) bei Mischgebieten vor. An den  Immissionspunkten Am Gucklitz 19 (IO7) und Ferdinand-Lassalle-Str. 1 (IO8) gelten ebenfalls 46 dB (A) und in der Straße des 20.Juli 20 (IO9) 45 dB (A) als Grenzwert für die Belastung durch Lärm. Die TA-Lärm schreibt hingegen als Grenzwert maximal 40 dB (A) bei Wohngebieten vor. Zum Verständnis soll noch erwähnt werden, dass eine Lärmverdoppelung schon bei 3 dB (A) erreicht wird. Eine solche Vorgehensweise ist nicht im Sinne der TA-Lärm und verstößt gegen die Vorgaben der §§ 47a ff. BImSchG. Zusätzlich verursacht der Stahlwerksofen tieffrequente Lärmemissionen, die bisher unzureichend berücksichtigt wurden. Hiermit beantragen wir, dass der Interessenkonflikt im Bereich Lärm zwischen den Wohngebieten Gucklitz und dem Wohngebiet Uttmannstraße durch den Lärmverursacher Stahlwerk im FNP Riesa geklärt wird.

Der BUND fordert eine Überarbeitung und Vervollständigung der Ausarbeitung zum Schutzgut Mensch und Gesundheit, sowohl in der Bestandsdarstellung und -bewertung, als auch in der Folge in der Bewertung der Auswirkungen der Planung. Derzeit erlauben die Planungsunterlagen keine den fachlichen und rechtlichen Anforderungen genügende Einschätzung der Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch. Wir halten eine erneute Auslage der überarbeiteten Planungsunterlagen insbesondere hinsichtlich dieses für die Öffentlichkeit wichtigen Aspekts für erforderlich.

Der Umweltbericht bzw. die durchgeführte Umweltprüfung ist in Hinsicht auf Auswirkungen auf Schutzgebiete nach dem Sächsischen Naturschutzgesetz und nach den Natura 2000-Richtlinien fehlerhaft. Der BUND forderte in seinen Stellungnahmen v. 13.12.2013 und 31.08.2015, dass nicht nur Vorhaben, die innerhalb der Grenzen eines Schutzgebiets liegen, auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen und dem Schutzzweck der Gebiete zu prüfen sind. Nunmehr sind Verträglichkeitsprüfungen im Rahmen der Aufstellung von Bebauungsplänen für Vorhaben vorgesehen, die sich auch im Umfeld von Schutzgebieten befinden. Allerdings werden hierbei nicht alle durch den Flächennutzungsplan vorgesehenen Ausweisungen dabei berücksichtigt. So ist eine FFH-Verträglichkeitsprüfung für die Ausweisung des SO1 Hafen nicht vorgesehen, obwohl das Gebiet in unmittelbarer Nähe zum FFH-Gebiet „Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg“ sowie zum gleichnamigen SPA-Gebiet und dem FFH-Gebiet „Döllnitz und Mutschener Wasser“ liegt und erhebliche Auswirkungen auf die Schutzgebiete durch eine Erweiterung des Hafengeländes zu erwarten sind. Eine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Schutzgebiets ist daher zwingend festzustellen und erfordert eine genauere Betrachtung im Rahmen der Aufstellung eines Flächennutzungsplans. Daran fehlt es vorliegend im Umweltbericht. Bereits auf der Ebene der Flächennutzungsplanung kann sich die Unzulässigkeit bestimmter Vorhaben erweisen, sofern bereits hier klar ist, dass eine erhebliche Beeinträchtigung anzunehmen ist und eine Ausnahme nicht in Betracht kommt. Der pauschale Verweis im Umweltbericht, dass Auswirkungen auf das FFH-Gebiet nicht zu erwarten sind (Umweltbericht S. 77), ist aufgrund der vom Vorhaben ausgehenden Wirkungen (erhöhte Lärm-, Licht-, Staubemissionen) ist unzutreffend und wird nicht durch eine naturschutzfachliche Begründung belegt. Wir erwarten weiterhin Ausführungen zu den Auswirkungen der Planung auf vorhandene Arten von Tieren und Pflanzen, die in den Schutzgebieten vorkommen. Diese Betrachtung der Auswirkungen sollte vor allem unter Berücksichtigung prioritärer Arten von gemeinschaftlicher Bedeutung vorgenommen werden (bspw. Biber, Fischotter, Eremit, Spanische Flagge, Rotmilan).

Im Hinblick auf die Berücksichtigung der Ziele des WHG und des Sächsischen Wassergesetzes ist zu bemängeln, dass keine Angabe dazu erfolgt, inwieweit den Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie Rechnung getragen wurde.

Die ausweislich der Planunterlagen zu erwartenden negativen Auswirkungen auf die Grundwasserneubildungsrate durch die Flächen G 1 (Gewerbliche Bauflächen an der B6) und G 2 (Gewerbliche Bauflächen südlich Rostocker Straße) sind näher zu beschreiben und zu bewerten.

Die Beschreibung der voraussichtlich zu erwartenden Umweltauswirkung für die gewerblichen Bauflächen G 2 (südlich Rostocker Straße), G 3 (Pausitzer Berg), G 4 (Paul-Greifzu-Straße/Uttmannstraße), GE  (Paul-Greifzu-Straße/Industriestraße – Beschreibung der Umweltauswirkungen ist wegen fehlerhafter Darstellung als Gewerbefläche im Bestand im FNP 2016 entfallen) sowie G 6 (nordöstlich an der Rostocker Str.) sind unzureichend bzw. fehlerhaft. Die Gebiete liegen in einem nach dem Regionalplan Oberes Elbtal/Osterzgebirge (2009) ausgewiesenen Kaltluftentstehungsgebiet und befinden sich in einer Kaltluftleitbahn, die sich in Richtung Innenstadt erstreckt. Die Ausweisung steht damit im erkennbaren Widerspruch zur übergeordneten Planung, da dem Ziel 7.5.1 des Regionalplans Oberes Elbtal/Osterzgebirge (2009) nicht entsprochen wird, noch sich mit den Widersprüchen im Rahmen der Aufstellung des Flächennutzungsplans auseinandergesetzt wird. Nach Ziel 7.5.1 ist die Funktionsfähigkeit der siedlungsklimatisch bedeutsamen Bereiche auch unter Berücksichtigung des prognostizierten Klimawandels hinsichtlich Größe, Durchlässigkeit und Qualität der Vegetationsstrukturen zu erhalten. Dazu sind Kaltluftentstehungsgebiete und Kaltluftbahnen von großflächigen Aufforstungen und Versieglungen, abriegelnden Be- und Verbauungen sowie luftschadstoffemittierenden Anlagen freizuhalten. Der Flächennutzungsplan-entwurf sieht hier die Ansiedlung vor allem gewerblicher Betriebe vor (G2, G3, G4, G6), die einen hohen Grad der Versiegelung und Schadstoffemissionen befürchten lassen. Der entstehende Nutzungskonflikt zwischen der Schaffung von (überwiegend) gewerblichen Bauflächen und der Funktion der Fläche als Kaltluftentstehungsgebiet und Klimawandelvorsorge bedarf einer eingehenden Analyse und Bewertung, dem der Umweltbericht nicht gerecht wird, da der Konflikt nicht erkannt wurde. Dies gilt ebenso in Hinsicht auf die Überarbeitung des FNP-Entwurfs 2016, auch hier ist eine eingehende Untersuchung der Auswirkungen auf Kaltluftentstehungsgebiete nicht zu finden und unterbleibt so unzulässig.

Es wird unsererseits darauf hingewiesen, dass die Beschreibung der zu erwartenden Umweltauswirkungen im Umweltbericht für die geplante Ausweisung der gewerblichen Baufläche G 4 (Paul-Greifzu-Str./Uttmannstr.) unzureichend ist. In Bezug auf das Schutzgut Lebensräume/Tiere wird als Auswirkung der Planung angegeben, dass sich durch die Nutzungsänderung eine Veränderung des Lebensraums sowie eine Verkleinerung ergibt. Vielmehr ist aus unserer Sicht mit einem Totalverlust des Lebensraums auszugehen, da die Fläche in keiner Weise nach der Bebauung und Versieglung als Lebensraum, vor allem für bodenbewohnende Arten, dienen kann. Der BUND bringt hier als Hinweis zum Verfahren ein, dass auf der geplanten Fläche G4 eine Zauneidechsenpopulation vorhanden ist. Diese findet auf der Fläche günstige Lebensraumbedingungen. Sie bevorzugt reich strukturierte, offene Lebensräume mit einem kleinräumigen Mosaik aus vegetationsfreien grasigen Flächen, Gehölzen, verbuschten Bereichen sowie vom Menschen geschaffene Lebensräume wie bspw. Eisenbahndämme. Bei der Fläche G 4 handelt es sich um eine ehemals für den Schienenverkehr angrenzende Fläche, die aufgrund der Stilllegung vor 25 Jahren und der anschließenden Sukzession der Bahngleisfläche, optimale Lebensraumbedingungen für die Zauneidechse darstellt. Die Zauneidechse ist eine nach Anhang IV der FFH-RL geschützte Art, die somit unter dem besonderen Rechtsschutz der EU steht, weil sie selten und schützenswert ist. Weil die Gefahr besteht, dass das Vorkommen der Zauneidechse für immer verloren geht, dürfen ihre Lebensräume nicht beschädigt oder zerstört werden (Art. 12 Abs. 1 lit. d der RL 92/43/EWG). Im Fall der Ausweisung einer gewerblichen Baufläche ist von einem Lebensraumtotalverlust auszugehen. Zudem besteht für die Zauneidechsenpopulation im betreffenden Gebiet keinerlei Möglichkeit, auf geeignete angrenzende Flächen auszuweichen. Die Zauneidechse wird in der Roten Liste der Bundesrepublik Deutschland auf der Vorwarnliste geführt und wird in der Roten Liste Sachsens als gefährdet eingestuft. Für die Art der Zauneidechse gelten weiterhin die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG, die der Ausweisung einer gewerblichen Baufläche entgegenstehen. Hierzu wird angemerkt, dass die Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG im Rahmen der Bauleitplanung nicht der Abwägung unterliegen und somit nicht „weggewogen“ werden können. Wir fordern daher den Umweltbericht unter Berücksichtigung der hier gegebenen Hinweise (Vorhandensein der Zauneidechse) neu vorzunehmen. Eine artenschutzrechtliche Prüfung im Vorfeld der Ausweisung einer gewerblichen Baufläche ist jedenfalls zwingend vorzusehen. Des Weiteren fordert der BUND, dass die jährlich vorgenommene Rodung der Fläche zu unterlassen ist. Wie bereits erwähnt, handelt es sich um einen Lebensraum einer nach Anhang IV der FFH-RL geschützten Art. Die jährliche Zerstörung der Vegetation und das Befahren der Fläche steht hierzu in einem krassen Widerspruch zu den europarechtlichen Schutzvorschriften sowie den Verbotstatbeständen aus § 44 BNatSchG.

Das Kapitel 3.2. des Umweltberichts „Prognose über die Entwicklung des Umweltzustandes bei der Nichtdurchführung des Planes (Status-Quo-Prognose)“ entspricht in keiner Weise den fachlichen und rechtlichen Mindestanforderungen. In diesem Kapitel ist die Entwicklung des Umweltzustandes zu beschreiben, auf einzelne für den Planungsraum besonders relevante Schutzgüter ist einzugehen. Die Auswirkungen anderer Planungen und absehbarer Flächennutzungsentwicklungen sind zu beschreiben.

Der BUND fordert eine Ergänzung dieses Pflichtteils jeder SUP, der einen Vergleichsmaßstab für die Bewertung der Umweltauswirkungen bei Durchführung der Planung darstellt. Derzeit fehlt dieser Vergleichsmaßstab.

Das zentrale Prüfinstrument der Alternativenprüfung gem. SUP-Richtlinie und UVPG kommt nicht zur Anwendung. In Kapitel 5 „Anderweitige Planungsmöglichkeiten innerhalb des räumlichen Geltungsbereich des Bauleitplanes“ (Umweltbericht S. 90) wird in wenigen Sätzen mit sachfremden Argumenten dargelegt, warum angeblich keine Alternativenprüfung erfolgen kann. Es wird ausgeführt, dass „Allgemeine und grundsätzliche Alternativen zu den Zielen des Flächennutzungsplanes bestehen nicht“ und „Da ein überwiegender Teil der Vorhaben (…) die vorhandene Bebauung optimal ergänzt und weitere Flächen, die in Anspruch genommen werden können nicht vorhanden sind, sind bessere Alternativen für die ausgewiesenen Flächen nicht vorhanden.“ Auch die weiteren angeführten „Gründe“, warum keine Alternativenprüfung erfolgen konnte, sind nicht zutreffend. Unserer  Auffassung nach wurde entgegen den rechtlichen und fachlichen Erfordernissen keine Alternativenprüfung durchgeführt. Mit etwas Kreativität und auch durch eine Beteiligungsphase zum Scoping, das die Stadt aber nicht durchgeführt hat, hätten durchaus sinnvolle Alternativen für einzelne Flächen und auch konzeptionelle und strukturelle Alternativen für bestimmte Planungsabsichten identifiziert werden können. Entsprechende konkrete Vorschläge für Alternativen möchten wir nachfolgend kurz darstellen und reichen wir gerne auch auf Nachfrage nach.

Es sind die Gesichtspunkte des schonenden Flächenverbrauches zu betrachten. Eine zusätzliche Ausweisung zwischen Stahlwerk und Hafen historischer Wohnbebauung in Gewerbegebiete umzuwandeln ist in keiner Weise gerechtfertigt und notwendig, wenn man die vorhandenen Flächen optimal ausschöpft. Ein sparsamer Umgang mit Grund und Boden durch die Verringerung zusätzlicher Flächeninanspruchnahme (Bodenschutzklausel) ist in Riesa nicht erkennbar und stellt einen Ablehnungsgrund des vorliegenden Flächennutzungsplanentwurf Riesa dar. Ein Abbau bestehender Konflikte findet nicht statt, sondern durch die größeren Kapazitäten des Stahlwerkes und des Hafens werden diese sich weiter verfestigen und ausdehnen auf einer immer größer werdenden Fläche.

Gewerbliche Alternativflächen für den Containerumschlag stehen an folgenden Orten zur Verfügung: Industriegebiet Zeithain (ehemaliges Kasernegelände), Bahngelände Riesa, Industriegebiet Großenhain (ehemals Flugplatz), RIO Industriegebiet und auch ein möglicher Bau eines Containerumschlagplatzes für die Bahn in Neuburxdorf (OT Bad Liebenwerda).

Der BUND fordert eine Überarbeitung und Durchführung einer Alternativenprüfung gem. SUP-RL und UVPG als einen zentralen Bestandteil der Strategischen Umweltprüfung. Die angeführten „Gründe“ für die Nichtdurchführung sind nicht zutreffend bzw. nicht relevant. Eine anschließende Neuauslage der überarbeiteten Planungs- und Prüfunterlagen halten wir für dringend erforderlich.

Insgesamt stimmt der BUND dem Flächennutzungsplanentwurf vom Mai 2016 nicht zu.

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. David Greve

Landesgeschäftsführer

 


[1] Siehe Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im sächsischen Landtag zum Thema Containerverkehr auf der Elbe und Umschlag in den Häfen der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO), Drs.-Nr.: 6/347

 

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Quelle: http://archiv.bund-sachsen.de/media/stellungnahmen/lv_stellungnahmen/detail/browse/13/artikel/stellungnahme-zum-entwurf-des-flaechennutzungsplanes-grosse-kreisstadt-riesa-stand-mai-2016/