29. April 2016

Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Landesverband Sachsen e. V. nimmt hiermit zum Entwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030 (BVWP 2030) Stellung. Es wird darauf hingewiesen, dass diese Stellungnahme sowohl auf den Gesamtplan, als auch auf einzelne Projekte Bezug nimmt und dementsprechend zu werten ist. Alle Einwendungen und Defizite, die gegen den Gesamtplan geltend gemacht werden, gelten selbstverständlich auch für einzelne Vorhaben oder Projekte des BVWP-Entwurfs.

 

Unzureichende Öffentlichkeitsbeteiligung

Der BUND Sachsen bemängelt, dass die Beteiligungsfrist für die Öffentlichkeit lediglich sechs Wochen beträgt. Angesichts des Umfangs sowie der Vielzahl an Verkehrseinzelprojekten und der umfangreichen Entscheidungsgrundlagen ist dieser vorgesehen Zeitraum viel zu kurz bemessen. Eine effektive und angemessene Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung ist auf diese Weise ausgeschlossen und wird durch kurze Beteiligungszeiträume maßgeblich erschwert. Wir verweisen darauf, dass der BVWP den europarechtlichen Vorgaben der Strategischen Umweltprüfung unterliegt. Gem. Art. 6 Abs. 2 SUP-RL (Richtlinie 2001/42/EG) ist der Öffentlichkeit innerhalb einer ausreichend bemessenen Frist frühzeitig und effektiv Gelegenheit zu geben, vor Annahme des Plans oder Programms oder seiner Einbringung in das Gesetzgebungsverfahren zum Entwurf des Plans oder Programms sowie zum begleitenden Umweltbericht Stellung zu nehmen. Die für die Öffentlichkeitsbeteiligung des BVWP 2030 vorgesehenen sechs Wochen stellen keinesfalls eine ausreichend bemessene Frist dar. Hierin ist ein Verstoß gegen die die europarechtlichen Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 SUP-RL zu sehen.
Wir fordern das BMVI daher auf, die Öffentlichkeitsbeteiligung neu vorzunehmen und einen Zeitraum von drei Monaten für die effektive Öffentlichkeitsbeteiligung vorzusehen.

Daneben wird der vorgesehene Zeitplan für die notwendige Überarbeitung des BVWP-Entwurfs und dessen Verabschiedung im Bundestag kritisiert. Die Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung, also die abgegebenen Stellungnahmen, müssen bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Dazu zählen die Sichtung der abgegebenen Stellungnahmen und deren Untersuchung in Hinsicht auf Änderungsbedarf des BVWP-Entwurfs. Alleine die vorgesehene Verabschiedung der nachfolgenden Ausbaugesetze noch in diesem Jahr ist ein klares Anzeichen, dass eine echte und effektive Bürgerbeteiligung bei der Erstellung des BVWP nicht angestrebt wird. Für eine Öffentlichkeitsbeteiligung, die den Anliegen der abgegebenen Stellungnahmen Rechnung trägt, ist ein weitaus längerer Zeitraum notwendig. Wir verweisen darauf, dass gem. Art. 8 SUP-RL die abgegebenen Stellungnahmen bei der Ausarbeitung und vor Annahme des Plans oder Programms und vor dessen Einbringung in das Gesetzesverfahren berücksichtigt werden müssen. Alleine die Prüfung der in Stellungnahmen vorgeschlagenen Alternativen wird den vorgesehenen Zeitplan bei Weitem übersteigen, weswegen eine Prüfung und Änderung schon ausgeschlossen ist. Entsprechend den europarechtlichen Vorgaben ist ein größerer Zeitraum für die Berücksichtigung der Öffentlichkeitsbeteiligung vorzusehen. Des Weiteren bleibt unklar, auf welche Weise die Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Änderung des BVWP-Entwurfs berücksichtigt wird. Wir regen an, abgegebene Stellungnahmen zu beantworten und die Gründe für die Annahme oder Ablehnung der vorgeschlagenen Einwendungen mitzuteilen. Sonst bleibt das Instrument der Öffentlichkeitsbeteiligung, wie bereits bei vorherigen BVWP-Entwürfen, wirkungslos und europarechtswidrig.

Auch in der nicht vorgenommenen Prüfung von Teilen der BVWP-Entwurfs-Vorhaben ist eine fehlerhafte SUP zu sehen. Rund 40 % der Vorhaben (gemessenen am Finanzvolumen) werden im BVWP-Entwurf als laufend oder fest disponiert gemeldet. Sie sollen nicht der SUP unterzogen werden und es wird der Eindruck erweckt, diese stehen nicht zur Diskussion innerhalb der Öffentlichkeitsbeteiligung. Teilweise befinden sich die Vorhaben, die unter laufend oder fest disponiert geführt werden, nicht im Bau oder es liegt noch gar kein Planfeststellungsbeschluss vor. Hier wird die europarechtlich geforderte Öffentlichkeitsbeteiligung massiv verhindert, in dem unter dem Verweis auf laufende oder fest disponierte Vorhaben eine Untersuchung dieser Vorhaben auf ihren Bedarf und deren Umweltverträglichkeit nicht vorgenommen wird. Grundsätzlich sind alle Bestandteile eines strategischen Plans auf deren Auswirkungen zu untersuchen und zu bewerten. Das gilt auch für Projekte, die als laufend oder fest disponiert gemeldet wurden. Der Umweltbericht ist in dieser Hinsicht defizitär. Generell empfiehlt es sich, nur Vorhaben als laufend oder fest disponiert zu kategorisieren, wenn ein Planfeststellungsbeschluss für das jeweilige Vorhaben vorliegt und dieser eine rechtliche Bestandskraft erlangt hat.

Fehlerhafte Grundannahmen

Der BUND Sachsen beanstandet die fehlerhaften Einschätzungen und Grundannahmen des BVWP-Entwurfs, dass im Freistaat Sachsen ein höheres Verkehrsaufkommen zu erwarten sei. Die Bevölkerungsentwicklung zeigt sehr deutlich die sinkende Zahl an potentiellen Fahrern. In den vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Bevölkerungsprognosen zeigt sich eine Steigerung des Anteiles von Personen über 65 Jahren von derzeit 23% auf 32%. Durch den demografischen Wandel ändert sich die Art, Zahl und Länge der Wege, welches eine Veränderung des Verkehrsverhaltens mit sich bringt. Das Verkehrsverhalten älterer Menschen ändert sich schlagartig durch den Ruhestand. So fällt der Arbeitsweg grundsätzlich weg. Zwar unterscheidet sich das Mobilitätsverhalten der „neuen Generation“ älterer Menschen grundsätzlich von dem der letzten Generation alter Menschen u. a. durch eine deutlich höhere Führerscheinverfügbarkeit grundsätzlich und speziell bei Frauen und eine höhere Fahrzeugverfügbarkeit, dennoch wiegt diese höhere potentielle Mobilität nicht die Verluste an Wegzahlen und Weglängen auf, die durch den demografischen Wandel entstehen. Grundsätzlich reduziert sich die Zahl und die zurückgelegte Distanz der Wege schlagartig. Dieser Effekt wird nicht durch die arbeitende Bevölkerung aufgefangen, da diese im demografischen Verhältnis gegenüber der älteren Generation schrumpft. Hinzu kommt eine sinkende Nutzung des MIVs durch Unter-30-Jährige, wie eine Studie des IFMO-Instituts nachweist. Berechnungen des Öko-Institutes und verschiedener Umwelt- und Naturschutzverbände zufolge könnte durch diese Effekte (Bevölkerungsschwund, kürzere Wege, verändertes Mobilitätsverhalten) die Personenverkehrsleistung bis 2030 um 5% bis 2050 um 15% sinken (Klimakonzept verschiedener Umwelt - und Naturschutzverbände: Klimafreundlicher Verkehr in Deutschland- Weichenstellungen bis 2050). Erst recht würde dies gelten, wenn die Bundesregierung ihre Verpflichtungen aus Art. 2 Abs. 1 Paris-Abkommen ernst nimmt (s.u.).

Auch mit einem erhöhtem Verkehrsaufkommen im Güterverkehr ist nicht zurechnen. Die Verkehrsverflechtungsprognose geht von einer geringfügigen Steigerung (0,7%) des Güterverkehrs in Sachsen aus. Diese rührt aus erhöhten Transportweiten, wogegen das Aufkommen stagniert (DIW 2013). Dieser Trend ist umso bemerkenswerter, weil Sachsen als Transitland zu den Nachbarländern Polen und Tschechien gilt – d. h. auch diese Transitverkehre tragen in vernachlässigbarem Maß zu einem erhöhten Güterverkehrsaufkommen bei.
Entgegen dieser Prognosen gehen die dem BVWP-Entwurf zugrundeliegenden Prognosen von einer Steigerung der Verkehrsleitung im Personenverkehr um 12,12 % und im Güterverkehr um 38 % bis zum Jahr 2030 aus, und erscheinen deshalb utopisch und nicht geeignet, die Grundlage für ein nachhaltiges und realistisches Mobilitätskonzept zu bieten.

 

Unzureichende Berücksichtigung ökologischer Belange

Der BUND Sachsen kritisiert, dass die Auswirkungen des BVWP-Entwurfs auf die Umwelt und den Naturhaushalt völlig unzureichend berücksichtigt werden. Grundlage für die vordringliche Bedarfseinschätzung (VB-E/VB) ist die Kosten-Nutzen-Analyse (Bewertungsmodul A). Diese ist jedoch nur bedingt dafür geeignet, den Bedarf eines Vorhabens zu ermitteln. Hier werden die verschiedenen Parameter unterschiedlich monetär bewertet und einige nicht berücksichtigt, so dass auch das Ergebnis stark von dem fiktiven Nutzen eines Verkehrsprojektes abhängt. Ein Beispiel für Parameter, die das Ergebnis der Kosten-Nutzen-Analyse erheblich verzerren, sind gerechnete Zeitersparnisse von einer Minute. Diese Zeitgewinne sind praktisch gar nicht spürbar, so dass eine höhere Grenze für Zeitersparnisse anzuwenden ist (mindestens 5 Minuten). Daneben sind auch die Parameter für Umweltauswirkungen der Kosten-Nutzen-Analyse unzureichend bestimmt. In die Berechnung werden lediglich Emissionen durch Lärm, CO2, NOX und kanzerogene Schadstoffe berücksichtigt. Hingegen sollen weitere Umweltauswirkungen der monetären Bewertung gar nicht zugänglich sein, wie bspw. der Flächenverbrauch, die damit einhergehende Bodenversieglung und der daraus resultierende Verlust der Ökosystemleistung des Bodens sowie der Verlust von Lebensräumen geschützter Tier und Pflanzenarten. Deshalb ist die angewandte Kosten-Nutzen-Analyse letztendlich gar nicht dazu brauchbar, den realen positiven oder negativen Nutzen einer Verkehrsverbindung zu beschreiben. Im Gegensatz hierzu sollen jedoch bspw. Parameter der Zuverlässigkeit des Verkehrsablaufs monetär bewertbar sein und fließen in die Kosten-Nutzen-Analyse ein.

Dem Defizit der unzureichenden Berücksichtigung ökologischer Auswirkungen kann auch nicht durch das Bewertungsmodul B (Umwelt- und Naturschutzfachliche Beurteilung) abgeholfen werden. Die Einschätzung der Umweltbeeinträchtigung erfolgt lediglich in drei bzw. vier Kategorien (keine-geringe-mittel-hohe), die aufgrund ihrer groben Einteilung nicht dazu fähig sind, die Beeinträchtigungen der Umwelt- und des Naturhaushalts widerzuspiegeln. Letztlich erreichen durch die Prüfung der Umweltauswirkungen nach dem BVWP nur solche Projekte eine Einstufung als „hoch“, die in jeglicher Hinsicht Auswirkungen auf alle Umweltschutzgüter und Bewertungskriterien haben. Gleichzeitig sind die Umweltbeeinträchtigungen auch nur mit „hoch“ bewertet, wenn das Verkehrsvorhaben zu einem unmittelbaren Verlust besonders schützenswerter und einzigartiger Gebiete führt. Hierin ist ein methodischer Fehler zu sehen, dem durch eine breitere Fächerung der Kategorien abgeholfen werden kann. Daneben ist zu bedenken, dass jegliche Beeinträchtigung eines ausgewiesenen Schutzgebiets, eine hohe Umweltbetroffenheit darstellen muss. Die Ausweisung eines Schutzgebiets (Natura-2000-Gebiete, Wasserschutzgebiete usw.) ist Ausdruck der Wertung des Gesetzgebers, den Erhalt dieser Gegebenheiten sicherzustellen. Dementsprechend muss die Beeinträchtigung eines Schutzgebiets immer die Einstufung als „hohe“ Umweltbeeinträchtigung zur Folge haben.

Auch die Gewichtung und Auswahl der Kriterien für Umweltbeeinträchtigungen ist zu kritisieren. Das Kriterium der Flächeninanspruchnahme wird bspw. gar nicht in die Einzelprojektbewertung einbezogen (was letztlich Erhaltungsmaßnahmen für Verkehrswege gegenüber Neubaumaßnahmen benachteiligt). Auch die Gewichtung der Kriterien und deren Einstufung sind nicht nachzuvollziehen. So sollen bspw. Vorhaben, die in hervorragenden Wiedervernetzungsabschnitten des Biotopverbunds liegen, lediglich als „mittel“ eingestuft werden, wenn sie keine Maßnahmen zur Verbesserung der Wiedervernetzung vorsehen. Ein weiteres Beispiel sind Trinkwasserschutzgebiete. Deren Beeinträchtigung wird nur im Rahmen der Bewertung Umweltbeeinträchtigungen berücksichtigt, wenn durch Verkehrswege die Schutzzonen I und II geschnitten werden. Die weitaus größere Schutzzone III wird hingegen nicht berücksichtigt, obwohl sie Bestandteil der Trinkwasserschutzgebiete ist.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Bewertung der Umweltbeeinträchtigungen eines Vorhabens keine Auswirkung auf deren Einstufung in die Kategorien (VB/WB/WB*) hat. Lediglich in der Kategorie VB-E sollen keine Vorhaben enthalten sein, die im Modul B mit „hoch“ bewertet wurden. Wie bereits erwähnt, ist die Kategorie „hoch“ im Modul B jedoch nur zu erreichen, wenn sämtliche Kriterien vergleichsweise stark beeinträchtigt werden. Auf alle anderen Kategorien der Bedarfszuordnung hat die Bewertung des Moduls B überhaupt keinen Einfluss. Damit werden die Belange des Umwelt- und Naturschutzes verkannt und der vorgelegte Plan ist generell nicht fähig, eine fehlerfreie Abwägung zu gewährleisten. Wir erwarten eine deutliche Reduzierung aller Vorhaben die im Modul B mit „mittel“ und „hoch“ bewertet werden und dies in allen Kategorien der Bedarfsfeststellung. Alleine die Anzahl der VB-Vorhaben, die im Modul B mit „hoch“ bewertet wurden, ist mit rund 150 BVWP-Vorhaben viel zu hoch und steht auch im erkennbaren Gegensatz zu den eigenen Zielsetzungen des BMVI, die Auswirkungen der Infrastrukturplanung auf die Umwelt deutlich zu senken.

 

Eigene Zielstellungen werden verfehlt

Das BMVI widerspricht in weiten Teilen ihren eigenen Zielstellungen im Bereich des Umwelt- und Naturschutzes. Übergeordnete Ziele des BVWP sind die Begrenzung des zusätzlichen Flächenverbrauchs und die Vermeidung von weiterem Verlust unzerschnittener Räume. Des Weiteren sollen die die Lärm- und Schadstoffbelastungen vermieden und gemindert werden.

Diese Zielerreichung soll vor allem durch den Grundsatz „Erhalt vor Ausbau und Neubau“ ermöglicht werden, der ebenfalls ein Ziel darstellt. Hier muss man ganz klar feststellen, dass die Ziele durch den BVWP-Entwurf völlig verfehlt werden. Die Aussage des BVWP-Entwurfs, dass das Ziel Erhalt vor Ausbau und Neubau erreicht wurde, ist falsch. Begründet wird die Zielerreichung Erhalt vor Ausbau und Neubau damit, dass die vorgesehenen Investitionsmittel zu einem Prozentsatz von 69 % für den Erhalt von Verkehrswegen aufgewendet werden sollen. Der Rest steht für den Ausbau oder Neubau zur Verfügung. Diese Begründung ist nur sehr eingeschränkt aussagekräftig, weil die aufgewendeten Finanzmittel keinen wirklichen Anhaltspunkt für die Bewertung der Zielerreichung darstellen. Angesichts der Vielzahl der bestehenden Verkehrswege (für Straßenverkehr: rd. 13.000 km Autobahnen und rd. 39.000 km Bundesstraßen) ist es natürlich nicht verwunderlich, dass die Investitionssumme für den Erhalt der Infrastruktur bei Weitem die vorgesehene Investitionssumme für Ausbau- und Neubauprojekte übersteigt. Andererseits ist bei Berücksichtigung dieser Tatsache der Prozentsatz von 31 % für Ausbau- und Neubauvorhaben noch immer viel zu hoch und sollte entsprechend der eigenen Zielvorgaben des BMVI weiter gesenkt werden.

Auch das Ziel der Begrenzung des zusätzlichen Flächenverbrauchs wird durch den vorgelegten BVWP-Entwurf nicht erreicht. Alleine durch die VB/VB-E-Vorhaben des BVWP-Entwurfs wird eine Neuinanspruchnahme von ca. 15.792 ha verursacht. Mit in dieser Prognose enthalten sind nicht alle Projekte des BVWP, so dass diese Prognose nur eingeschränkt aussagekräftig ist. Hierin ist ein Defizit der SUP zu sehen, welche grundsätzlich alle vom Plan hervorgerufenen Auswirkungen auf die Umwelt beschreiben muss (Defizit der SUP, siehe Art. 5 Abs. 1 SUP-RL, Anhang I SUP-RL). Nimmt man auf die nur eingeschränkt aussagekräftige Prognose der Flächeninanspruchnahme Bezug, so ergibt sich die tägliche Neuinanspruchnahme von 2,83 ha pro Tag (nur für VB/VB-E-Vorhaben). Dies entspricht 9 % des angestrebten 30 ha-Flächenverbrauchsziels der Nachhaltigkeitsstrategie und Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt der Bundesregierung.

Wir weisen darauf hin, dass die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung offensichtlich verfehlt wird, wenn die Flächeninanspruchnahme alleine durch die Planung von Verkehrswege schon einen beträchtlichen Teil Prozentsatz des angestrebten Ziels darstellt.

Zu berücksichtigen ist außerdem, dass es sich nur um die Bundesinfrastruktur handelt, alle anderen Verkehrswege also in dieser Prognose noch nicht enthalten sind. Zudem ist das von der Bundesregierung verfolgte Ziel der Begrenzung der Flächenneuinanspruchnahme auf 30 ha/pro Tag selbst nicht fähig, eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten. Vielmehr muss es das Ziel sein, die generelle Zunahme der Flächeninanspruchnahme zu verhindern und einen Ausgleich zwischen Neuinanspruchnahme und Entsiegelung anzustreben (anzustrebendes Ziel: 0 ha Neuinanspruchnahme). Des Weiteren werden nicht nur die eigenen Ziele der Bundesregierung verfehlt, sondern auch anvisierte Ziele der Bundesländer. Die zu erwartende Flächenneuinanspruchnahme von 2,83 ha pro Tag widerspricht dem gemeinsamen Handlungsprogramm des Sächsischen Ministeriums des Inneren (SMI) und des Sächsischen Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme im Freistaat Sachsen, welches eine Verringerung der täglichen Neuinanspruchnahme u.a. durch Verkehrsflächen auf unter 2 ha bis zum Jahr 2020 vorsieht. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Flächeninanspruchnahme von 2,83 ha auf Bundesebene auf einzelne Bundesländer herunter gerechnet werden muss, ist die Summe noch zu hoch. Das Oberziel, die nachhaltige Sicherung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit der Böden, ihrer Regenerationsfähigkeit und Nutzbarkeit durch eine sparsame, schonende und nachhaltige Bewirtschaftung der Bodenressourcen, wird somit auch im Freistaat Sachsen verfehlt.

Auch das eigen gesetzte Ziel des BMVI, den weiteren Verlust von unzerschnittenen Räumen zu vermeiden, kann durch den vorgelegten BVWP-Entwurf nicht entsprochen werden. Es ist nur durch VB/VB-E-Vorhaben mit einer Zerschneidung von 1.949 km bisher unzerschnittenen Großräumen zu rechnen. Verbildlicht ist dies wesentlich mehr als die doppelte Luftlinie zwischen dem nördlichsten und südlichsten Punkt Deutschlands. Hierbei muss man bedenken, dass es nur um die Zerschneidung bisher unzerschnittener Großräume geht, das bedeutet, die gesamte Zerschneidungswirkung der Natur und Landschaft ist viel höher anzunehmen. Eine maßgebliche Ursache hierfür ist der nicht eingehaltene Grundsatz des Erhalts vor Ausbau und Neubau. Weiterhin sorgen für diese enorme Zerschneidung nur die VB/VB-E-Vorhaben, alle anderen Vorhaben werden in der berechneten Länge der Zerschneidung von 1.949 km gar nicht berücksichtigt. Hierin ist wieder ein Defizit der SUP zusehen, die nach den Anforderungen der SUP-RL alle Auswirkungen des gesamten Plans (und aller darin enthaltenen Vorhaben) darstellen muss. Begründet auf dem Bundesnaturschutzgesetz und dem Raumordnungsgesetz steht der Erhalt von Freiräumen zwischen Siedlungskörpern zur Gliederung, die Minderung von Zerschneidung und der Erhalt von großen zusammenhängenden Freiflächen unter Schutz (§ 1 Abs. 5 und 6 BNatSchG, § 8 Abs. 5 Nr. 2 lit. a ROG). Dies bleibt mangels Ausführungen in dem BVWP-Entwurf völlig unberücksichtigt.

Auch das Ziel der der CO2-Reduktion und der Reduzierung von Treibhausgasen ist durch den BVWP-Entwurf als verfehlt zu werten. Laut Verkehrsprognose 2030 ist mit dem Ausstoß von ca. 190 Millionen Tonnen CO2 zu rechnen. Wie damit ein Beitrag zu den Klimazielen der Bundesrepublik und den Zielen des Weltklimaabkommens von Paris erreicht werden soll, bleibt völlig unklar, vor allem wenn man bedenkt, dass die – völkerrechtlich verbindliche –Temperaturgrenze aus Art. 2 Abs. 1 Paris-Abkommen (1,5/ 1,8 Grad Celsius) ein vollständiges (!) Ende der fossilen Brennstoffnutzung in Deutschland bis etwa 2027/2038 bedeuten müsste. Vielmehr werden die ambitionierten Klimaziele schon in der Planung verfehlt. Weitere Investitionen und das dadurch erhöhte Verkehrsaufkommen des Straßenverkehrs widersprechen den Zielsetzungen des Abkommens von Paris als auch einem verantwortungsvollen Umgang mit begrenzten Ressourcen – erst recht, wenn gar von einer Erhöhung der CO2-Emissionen ausgegangen wird, was zwangsläufig auch den Verbrauch von potentiell knappen fossilen Ressourcen bedingt. An dieser Stelle ist anzumerken, dass klimafreundliche Verhaltensweisen und Handlungsoptionen gar nicht im BVWP berücksichtigt werden. Zudem unterstellt der BVWP eine Zunahme der Verkehrsbewegung, gerade des mit Verbrennungsmotoren betriebenen Straßenverkehrsverkehrs. Die von der Bundesregierung propagierte Elektromobilität, die zwangsläufig leichtere und kleinere Fahrzeuge auf die Straße bringen würde, die batteriebedingt voraussichtlich auch nur kürzere Wege zurücklegen würden, wird überhaupt nicht berücksichtigt. Hier ist ein Umdenken unbedingt erforderlich. Es ist die Senkung des Verkehrsaufkommens anzustreben, welches Treibhausgase ausstößt. Geht man jedoch wie im BVWP-Entwurf von der Steigerung dieser Verkehrsträger aus, so erhält man auch das Ergebnis, dass sich die Klimaziele nicht annähernd erreichen lassen. Unberücksichtigt bleiben auch die neueren Entwicklungen des internationalen Klimaschutzes. Die Reduktionsziele des Abkommens von Paris werden gar nicht erwähnt und bleiben demnach unberücksichtigt, obwohl der Planungshorizont des BVWP diese Reduktionsziele maßgeblich beeinflusst. Aktuell hat der CO2-Ausstoss durch den Verkehr in Deutschland einen Anteil von knapp 20 % am Gesamtausstoß. Entsprechend muss im Verkehr ein Fünftel der Treibhausgase eingespart werden, um den Vereinbarungen von Paris gerecht zu werden. Hier muss eine Überarbeitung des BVWP-Entwurf in der Hinsicht erfolgen, dass die generellen Annahmen des BVWP-Entwurf an das Paris-Abkommen angepasst werden müssen. Daran anschließend ist die angenommene Steigerung des Verkehrsaufkommens zu revidieren und der Fokus auf klimafreundliche Verkehrsträger zu legen. Hier sei gesagt, dass sich ein Ziel nur erreichen lässt, wenn man auch die Planung an diesen Zielen ausrichtet. Daran mangelt es dem BVWP-Entwurf vollständig. Des Weiteren ist anzumerken, dass sich eine Reduktion der Treibhausgase nicht durch die Verringerung von Stauzeiten verwirklichen lässt, sondern durch eine Umverteilung des Verkehrsaufkommens von klimaschädlichen auf klimafreundliche Verkehrsträger. Mit Blick auf das Klimaschutzabkommen von Paris müssen verantwortungsvolle und zukunftsweisende Schritte in der Verkehrspolitik gegangen werden. Ein konsequentes Handeln wäre eine zielgerichtete Reduktion des Primärenergieverbrauches im Verkehrssektor).

Bereits um die Klimaschutzziele und die Energieeinsparziele der Bundesregierung zu erreichen – der Endenergieverbrauch im Verkehr soll bis 2020 um 10 % reduziert werden –, muss der Schienengüterverkehrsanteil verdoppelt werden (vgl. Energiekonzept der Bundesregierung v. Sept. 2010). Die Voraussetzungen für dieses Ziel müssen u.a. mit einer aktiven Infrastrukturförderung für umweltfreundliche Verkehrsträger geschaffen werden. Das Erreichen der Ziele ist nur mit einer konsequenten Verlagerung des Verkehrs, insbesondere des Güterverkehrs, auf die Schiene realisierbar. Das Paris-Abkommen geht hier wie gesagt deutlich weiter, und zwar völkerrechtlich verbindlich.

Auf diese Weise lässt sich auch ein anderes übergeordnetes Ziel des BVWP erreichen, dass bisher nur unzureichend erfüllt wird, gemeint ist die Reduzierung der Schadstoffbelastung und der Lärmbelastung, da diese ebenfalls an klimabelastende Mobilität und generell an den Einsatz fossiler Brennstoffe, aus deren Nutzung nach Art. 2 Abs. 1 Paris-Abkommen realistischerweise ausgestiegen werden muss, gekoppelt sind. Bisher soll dieses Ziel nur durch die großzügige Planung von Ortsumfahrungen realisiert werden. Es lässt sich jedoch leichter und ohne negative Effekte auf andere Zielsetzungen erreichen (bspw. Reduktion der Flächeninanspruchnahme und Zerschneidung), wenn man generell die Senkung lärmintensiven und schadstoffausstoßenden Kraftfahrzeugverkehrs anstrebt und auch alternative Mobilitätskonzepte bei der Erstellung des BVWP-Entwurfs berücksichtigt. Beiträge können hier bspw. in der Verringerung der Geschwindigkeit, der Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs und der Festlegung von Grenzwerten für Lärmimmissionen von Kraftfahrzeugen bestehen. Diese Maßnahmen werden in dem BVWP-Entwurf völlig unberücksichtigt gelassen.

Das Problem der Zerschneidungseffekte usw. weist zugleich darauf hin, dass auch sonst der BVWP-Entwurf verbindlich (etwa völkerrechtlich) definierte Umweltziele weitgehend außer Acht lässt. Die völker-, europa- und bundesrechtlich verankerte Notwendigkeit, den Verlust der Biodiversität zu stoppen und eine Trendumkehr zu bewirken, wird durch den BVWP ebenso konterkariert wie intakte Stickstoffkreisläufe dauerhaft durch ihn ermöglicht werden (deren Störung wiederum zentral vom Einsatz fossiler Brennstoffe in Verkehr und auch Landwirtschaft getrieben werden.

 

Fehlende Konzentration auf überregionale und finanzierbare Verkehrswege

Der BUND Sachsen lehnt den BVWP-Entwurf entschieden ab. Entgegen den eigenen Zielsetzungen des BMVI liegt der Schwerpunkt des BVWP-Entwurfs nicht auf Projekten, die eine überregionale oder auch grenzüberschreitende Bedeutung haben und für die ein Bedarf für die Schaffung eines nachhaltigen Verkehrssystems besteht. Vielmehr ist der BVWP-Entwurf mit regionalen und örtlichen Verkehrsprojekten gefüllt, für die kein Bedarf besteht. Wir fordern eine Fokussierung der Infrastrukturplanung auf wirklich gebrauchte Projekte, die positive Nutzen für die Mobilität und die Umwelt haben und nicht nur für eines von beiden. Mit dem vorgelegten BVWP-Entwurf wird unsere Zukunft in die gleiche Richtung gelenkt, die wie der letzte BVWP 2003 zur Verschlechterung der Umweltqualität und der kleinteiligen Planung von Verkehrswegen beiträgt. Es fehlt ein übergreifendes Konzept für ein überregionales und nationales Verkehrsnetz und zwar sowohl für den Straßenverkehr im MIV und Güterverkehr als auch für den umweltfreundlicheren Bahnverkehr, dessen Ausbau oder verkehrliche Optimierung ein zentrales Element zur weiteren Verkehrsvermeidung ist und das viele Straßenbauprojekte vollständig obsolet machen würde.

Ein Beleg für die kleinteilige Planung ist die beträchtliche Anzahl geplanter Ortsumgehungen (OU). Insgesamt befinden sich 502 OU in dem neuen BVWP-Entwurf. OU können grundsätzlich nicht von vorherein ausgeschlossen werden und können sinnvoll sein, wenn alle sonstigen Maßnahmen zur Lärm- und Schadstoffminderung voll ausgeschöpft wurden. So kann man in Ortslagen die Lärm- und Schadstoffbelastungen bspw. durch Senkung der zulässigen Geschwindigkeit oder auch durch die Änderung des Belags effektiv senken. Dies sind Maßnahmen, die jedoch mit der Öffentlichkeit vor Ort diskutiert werden müssen und nicht durch eine Bundesbedarfsplanung verhindert werden sollten. Deswegen plädiert der BUND Sachsen dafür, Ortsumfahrung nicht in den Bundesbedarfsplan mit aufzunehmen. Hier sind vor Ort mit den Betroffenen Lösungen für Konflikte zu finden. Zudem ist durch eine Nachher-Untersuchung von Ortsumfahrungen des BVWP 2003 bekannt, dass die angestrebte Entlastung der Ortsdurchfahrten durch OU zu 90 % nicht eingetreten ist. In der Mehrzahl der Fälle ist der Anteil des Ziel- und Quellverkehrs wesentlich höher als der Durchgangsverkehr. Bedacht werden muss bei der Planung von OU weiterhin, dass diese die Lärm- und Schadstoffbelastungen nicht senken, sondern nur in Bereiche verlagern, in denen eine geringere Anzahl von Menschen direkt betroffen ist, jedoch andere Schutzgüter (Tiere,  Pflanzen und Gewässer) umso mehr. Der BUND Sachsen ist der Ansicht, dass die beträchtliche Anzahl der OU überprüft werden muss und hier sinnvollere Alternativen in einer kommunalen Planung mit Öffentlichkeitsbeteiligung bestehen. Der Fokus des BVWP-Entwurfs sollte daher entsprechend zu den eigenen Zielsetzungen des BMVI auf den Hauptachsen und Knotenpunkten des Verkehrsnetzes liegen, für die aus Sicht eines nachhaltigen Mobilitätskonzeptes ein Bedarf besteht. Dieser Zielstellung wird der BVWP-Entwurf nicht gerecht.  

Des Weiteren kritisiert der BUND Sachsen, dass der BVWP-Entwurf bisher mit einer Vielzahl an Vorhaben überfüllt ist, die offenkundig nicht finanzierbar sind. Lediglich für VB-E/VB-Vorhaben sollen die finanziellen Mittel bereitstehen, dies ist jedoch auch nicht gesichert. Daher sollte sich der Inhalt des BVWP-Entwurfs nur auf Vorhaben erstrecken, deren Finanzierung abgesichert ist.

 

Unzureichende Alternativenuntersuchung

Gem. Art. 5 Abs. 1 SUP-RL und § 14 g Abs. 1 UVPG ist ein Umweltbericht im Rahmen der SUP zu erstellen, der vernünftige Alternativen ermittelt, beschreibt und bewertet. Diese Alternativenprüfung erstreckt sich sowohl auf die Gesamtheit des Plans, als auch auf einzelne Bestandteile des Plans, die gem. Art. 5 Abs. 1 lit. d der UVP-RL (RL 2014/52/EU) vorgeschrieben ist. In Hinsicht auf den BVWP-Entwurf bedeutet dies, dass Alternativen zur Gesamtheit des Plans als für einzelne Vorhaben und Projekte zu ermitteln, zu beschreiben und zu bewerten sind. Diesen Anforderungen wird der BVWP-Entwurf nicht gerecht. Zum einen fehlt eine Alternativenprüfung für den gesamten BVWP. Hier könnten vernünftige Alternativen darin bestehen, nur Vorhaben in den Bedarfsplan aufzunehmen, die nur geringe Auswirkungen auf die Umwelt und Natur haben. Zugleich besteht eine Alternative darin, die einzelnen Verkehrsträger hinsichtlich ihrer Umweltauswirkungen verschieden zu gewichten und das angestrebte Verkehrssystem daran auszulegen (Verkehrsverlagerung). Bspw. kann eine Konzeptalternative darin bestehen, vorrangig den Schienenverkehr auszubauen und dafür weniger Straßenverkehr in die Planung einzustellen. Erst durch die Ermittlung und Untersuchung von Alternativen kann sichergestellt werden, dass die jeweiligen Vor- und Nachteile der verschiedenen Alternativen vergleichbar sind. Aufgrund dieser nicht vorgenommenen Alternativenprüfung des gesamten BVWP ist jedoch ein Vergleich von verschiedenen Szenarien in Hinsicht auf ihre Umweltauswirkungen nicht möglich. Darin ist ein Verstoß gegen die europarechtlichen Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 SUP-RL zu sehen. Aufgrund fehlender Alternativenprüfung ist der BVWP-Entwurf ebenfalls ungeeignet für eine fehlerfreie Abwägung des Gesetzgebers bei der Bedarfsfestlegung.

Zum anderen werden auch Alternativen für einzelne Vorhaben nicht berücksichtigt bzw. werden gar nicht ermittelt. Eine Alternative liegt vor, wenn das Ziel (Mobilität und Umweltverträglichkeit) auch auf andere Weise verwirklicht werden kann und dabei ggf. wesentlich geringere Umweltauswirkungen hat. Zudem kann eine Alternative auch in einer Null-Variante bestehen. Die Projektdossiers, die in dem PRINS dargestellt werden, stellen regelmäßig nur unzureichende Alternativen dar, teilweise fehlt eine Alternativenprüfung vollständig (unter dem Verweis darauf, dass Projekt sei alternativlos, jedoch ohne eine entsprechende Begründung). Hierin ist ein klares Defizit der vorgenommenen Planung zu sehen, weshalb der BVWP-Entwurf nicht den Vorgaben der SUP-RL entspricht. Zu dem erstrecken sich Alternativen nur auf einzelne Verkehrsträger. Dies bedeutet, Alternativen zwischen verschiedenen Verkehrsträgern werden nicht berücksichtigt, obwohl sie das Ziel (Verbindung zwischen zwei Punkten) gleichermaßen sicherstellen können. Gleichzeitig ist festzustellen, dass in den Fällen, in denen Alternativen für einzelne Projekte untersucht wurden, die Entscheidung für eine Streckenvariante ohne nachvollziehbare Begründung erfolgt. Eine wirkliche Alternativenprüfung ist ohne die Angabe von Entscheidungsgründen nicht gegeben und erfüllt auch nicht den Sinn der Umweltprüfung.

Eine weitere gesetzlich vorgeschriebene Alternativenprüfung ist bei Beeinträchtigungen von Natura-2000 Gebieten vorzunehmen. Gem. Art. 6 Abs. 2 FFH-RL (RL 92/43/EWG ) hat die Bundesrepublik Deutschland die Pflicht, Verschlechterungen der natürlichen Lebensräume und Habitate der Arten, sowie Störungen von Arten zu vermeiden (Verschlechterungsverbot). Gleiches gilt gem. Art. 4 der Vogelschutz-RL (2009/147/EG) für Schutzgebiete für Vögel und für geschützte Vogelarten. Sämtliche Vorhaben, worunter auch die Vorhaben des BVWP fallen, sind auf ihre Verträglichkeit mit dem Schutzzweck der Natura-2000-Gebiete zu prüfen, wenn sie Auswirkungen auf diese Gebiete haben. Sind erhebliche Beeinträchtigungen auf die Schutzgebiete oder geschützte Arten zu erwarten, ist eine Alternativenprüfung vorzunehmen, in der untersucht wird, ob das Vorhaben auch durch eine Alternative verwirklicht werden kann, die wesentlich geringere Umweltauswirkungen hat. Grundsätzlich sind alle erheblichen Beeinträchtigungen von Natura-2000-Gebieten gem. § 32 Abs. 2 S. 1 BNatSchG unzulässig. Davon kann gem. § 32 Abs. 3 BNatSchG abgewichen werden, wenn ein Vorhaben im öffentlichen Interesse liegt und keine zumutbaren Alternativen gegeben sind, die den mit dem Vorhaben verfolgten Zweck auch an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen auf das Natura-2000-Gebiet verwirklichen können. Problemtisch wird diese Alternativenprüfung für Natura-2000-Gebiete in Hinsicht auf den BVWP dann, wenn eine Alternative nicht ausreichend im BVWP-Entwurf ermittelt, beschrieben und bewertet wurde. Gem. § 1 Abs. 2 FStrAbG entsprechen in den Bedarfsplan aufgenommene Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die Feststellung des Bedarfs ist für die Linienbestimmung nach § 16 Bundesfernstraßengesetz und für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich. Auf diese Weise wird ein Vorhaben, dass verbindlich im BVWP aufgenommen wurde, keiner weiteren Alternativenprüfung unterzogen, dies gilt auch für die Alternativenprüfung, die nach § 32 Abs. 3 BNatSchG für Natura-2000-Gebiete vorgeschrieben ist. Die Bindungswirkung des BVWP bzw. des noch zu verabschiedenden Bedarfsgesetzes verhindert eine gesetzlich vorgeschriebene Alternativenprüfung für Natura-2000-Gebiete auf der Ebene der Planfeststellung. Hierin ist ein klarer Verstoß gegen die europäischen Vorgaben aus der FFH-RL und EU-Vogelschutz-RL zu sehen. Der BVWP-Entwurf muss dementsprechend dahingehend geändert werden, dass die Bindungswirkung der Bedarfsfeststellung für Verkehrswege, die Auswirkungen auf Natura-2000-Gebiete haben, entfallen muss, um eine Alternativenprüfung nicht unmöglich zu machen. Sollte der Gesetzgeber eine solche Änderung nicht vornehmen, verstößt das zur Verabschiedung vorgesehene Bedarfsgesetz gegen den staatsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz.

 

Fehlende Berücksichtigung von Radverkehrswegen

Es ist nicht gerechtfertigt, dass die vorgenommene Verkehrswegeplanung eines der ältesten und immer noch umweltfreundlichsten Verkehrsträger in dem BVWP-Entwurf unberücksichtigt lässt. Eine Verkehrswegeplanung ohne die Berücksichtigung aller Verkehrsmittel kann seinen Ansprüchen nicht gerecht werden. Der Radverkehr ist vor allem innerorts zu stärken und kann das Verkehrsaufkommen anderer Personenverkehrsmittel erheblich senken, wodurch auch der Umfang der Planung für neue Verkehrsstrecken gesenkt werden kann. Selbst überörtlich kann der Radverkehr zur Entlastung vom MIV und damit zu umweltfreundlicherem Verkehr beitragen z. B. durch die Planung von Radschnellwegen. Hiermit können gewissermaßen „zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen“ werden, denn zum einen gibt es eine Verkehrsentlastung, die dann zum anderen Neubauprojekte obsolet machen kann.
Zudem soll der BVWP gerade die Verbindung von verschiedenen Verkehrsmitteln, den sogenannten integrierten Verkehr, mit planen und herbeiführen, so dass eine Nichtberücksichtigung wirtschaftlich als auch umwelttechnisch unsinnig ist und negative Folgen hat. Die Bundesregierung plant zwar für Radwege eine gesonderte Radverkehrswegeplanung, allerdings ist diese wenig erfolgsversprechend, wenn diese Planung nicht unter Berücksichtigung anderer Verkehrsträger erfolgt. Es lassen sich vor allem zusätzliche negative Effekte auf die Umwelt senken, wenn man Rad- und Straßenwege zusammen plant (bspw. Flächeninanspruchnahme und Zerschneidung). Daher fordert der BUND Sachsen, die Bundesverkehrswegeplanung unter Berücksichtigung des Radverkehrs neu vorzunehmen.

 

Unzureichende Berücksichtigung des Schienenverkehr

Insgesamt ist der Entwurf des BVWP einseitig auf die Entwicklung von Straßenbauprojekten ausgerichtet. Allzu oft wird bei möglichen parallelen Verkehrsentwicklungen die Straßenentwicklung bevorzugt, obwohl doch gerade im Sinne der oben genannten Ziele von Verkehrsvermeidung, CO2-Reduktion, Schadstoffreduzierung und Ressourcenschutz die umgekehrte Prioritätensetzung zielführend wäre. Für den Schienenverkehr fehlt sowohl das Konzept eines Netzes für den Personen- wie den Güterverkehr mit Anschluss an die internationalen Verkehrsströme des TEN-Netzes.
Viele Planungen werden nur unter der Kategorie „Weiterer Bedarf“ (WB) gewürdigt – eine Kategorie, die zum einen schwammig definiert ist und zum anderen im Kern in sich trägt, dass diese Planungen nur möglicherweise (-> potenziell) berücksichtigt werden, der Schienenverkehr somit weiter abgehängt wird.
Gemäß aktueller Zahlen der Allianz pro Schiene gehört die Bundesrepublik zu den Staaten Europas, in denen das Schienennetz in den vergangenen Jahren besonders geschrumpft ist, der Eisenbahnverkehr für Güter- und Personenverkehr also immer unattraktiver wird, während Länder wie die Schweiz und Spanien in ihr Netz beträchtlich investieren und den Bahnverkehr somit immer attraktiver machen.
DER Entwurf des BVWP ist also insofern zu kritisieren, dass er dem keine Rechnung trägt sondern im Gegenteil den Schienenverkehr trotz seiner beschriebenen Vorteile weiter ins Abseits drängt.

 

Verkehrsprojekte Sachsen

Der BUND Sachsen kritisiert die Einstufungen der sächsischen Projekte in die Kategorie des vordringlichen Bedarfes. Lediglich eins von 32 Projekten dient der Engpassbeseitigung. Der Großteil der Projekte wurde rein nach monetären Kriterien ausgewählt und dies ohne Berücksichtigung der Umweltbeeinträchtigung, die die Verkehrswegeplanung hervorruft. Eine reine monetäre Bewertung des Nutzens eines Verkehrsweges kann jedoch nicht den realen gesellschaftlichen Gewinn oder Verlust darstellen. Des Weiteren wird entsprechend zu den Ausführungen oben (Punkt 5.) kritisiert, dass eine Fokussierung auf überregionale oder auch grenzüberschreitende Verkehrswege, für die in Hinsicht auf ein nachhaltiges Verkehrssystem ein Bedarf besteht, fehlt und nicht zu erkennen ist. Ein Großteil der Projekte sind Ortsumgehungen, die diesen Ansprüchen nicht gerecht werden. Aus Sicht des BUND Sachsen können Ortsumfahrungen auf Landesebene bzw. kommunaler effektiver geplant werden und dies mit einer lokalen Öffentlichkeitsbeteiligung, die durch die Öffentlichkeitsbeteiligung zum BVWP-Entwurf nicht erzielt wird. Zugleich wird der Grundsatz und das angestrebte Ziel Erhalt vor Ausbau und Neubau, das auch im aktuellen sächsischen Koalitionsvertrag verankert ist, nicht verwirklicht. Alleine eine Gesamtbetrachtung der Projekte des vordringlichen Bedarfs in Sachsen verdeutlicht, dass der Grundsatz Erhalt vor Aus- und Neubau völlig verfehlt wird. Von insgesamt 774,6 km, für die der Bedarf festgestellt werden soll, sind 736,4 km Ausbau- und Neubaumaßnahmen, lediglich 30,2 km stellen Erhaltungsmaßnahmen dar. Dies bedeutet, dass Projekte des vordringlichen Bedarfs zu 95 % aus Ausbau- und Neubauprojekten bestehen. Zu berücksichtigen ist, dass hier nur Projekte des Vordringlichen Bedarfs betrachtet wurden. Für alle anderen Kategorien der Bedarfsfeststellung ist der Prozentsatz der Ausbau- und Neubaumaßnahmen jedoch ungefähr gleich hoch, er beträgt in allen Kategorien mindestens 90 %. Dementsprechend übersteigen die Investitionsmittel der Aus- und Neubaumaßnahmen die vorgesehenen Investitionsmittel für Erhaltungsmaßnahmen bei Weitem. Damit wird in Sachsen nicht dem oben beschriebenen Ziel entsprochen, dass zumindest der Hauptteil der investiven Maßnahmen im BVWP-Entwurf dem Erhalt und Ausbau dient, sondern hier ist genau das Gegenteil der Fall.

Entsprechend zu den fehlerhaften Grundannahmen (Punkt 2.), den verfehlten eigenen Zielsetzungen des BMVI (Punkt 4.) sowie der unzureichenden Berücksichtigung ökologischer Belange (Punkt 3.), wird der Bedarf sämtlicher BVWP-Entwurf-Straßenverkehrsprojekte in Sachsen angezweifelt. Insbesondere folgende Projekte und nicht berücksichtigte Alternativen werden durch den BUND Sachsen kritisch hinterfragt und bedingen eine neu vorzunehmende Bedarfsprüfung:

 

Schienenverkehrsstrecke Leipzig - Chemnitz

Die Streichung des Projektes Chemnitz – Leipzig ist nicht nachvollziehbar. Die Region Südwestsachsen mit 1,6 Millionen Einwohnern und die immerhin drittgrößte Stadt Ostdeutschlands, Chemnitz, mit rund 250.000 Einwohnern ist nicht an den Fernverkehr angeschlossen. Über den Knoten Leipzig besteht z.B. durch Flügelung die Möglichkeit, die Züge bis nach Chemnitz fahren zu lassen. Dafür ist eine durchgehende Elektrifizierung – inklusive einem Teilausbau- notwendig.

 

Schienenverkehrsstrecke Dresden - Görlitz Grenze D/PL

Die Verbesserung der grenzüberschreitenden Verkehre wurde von verschiedenen Bundesregierungen und den Regierungen der Republik Polen vorangetrieben. Auf polnischer Seite wurden die Vorarbeiten bis zu deutschen Grenze weitestgehend umgesetzt. Die fehlende Elektrifizierung auf deutscher Seite wird daher zunehmend zum Hindernis. Da es sich bei diesem Projekt um ein internationales Vorhaben handelt, ist eine Aufnahme in den „vordringlichen Bedarf“ sowohl verkehrlich, als auch politisch notwendig.

 

Straßenverkehrsstrecke Neubau B 174 bei Reitzenhain

Das Ziel „kein weiterer Verlust unzerschnittener Räume“ verlangt danach, Taburäume festzulegen. Die Aufnahme des Neubau B174 bei Reitzenhain in den vordringlichen Bedarf mit einer gesamtheitlichen Trassenführung in einem Naturpark und der Beeinträchtigung von drei FFH-Gebieten zeigen, dass Naturschutzbelangen ungenügend Beachtung geschenkt wird und die eigenen Zielstellungen verfehlt werden. Begründet auf dem Bundesnaturschutzgesetz steht der Erhalt von Freiräumen zwischen Siedlungskörpern zur Gliederung, die Minderung von Zerschneidung und der Erhalt von großen zusammenhängenden Freiflächen unter Schutz. Die massive Zerschneidung unzerschnittener störungsarmer Räume darf nicht vorangetrieben werden. Zudem ist fragwürdig, wie dieser Neubau mit der Verbindungsfunktionsstufe 0/1 bewertet wurde, da der Neubau im Vergleich zur bisherigen Streckenführung keine neue Verbindungsqualität erzielt.

 

Straßenverkehrsstrecke Neubau OU Wildenhain

Die vorgesehene Ortsumgehung Wildenhain zerschneidet bisher unzerschnittene Räume und liegt innerhalb eines SPA-Gebietes sowie eines FFH-Gebiets und in einem Überschwemmungsgebiet. Großräume werden durchfahren, im Südosten wird ein Kernraum randlich berührt. Für alle betroffenen Schutzgebiete ist mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen. Ein Ausbau der vorhandenen Strecke oder die Einführung von Lärmminderungsmaßnahmen (bspw. Geschwindigkeitsbegrenzungen) wurden nicht in der Alternativenprüfung bewertet. Dementsprechend liegt eine fehlerhafte Natura-2000-Alternativenprüfung vor (siehe Punkt 6). Zudem fehlt eine Darstellung der Bewertung des Moduls B vollständig (im Rahmen des PRINS) und die Berücksichtigung der Umweltbeeinträchtigungen ist somit defizitär.

 

Straßenverkehrsstrecke OU Ottendorf-Okrilla

Ottendorf-Okrilla benötigt keine Ortsumfahrung.

Gegenüber der Presse hat die Gemeinde Ottendorf-Okrilla mitteilen lassen, dass Ziel nicht die Verringerung des Durchgangsverkehrs ist, sondern der zügigere Verkehrsfluss. Ottendorf-Okrilla möchte zudem die Anschlussstelle Hermsdorf behalten. (Quelle: Sächsische Zeitung vom 25.3.2016 „Auffahrt Hermsdorf soll bleiben“) Die Bundesstraße 97 wurde und wird gerade umfangreich saniert, Eng- und Gefahrstellen beseitigt. Entlang der Bundesstraße befinden sich nur wenige Wohnhäuser, wobei diese zum Teil auch gewerblich genutzt werden. Das Gewerbe (Gaststätten, Supermärkte, Imbiss für Fernverkehr, Pensionen, usw.) ist mit auf die Kaufkraft die Ortschaft durchquerender Pendler und Reisender angewiesen. Das Ansinnen der Gemeinde Ottendorf-Okrilla ging dahin, die Einkaufsmöglichkeiten eher zu erweitern und einen größeren Kaufmarkt anzusiedeln, was sich aber nur mit Nutzung Ortsfremder tragbar betreiben lässt.

Im Übrigen ist die Bundesstraße zum größten Teil gesäumt von Brachflächen und Bauruinen. Der Bau einer Ortsumfahrung ist nur sinnvoll, wenn zum einen die Ortsdurchfahrt eine sehr hohe Verkehrsbelastung aufweist und zweitens durch den Neubau eine dauerhafte und erhebliche Entlastung vom überörtlichen Durchgangsverkehr gegeben ist. Den Durchgangsverkehr möchte die Gemeinde Ottendorf-Okrilla jedoch nicht reduziert haben (s.o.), um die lokale Wirtschaft zu stärken. Vor der Planung einer Ortsumgehung sollen zunächst innerörtliche Möglichkeiten, die der Verbesserung des Verkehrsflusses und der Erhöhung der Verkehrssicherheit dienen, ausgeschöpft werden. Die schließt auch den Ausbau der Ortsdurchfahrt ein (Ausbau statt Neubau). In Anbetracht der vielen Brachen entlang der Bundesstraße sollten hier zunächst weitere interkommunale Möglichkeiten genutzt werden (Grüne Welle, Kreisverkehr, Zweispurigkeiten, Brücke Schienenverkehr usw.). Aufgrund einer fehlenden Beachtung der Ausbaumöglichkeiten des Bestands ist die Alternativenprüfung unzureichend und fehlerhaft.

Soweit die Anschlussstelle erhalten bleibt und die jetzige B 97 nicht gesperrt wird, ist zu befürchten, dass dann zwei Straßen (B 97 und Umgehungsstraße) gleichwertig nebeneinander genutzt werden.

 

Aus dem Landesverkehrsplan Sachsen 2025 lässt sich entnehmen, dass die Bestandserhaltung der bestehenden Infrastruktur in den Vordergrund rückt. Jeder neugebaute Straßenkilometer bringt auch Unterhaltungskosten und –aufwand mit sich. Letztlich sind auch die sinkenden Bevölkerungszahlen im Freistaat Sachsen zu berücksichtigen.

Die Umweltbetroffenheit durch das Vorhaben wird nur als „mittel“ eingeschätzt. Dies ist aufgrund der beschriebenen Umweltbeeinträchtigungen nicht nachvollziehbar. Die Umweltbetroffenheit durch das Vorhaben ist hingegen als hoch einzuschätzen und muss sich auf die Bewertung des Bedarfs auswirken.

Sollte eine Ortsumgehung unumgänglich sein, bevorzugen wir die Westumfahrung aus folgenden Gründen:

 

Flächenverbrauch

Die Ostumfahrung würde durch zusammenhängende Freiflächen führen. Eine Ortsumgehung im Osten würde zudem an die Laußnitzer Heide angrenzen, in der ein Wolfsrudel ansässig ist. Der Wolf ist eine streng geschützte Art nach Anhang IV der FFH-Artenschutzregelungen und § 7 Abs. 2 Nr. 13 und 14 BNatSchG und wird in der Roten Liste Deutschland als „vom Aussterben bedroht“ geführt. Die Tiere sind besonders durch den Straßenverkehr gefährdet. (http://www.wolfsregion-lausitz.de/index.php/aktuelles-wolfsvorkommen-sachsen)
Bei der Westumfahrung könnte zum Teil bestehende Infrastruktur genutzt werden (Kiesgrubenstraße) in einem ohnehin bereits stärker zersiedelten Gebiet.

2013 lag der Anteil der Landwirtschaftsfläche bei 55 %. Diese Anteil sinkt jedoch nach wie vor (Quelle: Umweltdaten 2015; hrsg. vom SMUL). Vor diesem Hintergrund hat sich der Freistaat Sachsen das Ziel gesetzt, die tägliche Neuinanspruchnahme u.a. durch Verkehrsflächen auf unter 2 ha bis zum Jahr 2020 zu begrenzen (vgl. Landesverkehrsplan Sachsen 2025). Dies wird auch bei der Fortschreibung des Biodiversitätsprogramms als Handlungsziel formuliert. Große zusammenhängende Freiflächen wie die Laußnitzer Heide mit angrenzenden Grünflächen sollen gerade erhalten bleiben (§ 1 Abs. 5 und 6 BNatSchG, § 8 Abs. 5 Nr. 2a ROG).

 

Wasser

Überschwemmungsgebiete sollten von Bebauung freigehalten werden. Eine Ortsumgehung östlich der Ortschaft würde jedoch gerade eine solche Bebauung mit sich bringen. Die kleine Röder tritt bei Hochwasser in ihrem nördlich von Ottendorf-Okrilla gelegenen Bogen weitläufig über die Ufer und überschwemmt das gesamte Grünland bis an das Ackerland heran. Naturnahe Fließgewässerauen und -landschaften sollen jedoch von Bebauung freigehalten werden (§§ 6 Abs. 1 Nr. 6, 27, 29, 77 WHG, §§ 7b, 99 Abs. 2 SächsWG, § 1 Abs. 3 Nr. 3 BnatSchG).

Östlich von Ottendorf-Okrilla wäre eine Querung des Fließwassersystems kleine Röder und Orla (Nr. 142, FFH-Schutzgebiet) und der Laußnitzer Heide (Nr. 34) unumgänglich. Weiterhin ist das Europäische Vogelschutzgebiet, das sich über die Laußnitzer Heide (Nr. 34 ) erstreckt zu berücksichtigen (Natura 2000). Der unmittelbar angrenzende Verlauf würde hier eine erhebliche Störung mit sich bringen.

(www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/natura2000/3084.aspx)

 

Beeinträchtigung angrenzender Schutzgebiete

Große zusammenhängende Freiflächen wie die Laußnitzer Heide mit angrenzenden Grünflächen sollen gerade erhalten bleiben (§ 1 Abs. 5 und 6 BNatSchG, § 8 Abs. 5 Nr. 2a ROG). Die geplante Ortsumgehung im Osten würde die Zerschneidung eines großen Freiraumbereiches angrenzend an das Schutzgebiet Laußnitzer Heide bedeuten.

Das von der kleinen Röder und der Orla durchzogene Gebiet mit seinen Feuchtwiesen wird unter anderem von Kranichen und Weißstörchen sowie Raubvögeln wie dem Wespenbussard besucht. (www.rpv-oberlausitz-niederschlesien.de/index.php?eID=tx_nawsecuredl&u=0&g=0&t=1461606611&hash=a4f06d5d340846717af65849332258375e572675&file=fileadmin/PDF-Dateien/Regionalplanung/Regionalplan_2010/Umweltbericht_mit_FFH-SPA-Pruefung.pdf; S.331).

 

Lärmbelastung

Verkehrslärm, welcher sich auf Freiflächen besonders ausbreitet, führt zu einer Störung sensibler Naturbereiche. Auch eine Lärmbelastung in der Nähe befindlicher Siedlungen, sowie eine Schallüberlagerung mit dem Verkehrslärm der A4 und dem Lärm, den die Einflugschneise des Dresdner Flughafens mit sich bringt, kann nicht ausgeschlossen werden.

 

Straßenverkehrsstrecke OU Colditz

Die vorgesehene OU Colditz beeinträchtigt mehrere Natura-2000-Gebiete (Anzahl: drei) und zerschneidet bisher unzerschnittene Großräume. Zu dem liegt eine besondere Umweltbeeinträchtigung durch den vorgesehenen Neubau einer Mulden-Brücke vor. Es ist daher die vorgenommene Einschätzung der Umweltbetroffenheit von „mittel“ auf „hoch“ zu ändern, die sich auf die Bedarfsbewertung des Vorhabens auswirken muss. Zudem ist zu beachten, dass die städtebauliche Relevanz nur sehr gering ist und den Bedarf nicht rechtfertigen kann. Es ist daher das Vorhaben aus dem BVWP-Entwurf zu streichen.

 

Straßenverkehrsstrecke OU Freiberg

Das Vorhaben wird entgegen den Darstellungen des BVWP-Entwurfs im PRINS als fest disponiertes Vorhaben dargestellt. Hier ist klarzustellen, dass die Ausführungen und Einschätzungen nicht den Tatsachsen entsprechen. Das Vorhaben ist zwar planfestgestellt, jedoch wurde der Planfeststellungsbeschluss aufgrund zahlreicher Defizite im Habitat- und Artenschutzrecht vom Bundesverwaltungsgericht für nicht vollziehbar erklärt. Aufgrund der hohen Umweltbeeinträchtigen und der unzureichenden Alternativenuntersuchung, ist das Vorhaben aus Kategorie vordringlicher Bedarf zu streichen. Weiterhin defizitär sind die Darstellungen zur Umweltbetroffenheit, die nicht dargestellt werden, da das Vorhaben bereits abschließend planfestgestellt sein soll, was nicht den Tatsachen entspricht. Vielmehr ist erst vor kurzem eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt worden, die zeigt, dass das Vorhaben der Ortsumgehung aufgrund erheblicher Beeinträchtigungen des Naturhaushalts nicht genehmigungsfähig ist. Weiterhin ist es unzutreffend, dass die Umweltbetroffenheit des Gesamtprojektes Neubau und Ausbau B101 nur als „mittel“ eingeschätzt wurde. Aufgrund der großflächigen Zerschneidung und dem Verlust von prioritären Lebensraumtypen nach der FFH-RL sowie Verstößen gegen verschiedene artenschutzrechtliche Bestimmungen, ist es nicht gerechtfertigt, die Umweltbetroffenheit nur als mittel einzuschätzen. Es besteht der Eindruck, dass hier Umweltbelange wider besseres Wissen nur eine untergeordnete Rolle spielen und teilweise völlig vernachlässigt werden, was die Bewertung des Vorhabens fehlerhaft macht.

Weiterhin ist auch der Bedarf der angegebenen Trassierung und Neubauvariante nicht gegeben. Eine signifikante Verkehrsentlastung der Stadt Freiberg durch den Bau des Teilabschnittes Ost der Ortsumgehung kann nicht aus den Unterlagen (Verkehrsprognose 2025) entnommen werden, selbst wenn es der Vorhabensträger anders darstellen möchte. Im Ergebnis gibt es lediglich Verlagerungen der innerstädtischen Verkehrsströme, teilweise unter deutlicher Zunahme von Belastungen (B 101 zwischen Wasserberggebiet und Kreuzung B 101/173). Die geringe Abnahme des Verkehrs der B 173 im Bereich Kreuzung B 101/B 173 bis östlicher Ortsgrenze, welche der Wirkung der östlichen Ortsumfahrung zuzuschreiben ist, rechtfertigt diese ebenfalls nicht. Diese Einschätzung wird weiter untermauert, wenn man davon ausgeht, dass die prognostizierte allgemeine Verkehrserhöhung im Großraum Freiberg nicht eintreten wird. Dies lässt sich beispielhaft bei der prognostizierten Verkehrsbelastung auf der B 101 in Höhe Häuersteig (21.000 Kfz/24h) beweisen. Die dortige Dauerzählstelle zeigt, dass bereits seit 2003 der Verkehr ab- statt zunimmt. Im Jahr 2003 lag die Belastung bei 17.159 Kfz/24 h, im Jahr 2014 bei 15.491 Kfz/24 h, neuere Daten liegen noch nicht vor.
Dass mit geringeren Verkehrsströmen zu rechnen ist, legt auch die Einwohnerentwicklung nahe: 1989 lebten noch mehr als 50.000 Menschen in Freiberg, heute sind es nur noch rund 40.000, wobei in den 90er Jahren beträchtliche Eingemeindungen stattgefunden haben, der tatsächliche Bevölkerungsrückgang also noch größer ist.

 

Im Detail sieht das für den Bereich B 101 Häuersteig wie folgt aus (Angaben DTVW):

Dauer-Zählstelle Häuersteig 2014[1]: 15.491

Manuelle Verkehrszählung 2010 (Zählstelle 50461115) 4: 15.900

Analyse Ist-Zustand 2010 (SBC)[2]: Zahl wird in den Unterlagen nicht angegeben

Prognose 2025 (SBC) 4: 21.000

Prognose 2030 ohne Ortsumgehung (Verkehrsentwicklungsplan Freiberg)[3]: keine Ausgangszahl, nur Differenz zur Ist-Zahl: –300*
* je Kfz/24 h

 

Eine Erhöhung auf 21.000 Kfz/24 h an dieser Stelle ist angesichts großräumiger Betrachtung weiterer neuer Verkehrsprojekte unwahrscheinlich, entsprechende Zunahmen der weiteren Verkehrsströme ebenfalls nicht. Diese Feststellung wird bestätigt durch die neueste Verkehrsverflechtungsprognose 2030 des Bundes, die für Mittelsachen (und damit für den Großraum Freiberg) einen weiteren Rückgang des Kfz-Verkehrs von 10 % prognostiziert, wobei auch für das regionale Straßengüteraufkommen keine Erhöhung erkannt wird. Eine weitere Bestätigung findet sich im als Entwurf vorliegenden Verkehrsentwicklungsplan für die Stadt Freiberg (VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH, Dezember 2015), in welchem bis 2030 ebenfalls ein Rückgang der Verkehrsbelastung um bis zu 10 % auf Frauensteiner Straße, Chemnitzer Straße und Halsbrücker Straße prognostiziert wird.

 

Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass der Verkehr in und um Freiberg abnimmt und nicht steigt. Der geringer werdende Verkehr lässt sich mit zumutbaren, stadtnahen Alternativen aufnehmen. Und es sind keine zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher wirtschaftlicher und sozialer Art gegeben, welche die Umsetzung des Projektes bedingen würden.

 

Zudem sind zumutbare Alternativen zur vorgesehenen Trassenführung gegeben.

Wie bereits in der Stellungnahme des Jahres 2008 (Grüne Liga e.V. und BUND Landesverband Sachsen e.V.) ausgeführt, ist eine Trassenführung insbesondere über das Weco-Gelände (und weiterführend über das Freiberger Muldental) nicht erforderlich. Der gemeinsame Variantenvorschlag des BUND Landesverbandes Sachsen e.V. und der Grünen Liga Sachsen e.V. hatte das Ziel, so nah wie möglich am Bebauungsrand Freibergs wieder auf die B 173 einzubinden. Die durch den Vorhabensträger nunmehr als Variante 8 vorgelegte Linie entfernt sich von dem Trassenvorschlag mit dem Ergebnis einer größeren Zerschneidung des Außenbereichs und damit des Zauneidechsen-/Schlingnatterhabitats. Die Trassengrundsätze, welche zu dieser Linie führten, sind uns nicht bekannt. Es ist hierbei jedoch festzustellen, dass die strikte Einhaltung trassierungstechnischer Grenzparameter nicht zwingend, sondern einem Ermessensspielraum unterworfen ist (siehe RAL, Abschnitt 1.2). So können z.B. der Kurvenradius und die zulässige Längsneigung aus verschiedenen Gründen (z.B. auch Artenschutzgründe) unterschritten werden. Auch lassen sich geringere Radien durch Geschwindigkeitseinschränkungen erreichen. Im Übrigen werden auch im weiteren Verlauf der B 173 (auch außerhalb des Halsbacher Berges) Trassierungsparameter nicht eingehalten. Variante 8 lässt sich also weiter hinsichtlich der Vermeidung von Tötungstatbeständen optimieren und könnte dann eine Alternative zur Planung des Vorhabensträgers darstellen.

Auch im Verkehrsentwicklungsplan 2030 der Stadt Freiberg werden aktuell Alternativen diskutiert, die eine Entlastung der Innenstadt und die Anbindung der östlichen Gewerbegebiete ohne Ortsumgehung beinhalten. Die darin entwickelten Verkehrsanbindungen zwischen Häuersteig und Frauensteiner Straße (Bau eines Teilstücks auf der Linie der OU als Südspange) und – fortführend auf dem Gelände der ehemaligen Bahntrasse – zum Gewerbegebiet Reiche Zeche/Davidschacht – stellen sowohl in städtebaulicher als auch finanzieller Sicht machbare Alternativen dar. Sie setzen dort an, wo die tatsächlichen Verkehrsprobleme Freibergs liegen (Binnenverkehr, Quell-Ziel-Verkehr, Güterverkehr in und aus den Gewerbegebieten). Weiterhin wurde analysiert, dass das Angebot des ÖPNV ausgeweitet werden muss, um Pendlerbewegungen besser aufzunehmen und damit den Individualverkehr zur Berufszeit zu verringern.

Zusammenfassend kann eingeschätzt werden, dass es zumutbare Alternativen zu dem geplanten Vorhaben gibt, die bereits von den Verantwortlichen der Stadt Freiberg zur Umsetzung ins Auge gefasst werden.

 

Zusammenfassung

Der BVWP-Entwurf wird vom BUND Sachsen entschieden abgelehnt. Hier wird die Chance vertan, den Grundstein für ein nachhaltiges und am tatsächlichen Bedarf orientiertes Verkehrsnetz in Deutschland zu legen. Es lässt sich eine Vielzahl von Defiziten feststellen. So führt der vorgesehene Entwurf zu Verstößen gegen höherrangiges EU-Recht und genügt den eigenen Zielstellungen des BMVI und der Bundesregierung nicht. Ökologische Belange werden nur sehr unzureichend im Entwurf berücksichtigt und werden in dem vorgesehenen Planungszeitraum zu einer Verschlechterung der Lebensbedingungen des Menschen, zu einer weiteren Verschärfung der Klimaproblematik, zum weiteren Rückgang der biologischen Vielfalt und zur Perpetuierung weiterer Umweltprobleme wie z.B. im Falle der gestörten Stickstoffkreisläufe führen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer

 

 


[2] PTV-Group, Verkehrsplanerische Untersuchung vom 23.12.2013, Anlagen

[3] Verkehrsentwicklungsplan Freiberg 2030

 

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