15. März 2016
Stellungnahme zum Bebauungsplan der Gemeinde Mockrehna „Gewerbegebiet Langenreichenbach Ost"
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir bedanken uns für die Beteiligung am o.g. Vorhaben als anerkannte Naturschutzvereinigung und nehmen hierzu wie folgt Stellung:
Der BUND Landesverband Sachsen e.V. lehnt das o.g. Vorhaben weiterhin entschieden ab.
Begründung:
Der dieser Stellungnahme zugrunde liegende Entwurf eines Bebauungsplans, welcher die bauplanungsrechtliche Voraussetzung für die Genehmigung und den Bau einer Biogasanlage bilden soll, wird in seiner jetzigen Form den Anforderungen an einen Bebauungsplan nicht gerecht, wie im Folgenden dargelegt wird.
1. Artenschutz (Avifauna)
Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass auf unseren Vortrag im Rahmen der vorherigen Öffentlichkeitsbeteiligung hin, eine Artenschutzprüfung vorgenommen wurde. Auch wurde im Rahmen der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf unsere Bedenken hinsichtlich der Art und Lage der Grünländer für die Wachtel und Feldlerche eingegangen. Es ist dennoch zu betonen, dass nach dem BNatschG in erster Linie Eingriffe in die Habitate der Vögel gänzlich vermieden werden sollen. Auch erscheint der Ackerrandstreifen für die Wachtel mit 2 km Entfernung von seiner originären Brutstätte als zu weit entfernt.
2. FFH-Gebiet „Teiche und Neumühle“
Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung wurde zwar durchgeführt, jedoch werden entscheidende Faktoren nicht in dieser berücksichtigt.
Es wird ihrerseits weiterhin von einer Entfernung von 900 m des geplanten Anlagenstandortes zu dem FFH-Gebiet „Teiche um Neumühle“ ausgegangen (vgl. FFH-Verträglichkeitsprüfung unter 3.2.3). Trotz eines abweichenden Ergebnisses unserer eigenen Messung, wonach der Abstand lediglich 800 m beträgt, wurde eine Nachmessung nicht durchgeführt. Folglich ist grundsätzlich von einer stärkeren Belastung des FFH-Gebietes auszugehen, als dies ausweislich der von Ihnen übermittelten Unterlagen der Fall ist. Hingegen wird sich in 3.2.2 der FFH-Verträglichkeitsprüfung mit dem Satz begnügt, dass von einer Beeinträchtigung des FFH-Gebietes auf Grund dessen Entfernung zu der Biogasanlage nicht auszugehen sei. Dies vermag als bloße Behauptung nicht zu überzeugen.
Es wurde zutreffend erkannt, dass sowohl der Biber als auch der Fischotter - beides Tierarten nach Anhang II der FFH-Richtlinie – in dem FFH-Gebiet „Teiche um Neumühle“ leben.
Beide Tierarten werden durch den Bau der Biogasanlage massiv durch Lärmemissionen aus dem Baugebiet selbst als auch durch Störungen durch Baufahrzeuge, die die K 8985 entlang des Sitzenrodaer Baches, einem Wanderkorridor für Biber und Fischotter, als Zufahrtsstraße zum Baugebiet nutzen, gestört. Im Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung wird angegeben, die nächtliche Lärmemission an der K 8985 während der Bauzeit betrüge „nur“ 40 db(A) und sei damit gering. Zutreffend ist, dass nach 6.1 der TA Lärm in einem Gewerbegebiet nachts der Immissionsrichtwert bei 50 db(A) liegt. Selbst wenn man, wie hier bestritten wird (s. Punkt 6 dieser Stellungnahme) annimmt, es läge ein Gewerbegebiet vor, so ist zu betonen, dass sowohl der Biber als auch der Fischotter Lärm anders insbesondere aufgrund ihrer guten Gehöre lauter wahrnehmen. Ein Verweis auf für Menschen entwickelte Richtwerte ist dem Artenschutz nicht zuträglich!
Gravierender und von der FFH-Verträglichkeitsprüfung unbeachtet gelassen, ist sowohl für den Biber als auch für den Fischotter die Gefahr überfahren zu werden. Beide Arten sind besonders häufig Verkehrsopfer (40% aller tot gefundenen Biber und extreme Unfallquoten beim Fischotter). Daher ist die Verschlechterung der lokalen und regionalen Population auch im unmittelbar angrenzenden FFH-Gebiet sehr wahrscheinlich. Außerdem verschlechtert sich die regionale Migrationsmöglichkeit für den Fischotter. Aufgrund des lokalen Reproduktionsnachweises ist der Unfalltod der Jungtiere zu befürchten.
Anlagenbedingte Wirkungen werden hingegen von der FFH-Verträglichkeitsprüfung verneint – wiederum mit der lapidaren Feststellung, der Sitzenrodaer Bach sei weit genug entfernt. Ein Nachweis über die ausreichende Entfernung wird nicht erbracht.
Auch die durch den Betrieb der Biogasanlage auftretenden Störungen durch Lärmemissionen und Zerschneidungseffekte sowie optische Störungen durch vermehrten Verkehr auf der K 8985, die entlang des Sitzenrodaer Baches verläuft, werden mit dem Hinweis auf eine ausreichende Entfernung von 900 m negiert. Die Frage, ob 900 m tatsächlich als eine ausreichende Entfernung zwischen einer derart emittierenden Anlage wie einer Biogasanlage verstanden werden können, kann dahin, da – wie bereits ausgeführt – beträchtliche Zweifel an der Richtigkeit der Angabe bestehen.
2.1 Stickstoffeinträge
Bezüglich der Immissionen von Geruch, Ammoniak und Stickstoff wurde eine Orientierungshilfe von der Ifu GmbH erstellt. Es erscheint als sehr fraglich, warum lediglich eine solche Orientierungshilfe in Auftrag gegeben wurde. Angesichts der in Rede stehenden Anlagen (Biogasanlage und Tierhaltungsanlage) und der Nähe zu einem ohnehin schon stark belasteten FFH-Gebiet, ist Einholung eines Immissionsprognosegutachten unerlässlich! Die Orientierungshilfe hat mithin keine bindende Wirkung.
Es bedarf einer genauen Ermittlung der tatsächlichen Immissionswerte. Es erscheint sehr optimistisch, eine Orientierungshilfe als Grundlage für die Ermittlung von potenziellen Stickstoffeinträgen in ein FFH-Gebiet zu verwenden, welche ihrerseits bereits eine „Emissionsbegrenzung nach Stand der Technik“ (vgl. Orientierungshilfe der Ifu GmbH, Stand: 16.01.2015; Punkt 3.2.1) voraussetzt.
Folglich enthalten die Planungsunterlagen immer noch keine konkreten Angaben zu Anlagen und Stoffparametern. Insbesondere bezüglich der Stickstoffeinträge ist das Fehlen konkreter Werte gravierend.
Beruhend auf Vergleichen mit anderen Anlagen ist auch hier von einer erheblichen zusätzlichen Stickstoffdeposition im FFH-Gebiet auszugehen. Diese dürfte bei Werten zwischen ca. 1 kg bis 2 kg N pro ha im Jahr liegen.
Es wird weiterhin missachtet, dass bei der Bewertung von Stickstoffeinträgen die Hintergrundbelastung, regionale Sonderbelastungen und Belastungen aus aktuellen Planungen zu berücksichtigen sind.
Milchviehanlage, Schweinmastanlage und geplante Biogasanlage verfügen nach Umsetzung der Planung über gemeinsame Anlagenteile wie Futtersiloanlage, Güllelager und Gärrestelager. Die genannten Anlagenteile werden auf das Plangebiet (B-Plan) versetzt. Durch die geplante Anlage (neu) aber auch durch die Gesamtanlage (alt und Plan) werden beträchtliche Stickstoffemissionen freigesetzt. Diese müssen in die Ermittlung der von der Biogasanlage ausgehenden Stickstoffemissionen zwingend eingestellt werden. Die Ermittlung der Stickstoffeinträge allein von der Biogasanlage ist unzureichend; insbesondere, wenn man - wie hier erfolgt - darauf beruhend die Feststellung treffen will, die Stickstoffeinträge seien unerheblich. Eine solche Darstellung wird den Ansprüchen an eine ordnungsgemäße und fachlich zutreffende Planerarbeitung nicht gerecht!
2.2 Immissionsausbreitung
Es wurden weiterhin auf den Standdort Oschatz für die Berechnung der Winddaten abgestellt (vgl. Orientierungshilfe der Ifu GmbH, Stand: 16.01.2015; Punkt 3.3.9.1). Hierbei wird auf ein amtliches Gutachten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) verwiesen, welches die räumliche Repräsentativität der Ausbreitungsklassenzeitreihe der Messstation Oschatz bestätigt soll. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass dieses Gutachten nicht mit ausgelegt wurde. Insbesondere, wenn Zweifel an der Übertragbarkeit der Daten der Messstation in der vorherigen Öffentlichkeitsbeteiligung geäußert wurden, ist ein solches, wichtiges Gutachten mit aufzuführen.
Des Weiteren steht die räumliche Repräsentativität der Messstation Oschatz nicht in Rede. Vielmehr ist auf die größtmögliche topografische und räumliche Ähnlichkeit abzustellen. Beachtet man diese zwei speziellen Faktoren ist eindeutig der Mess-Standort Schkeuditz der richtige.
Sodann ergibt sich, dass der Wind aus westlichen Richtungen weht. Das Schutzgebiet liegt östlich des Plangebietes bzw. der geplanten Anlage. Beim Betrieb der Anlage (Plan) und der Milchviehanlage (alt) entstehen in Summation planungsrechtlich bedeutende Stickstoffemissionen die auch weit reichen und in Abhängigkeit der gebietsspezifischen Erhaltungsziele zu bewerten sind.
In diesem Zusammenhang sei nochmals auf ein Urteil des OVG Saarland (Urt. v. 16.9.2005 - 3 M2/04) verwiesen, dass schon in seinen Leitsätzen klar stellt, dass bei der Planung (auch unabhängig von einer möglichen Betroffenheit von Natura-2000) auf den Worst-Case abzustellen ist, so wie er hier im Verfahren vom Antragsteller für Extremwetterereignisse (Starkregen mit Grundwasseranstieg) dargelegt wurde:
"1. Der immissionsschutzrechtlichen Vorsorgepflicht liegt das Worst-Case-Prinzip
zugrunde (Prinzip der ungünstigsten Betriebsbedingungen).
2. Nach dem Worst-Case-Prinzip muss der Betreiber innerhalb der Grenzen der
Vernunft das Risiko im Vorhinein beherrschen, dass die Anlage einen Tag mit
Maximaler Durchsatzmenge und maximalem Schadstoffgehalt des Einsatz-
stoffes betrieben wird.
3. Ein Konzept nachträglicher Reaktionen (auf sich abzeichnende Grenzwert-
überschreitungen) ist kein Vorsorgekonzept."
Soweit sich die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf die Orientierungshilfe der IfU GmbH bezieht, sind diese Angaben im Rahmen des hiesigen Planungsverfahren als unbeachtlich anzusehen.
Nochmals: Eine professionelle Immissionsprognose ist unerlässlich!
Das dargestellte Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung (ab Seite 27), wonach keine Beeinträchtigungen bzw. nur unerhebliche Beeinträchtigungen für das FFH-Gebiet „Teiche um Neumühle“ vorlägen, kann aufgrund der vorgenannten Aspekte (mangelnde Daten, falsche Ausbreitungsermittlung) nur als falsch gewertet werden.
3. Regenwasserentsorgung
Die Entsorgung des im Bereich der Anlage mit Stickstoff und Phosphaten belasteten Regenwassers ist weiterhin nicht gesichert. Wasserrechtliche Einleitgenehmigungen in die angrenzenden Fließe und Bäche liegen nicht vor und wären auch nur über eine vorangehende FFH-Verträglichkeitsprüfung zu bewerkstelligen. Bisher ist die Entsorgungsmöglichkeit für die belasteten Niederschlagswasser daher nicht nachweisbar.
Die Planung ist nicht genehmigungsfähig.
Das Problem, dass die anfallenden Regenmengen von 3,8 ha nicht auf einer versiegelten Fläche versickert werden können, wurde erkannt, jedoch nicht befriedigend gelöst. Unter 4.7.3 der Begründung zum Bebauungsplan wird ausgeführt, dass Grundstücke, die das Regenwasser nicht versickern lassen, bzw. einleiten müssen, die Möglichkeit haben, ebenfalls an der Kreuzung „Straße zur Pumpstation /Oberen Siedlung“ in den Regenwasserschacht einzubinden. Dieser Plan ist grundsätzlich unrealistisch, da ein fünfjährig zu erwartendes Niederschlagsereignis von dem Einbindepunkt nicht aufgenommen werden kann. Hier ist zunächst die Erarbeitung eines Regenwasserentsorgungsmodells zu veranlassen, anstatt pauschal auf die Möglichkeit einer Einbindung in den Regenwasserschacht zu verweisen.
Da ein Abfluss des Regenwassers über den „Schwarzen Graben“ nicht ausgeschlossen werden kann, muss über die mögliche Nährstofffracht mit Beeinträchtigungen der Schutzgebietsziele des FFH-Gebiets „Großer Teich Torgau und benachbarte Gebiete“ gerechnet werden. Möglicherweise betroffene Schutzgebietsziele (Torgau und Weinskegebiet, Großer Teich) mit teilweise hoher Stoffempfindlichkeit (P und N) sind:
- LRT 3130 Oligo- bis mesotrophe Stillgewässer;
- LRT 3150 Eutrophe Stillgewässer;
- Code Nr. 1061- Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous)
- Code Nr. 1355 - Fischotter (Lutra lutra)
- Code Nr. 1188 – Rotbauchunke (Bombina bombina)
- Code Nr. 1166 – Kammmolch (Triturus cristatus)
Grundsätzlich ist sicher zu stellen, dass beim Überlaufen des Regenrückhaltes
Beeinträchtigungen des genannten FFH-Gebietes ausgeschlossen werden können.
4. Straßenqualität/Regelquerschnitt
Die Straßenqualität entspricht weiterhin nicht durchgehend den vom Gutachter vorgelegten Parametern. Nach unseren Informationen wird an verschieden Straßenabschnitten „Am Heidelbach“ die Ausbauklasse IV unterschritten. In den Auslegungsunterlagen fehlen folgerichtig auch Unterlagen aus denen hervorgeht, dass die gesamte Straße als Ausbauklasse IV ausgeführt worden sein soll.
Vermutlich wird die Ausbauklasse der Gemeindestraße nicht ausreichen, um den
Schwerlastverkehr sicher zu bewältigen. Es sind zukünftig durch den projektbezogenen LKW-Verkehrsanstieg bedeutende Straßenschäden zu erwarten. Diese wären dann von der Gemeinde zu tragen.
Die randlich zu erwartenden Überfahrungen und Bodenverdichtungen durch LKW im Begegnungsfall wurden zudem bei den Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht als Beeinträchtigung erkannt und bilanziert. Hier sind Nachbesserungen im Umweltbericht und Grünordnungsplan notwendig.
5. Emissionen/ Immissionen
Eine schlüssige Gesamtauswertung zu den Emissionen und Immissionen aus dem Vorhaben liegt – wie unter Punkt 2. dieser Stellungnahme schon angesprochen - nicht vor.
Dadurch fehlt es an der Beschlussreife des vorgelegten B-Plans.
Überdies führt dieser Umstand zu einer bislang unvollständigen Planauslegung im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Beteiligung der Öffentlichkeit
Insgesamt ist aber schon nach den jetzt bekannten Werten von einer Überschreitung der gesetzlichen Schwellenwerte nach GIRL aus zu gehen.
Die Anlage ist daher am geplanten Standort nicht genehmigungsfähig.
Eine tatsächliche Berechnung der Stickstoffimmissionen über die Auswirkung der Planung wurde nicht angefertigt und ausgelegt. Die Orientierungshilfe ist als Berechnung nicht geeignet!
Die stofflichen Eingangsdaten zur Berechnung der Geruchsimmissionen und
Stickstoffimmissionen wurden nicht mit ausgelegt und können weder von den Behörden noch von den anderen am Verfahren Beteiligten überprüft oder nachvollzogen werden.
Ausgedruckte Berechnungsdateien zu AUSTAL 2000 ohne konkrete Erklärungen zu den Rechenschritten und gedruckten Daten sind weder nachvollziehbar noch überprüfbar. Auch geben sie die verwendeten Stoffmengen und Stoffarten zur Berechnung der geplanten Anlage nicht erkennbar wieder.
Eine Neuauslegung mit den konkreten stofflichen Eingangsdaten (z. B. Maissilage-Anteil; Güllemenge; Stickstoff- und Phosphatanteile; Lagermengen in den Silos usw.) ist dringend angezeigt.
• Die Emissionen und Immissionen wurden grundsätzlich falsch erhoben.
- Durch die funktionale Kopplung (siehe S. 7 Standortprüfung Langereichenbach) der Milchviehanalage (alt) mit der Biogasanlage neu sind die Gesamt-Geruchsbelastungen und Gesamtstickstoffbelastungen aus den genannten beiden Anlagen in Summe zu beachten und zu berechnen. Als Immissionsorte sind Punkte entlang der Ostgrenze von Langenreichenbach und an der Westgrenze des FFH-Gebietes „Teiche um Neumühle“ einzurichten.
- Wie bereits unter Punkt 2 dieser Stellungnahme aufgezeigt wurden zur Berech nung von Emissionen und Immissionen (Stickstoff und statistische Geruchseinheiten) aus dem zukünftigen Anlagenbetrieb die falschen Winddaten herangezogen Die Winddaten für den Standort Oschatz sind für die Berechnung in Mockrehna nicht am besten geeignet. Vielmehr sind hier die Daten der Mess-Standort Schkeuditz aufgrund
- Bei der Auswertung der verwendeten Windverteilung fällt die starke Überreprä- sentanz der Südwestwetterlage auf.
Hinweis: Angeregt wird die Beiziehung der Untersuchungen zur Windverteilung zum Standort aus dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zum Neubau einer Schweinemastanlage für den benachbarten Standort Zschepplin. Die Unterlage zur Windhäufigkeitsberechnung mit Gutachten des Deutschen Wetterdienstes liegt im Landratsamt Nordsachsen. Die Verwendung der in Zschepplin erhobenen Windhäufigkeiten wird insbesondere an den östlich der Anlage liegenden Wohngebäuden zu deutlich anderen Berechnungsergebnissen und Überschreitungen der Grenzwerte für Geruchsbelastungen führen.
- Bei der Geruchsmodellierung wurde die vorhandene Bebauung des Anlagenstandortes (also geplante bauliche Anlage selbst) nicht berücksichtigt. Die Modellierungsberechnung ist entsprechend anzupassen, da die Anlage (Planzustand) nach der TA Luft eine Bebauung innerhalb der von 60 m Entfernung darstellt.
• Geruch: Die nahe liegenden Immissionspunkte (Privathäuser Langenreichenbach Ost) werden im Planfall über dem Zusatzwert von 0,02 (gemäß GIRL) belastet und sind nicht irrelevant. Die geruchliche Vorbelastung durch die schon vorhandene Milchviehanlage liegt bereits aktuell über dem gesetzlich zulässigen Wert von 15 % der Jahresstunden.
Es ist von einer Überschreitung der gesetzlichen Schwellenwerte nach GIRL aus zu gehen. Die Anlage ist am Standort nicht genehmigungsfähig. Die Überschreitungen gefährden die Gesundheit und das Wohlbefinden der Anwohner.
• Aus Gründen des Naturschutzes wäre eine Standortvorprüfung auch für Stickstoff notwendig gewesen
6. Ausbringung der Gärreste und Güllemengen
Wie bereits unter 2.1.2 angesprochen wurde bisher nicht dargelegt, mit welcher Menge an Stickstoffeinträgen durch die hiesige Biogasanlage zu rechnen ist. Diese Problematik schlägt auch auf den Umgang mit Gärresten und Güllemengen sowie auf den Wasserschutz durch
Umso erstaunlicher ist es, dass ausweislich der neuen Planunterlagen trotz unserer Rüge bezüglich einer nicht nur mangelhaften sondern schlichtweg fehlenden Konzeption hinsichtlich des Umganges mit Gärresten und Güllemengen keine differenzierte Auseinandersetzung mit diesen bedeutenden Themen erfolgte.
Es liegen keine Erkenntnisse über die Flächenverfügbarkeit des Agarunternehmens zur Ausbringung der Gärreste und Güllemengen vor. Überschreitungen der gesetzlichen Austragmengen von 170 kg N pro ha im Jahr konnten nicht ausgeräumt werden.
Ebenso liegen keine Gülleabnahmeverträge, die eine sachgerechte Entsorgung für die bereits vorhandenen Tiermastanlagen und Biogasanlage plus die geplante Neuanlage nachweisen, vor.
Nach unserer Kenntnis reichen die eigenen Flächen des Betreibers zur Entsorgung der Reststoffe nicht aus. Erforderlich sind hier jedenfalls die Vorlage der Angaben der konkreten Stoffmengen und der direkte Nachweis der Ackerflächenverfügbarkeit.
Darüber hinaus muss der Betreiber einer derartigen Anlage von den Gülleabnehmern einen qualifizierten Nachweis verlangen, dass die Flächen geeignet sind. Dafür reicht die übliche einfache Berechnung, wonach auf einem Hektar eine bestimmte Fläche Stickstoff, Kalium oder Phosphor ausgebracht werden darf, nicht aus. Bei der Aufbringung der Gülle sind zahlreiche weitere Beschränkungen zu beachten.
So darf Gülle beispielsweise nicht ausgebracht werden, wenn es zur Verschmutzung von Gewässern oder des Grundwassers kommen kann. Gleiches gilt, wenn durch die Gülleausbringung Biotope oder sonstige empfindliche Natur- und Landschaftsbestandteile beeinträchtigt werden können. So hat das OVG Schleswig-Holstein bereits in einer Entscheidung vom 04.10.1995 verlangt, dass aufgrund der mit der Gülleausbringung verbundenen Gefahr für das Grundwasser eine „parzellenscharfe Festlegung der Düngemittelrichtwerte“ erforderlich ist.
Sollen Gülle oder Gärreste in oder im Umfeld sogenannter FFH-Gebiete ausgebracht werden, gelten weitere Anforderungen. Das BVerwG hat in einer Entscheidung vom 6.11.2012, Az. 9 A 17/11, festgestellt, dass alleine die Anwendung der Düngeverordnung und die Einhaltung der Vorgaben des § 5 Abs. 2 BNatSchG nicht ausreichen, um die Verträglichkeit der landwirtschaftlichen Flächennutzung und damit des Ausbringens von Dünger auf diesen Flächen mit den Erhaltungszielen eines FFH-Gebietes festzustellen.
Auch der Europäische Gerichtshof mit seinem Urteil vom 04.03.2010, Rechtssache C 241/08, bestätigt, dass eine Herausnahme bestimmter Tätigkeiten und ihrer Auswirkungen ohne Rücksicht auf mögliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele von Natura-2000-Gebieten mit den europarechtlichen Vorgaben nicht vereinbar ist.
Weitere Anforderungen ergeben sich auch aus der sogenannten Nitrat-Richtlinie (Nitrat-RL) der Europäischen Union zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen. In Deutschland stellt die Düngeverordnung die Umsetzung der Nitrat-RL dar. Die Richtlinie verpflichtet die Bundesrepublik, alle Flächen in der Umgebung von Gewässern im Sinne des Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Anhang 1 Nitrat-RL darauf zu untersuchen, ob die Gefahr für eine Entwässerung der zur Gülleausbringung bestimmten Flächen in die zu schützenden Gewässer besteht und diese damit verunreinigt werden können.[1] Aber auch die Lagerung der Gülle muss derart erfolgen, dass ein Eindringen der Schadstoffe in das Grundwasser nicht möglich ist. Es muss also hinsichtlich aller von den Gülleabnehmer angegebenen Flächen untersucht werden, ob es sich um solche gefährdete Gebiete im Sinne der Nitrat-RL handelt. Gefährdete Gebiete liegen insbesondere dann vor, wenn sie um Gewässer herum liegen, deren Nitratkonzentration höher als 50 mg/l ist. Entsprechende Untersuchungen der Gewässereigenschaft müssen also zumindest für diejenigen Flächen beigefügt werden, bei denen ein Austrag von Nährstoffen in die Gewässer durch die Gülleausbringung möglich ist.
Vorliegend sind insbesondere die angrenzenden Fließe und Bäche sowie das Grundwasser in Augenschein zu nehmen. Auch vor dem Hintergrund der Wasserrahmenrichtlinie und dem dort in Art. 4 normierten Verschlechterungsverbot muss eine vertiefte Betrachtung des Umgangs mit Gülle im konkreten Fall erfolgen. Gerade in Sachsen ist die zu hohe Nitrateinfuhr in Gewässer ein akutes Problem und erfordert eine entschiedene Gegenreaktion, insbesondere auch von den für die Bauleitplanung verantwortlichen Gemeinden.[2]
Unzulässig ist die immer wieder geübte Praxis, alle diese Fragen ausschließlich Gülleabnehmern zu überlassen. Die bereits zitierte Betreiberpflicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG verlangt, dass sämtliche Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Gülleausbringung und damit auch die Eignung der Flächen von den Betreibern der Anlage durch entsprechende Verträge gewährleistet werden. Der Nachweis der Eignung der Flächen unter den zahlreichen oben ausgeführten Aspekten muss also schon bereits im vorhabenbezogenen Bebauungsplan erfolgen. Ebenso muss eine Wirtschaftsdüngerbilanz vorliegen.
Der übermäßige Eintrag von reaktivem Stickstoff hat Beeinträchtigungen praktisch aller Umweltmedien (Grund- und Oberflächenwasser, Luft und Klima, Verlust von Biodiversität) zur Folge. Die stickstoffbeeinflussten Umwelt-Qualitätsziele drohen verfehlt zu werden.
Weiterhin sind die Stickstoffüberschüsse aus der Landwirtschaft auch klimarelevant. Mit der NEC-Richtlinie sind EU-weit Umweltziele zur Verminderung der Luftemission für Ammoniak und für Stickoxyde festgelegt worden. Danach sind bis zum Jahr 2030 Reduktionen von 39% bzw. 69 % zu erreichen. Dies sind ambitionierte Minderungsziele, die die Notwendigkeit verstärkter Anstrengungen unterstreicht.
Des Weiteren beziehen sich unsere Bedenken auf die Treibhausgasemissionen. Die N2O-Emissionen aus Boden, die maßgeblich durch Stickstoffdüngung verursacht werden, gehören zu den größten Treibhausgasemissionsquellen in der Landwirtschaft.
Eine besondere Besorgnis gilt darüber hinaus dem Verlust der Biodiversität. Negative Entwicklungen der Biodiversität zeigen, dass verstärkt Herausforderungen im Arten- und Lebensraumschutz bestehen. Wichtige Hinweise geben hier die Vorkommen von Brutvögeln. Der auffälligste Rückgang von Brutvögeln findet derzeit in der intensiv agrarisch genutzten Landschaft statt. Betroffen sind dabei nicht nur arten mit hohen Lebensraumansprüchen, sondern inzwischen auch ehemals häufig Arten. Insgesamt gelten 63 % der in der offenen, landwirtschaftlich genutzten Feldflur vorkommenden Brutvogelarten als im Bestand gefährdet. Besonders bedroht ist hierbei die Feldlerche, aber auch die Wachtel und die Wiesenschafstelze wird sind gefährdet.
Die Gründe hierfür sind im Wesentlichen eine zunehmend hohe Intensität landwirtschaftlicher Nutzung, der Wegfall von Brachflächen, verstärkter Anbau von Energiepflanzen und der Verlust von Grünlandflächen. Vor allem durch den erhöhten Flächenbedarf für die Produktion von Mais als Energiepflanze für die Biogasnutzung ist der Druck, die Nutzung auf den übrigen landwirtschaftlichen Flächen zu intensivieren erheblich gestiegen.[3]
In Teil B des Planes, welcher die Begründung zum Bebauungsplan enthält, finden sich zu den vorgenannten Aspekten keine Ausführungen. Dies ist in keiner Weise ausreichend, um den rechtlichen Anforderungen an den Umgang mit Gülle zu genügen. Eine differenzierte, auch die umweltbezogenen Folgen abwägende Untersuchung wurde vorliegend eindeutig unterlassen.
7. Alternativenprüfung
Ganz offenbar mangelt es der vorgeschriebenen Alternativenprüfung zur Standortauswahl an der erforderlichen Objektivität. Untersucht wurden nur Standorte, die für den Unternehmer besonders günstig oder durch absehbare Verhinderungsgründe von vorn hinein zum Scheitern verurteilt waren. Die eigentlichen öffentlichen Interessen wie Schonung des Naturhaushaltes und Abstand zu Siedlungsbereichen mit anwohnerverträglicher Verkehrsanbindung wurden nicht ausreichend betrachtet.
8. Fehlende Unterlagen
Es ist abschließend darauf hinzuweisen, dass sich in den übermittelten Unterlagen zwar die Deckblätter von Teil A „Bebauungsplan mit Grünordnungsplan inkl. textliche Festsetzungen“, Teil B „Begründung Umweltbericht“ und Teil C „Grünordnungsplan mit integrierter artenschutzrechtlicher Betrachtung“ befinden, jedoch NICHT der dazu gehörende Inhalt. Dem Bebauungsplan mangelt es daher weiter hin an einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
Aufgrund der fehlenden Unterlagen ist eine ordnungsgemäße Öffentlichkeitsbeteiligung nicht erfolgt.
Daneben weist der Bebauungsplan die aufgeführten erheblichen Mängel auf, sodass der Bebauungsplan auch weiterhin nicht beschlussfähig ist.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer
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