3. März 2016
Stellungnahme zur 3. Fortschreibung des Nahverkehrsplanes des ZVMS
Sehr geehrte Damen und Herren,
anhand des Streckenabschnitts Chemnitz – Aue möchten wir, der BUND Landesverband Sachsen e.V. nachfolgend BUND, die im Nahverkehrsplan getroffenen planerischen Entscheidungen bewerten und ergänzen.
Der Streckenabschnitt Chemnitz – Thalheim soll bis Ende 2018 an das Chemnitzer Model angeschlossen werden. Im Nahverkehrsplan wird davon ausgegangen, dass sich dadurch die Attraktivität des Streckenabschnittes erhöht und mit höheren Fahrgastzahlen gerechnet wird. Aus diesem Grund wird eine Verkürzung der Taktfrequenz von 60 min in den Hauptzeiten auf 30min angestrebt.
Der BUND begrüßt alle Maßnahmen, die den ÖPNV und SPNV an die hohen Anforderungen einer modernen Mobilität anpassen, um somit seiner Aufgabe eine ökologische Alternative zum überwiegend vorherrschenden Individualverkehrs gerecht zu werden.
Die geplante Anbindung an das Chemnitzer Modell, mit einer entsprechenden kürzeren Taktfrequenz und der damit verbundenen Anbindung an den innerstädtischen Nahverkehr der Stadt Chemnitz wird nicht nur die Technische Universität Chemnitz mit dem Umland besser verbinden (attraktiv für Studenten, Schüler, Schulen, Angestellte der TU Chemnitz), sondern erleichtert auch die Erreichbarkeit anderer beruflicher und schulischer Ziele, Kultur- und Einkaufsstätten aus dem Umland.
Mit dieser Maßnahme wird der Nahverkehrsplan den aufgezeigten Leitlinien und Zielen des ZVMS in Bezug auf
- seiner Daseinsvorsorge,
- der Barrierefreiheit,
- des Standortfaktors „Chemnitz“ und
- seiner ökologischen Verantwortung
gerecht.
Leider kann man dies nicht für den ebenfalls zu diesem Streckenabschnitt gehörenden Teilabschnitt Thalheim – Aue, insbesondere Zwönitz – Aue sagen.
Auf dieser Relation soll zukünftig unter dem Hauptargument der ökonomischen Nachhaltigkeit und dem erklärten Ziel der Eigenfinanzierung und Dritt-Mittel Unabhängigkeit des ZVMS der Zugverkehr weiter eingeschränkt bzw. nicht wieder bestellt werden. Die ebenfalls aufgeführte Schnellbuslinie Aue –Chemnitz kann allenfalls als zusätzliche Maßnahme gesehen werden, nicht aber eine barrierefreie und Radfahrer freundliche Zugverbindung ersetzen.
Hauptkritikpunkt des BUND sind fehlende Visionen und aufgeführte exemplarische Maßnahmen, wie dieser Streckenabschnitt attraktiver gestaltet werden kann. (Diese Betrachtung kann auch auf andere nicht als ökonomische dargestellten Streckenabschnitte des Nahverkehrsplanes angewandt werden.)
Der BUND Landesverband Sachsen e.V. sieht folgendes Verbesserungspotential um die Nutzerfreundlichkeit und somit die Attraktivität zu erhöhen und fordert eine weitere Untersuchung diesbezüglich:
- Verkürzung der Fahrzeit und Taktfrequenzen (von jetzt 120 min wieder zurück auf 60 min) in den Hauptverkehrszeiten
- Prüfung des Einsatzes kleinerer (und damit eventuell kostengünstigere Fahrzeuge)
- Ausbau der Radmitnahme (schon jetzt reichen an Ausflugswochenenden die Radkapazitäten nicht)
- Untersuchung auf bessere Vermarkung touristischer Ziele für aktive Freizeitgestaltung, wie das attraktive Tschechische Radwandernetz, die Wanderregion Erzgebirgskamm auf deutscher und tschechischer Seite, Anbindungen an regional, überregionale und internationale Radwege, wie Karlsroute, Egertal-Radweg, Naab-Radweg, Donau-Radweg
- Anbindung an Sportveranstaltungen (Aue und Chemnitz)
- Standartfaktor Zwickau (Zwickau wäre für Anlieger der jetzigen Bahnstrecke Thalheim- Aue nur noch über Chemnitz erreichbar!
- Verbesserung der Erreichbarkeit der Standorte Zwickau Chemnitz in den Abendstunden (Erreichbarkeit und Rückfahrtmöglichkeit nach Kulturveranstaltungen)
Mit dem Wegfall oder weiteren Einschränkung des Streckenabschnittes Thalheim – Aue verliert die Region weiterhin an Attraktivität. Die im Nahverkehrsplan aufgezeigte demografische Entwicklung ist nicht die einzige Ursache, warum in den nächsten Jahren mit einer geringeren Nachfrage gerechnet wird.
Ein weiterer Aspekt ist die urbane Sogwirkung. Diese wird mit einer Verschlechterung der Erreichbarkeit der Ober – und Mittelzentren in der Region noch zunehmen. Vor allem Menschen mit guter Ausbildung und einem umweltbewussten Lebensansatz werden die Region weiter verlassen und die verbleibende Bevölkerung wird verstärkt auf eine individuelle Anbindung der Ober- und Mittelzentren angewiesen sein.
Dieser Entwicklung entgegenzuwirken ist eine wichtige Aufgabe der infrastrukturellen Planungen zu der der vorliegende Nahverkehrsplan zweifelsohne gehört.
Ebenfalls nicht abnehmen wird der Erholungsdruck auf touristische Ziele in nächsten Jahren. Hier hat die Urbanisierung eine entgegengesetzte Wirkung. Immer mehr Menschen suchen in ihrer Freizeit eine Erholungsmöglichkeit in der Natur.
Kann der ZVMS keine Angebote für eine ökologische Erreichbarkeit touristischer Kurzziele bieten, wird auch hier der Individualverkehr weiter zunehmen und somit auch der Druck, in der Regionen neue Verkehrswegen oder Parkflächen usw. zu erschließen.
Neben der Zunahme der Umweltbelastung spricht vor allem die Zunahme des Versiegelungsgrades gegen den neuen Ausbau von Parkflächen und Straßen. Um die im Landesentwicklungsplan in Bezug auf die Flächenversieglung gesteckten Ziele zu erreichen, muss diesem Scenario in jeden Fall entgegengewirkt werden!
Der vorliegende Nahverkehrsplan beantwortet nicht die Frage wie Mobilitätsangebote aussehen müssen um
- attraktive Arbeitsstandorte ökologisch erreichen zu können
- um eine aktive Freizeitangebote zu haben
- um Bildungs- und Kultureinrichtungen leicht erreichen zu können?
Schafft es die infrastrukturelle Planung nicht, Antworten auf diese Zukunftsprobleme zu finden, werden an anderer Stelle für die Schadensbegrenzung eines immer bevölkerungsschwächeren Umlandes immer höhere Beträge aufgebracht werden müssen.
Zum Beispiel für die Aufrechterhaltung der Wasser – und Abwasserversorgung, der Schulstandorte oder der Gesundheitsversorgung, um nur eine Probleme aufzuführen. Das nur als ein Argument gegen angestrebte Drittmittelfreiheit, auch wenn der ZVMS hier nur sehr geringe Einflussmöglichkeiten hat.
Mit der Nichtbestellung ganzer Streckenabschnitte oder dem Ersatz von SPNV-Verbindungen mit PLUSBus-Linien wird die schon erreichte Barrierefreiheit zum Teil wieder aufgegeben. Nicht nur Menschen mit einem Handicap, auch für Kinderwägen und Fahrrädern wird die Mitnahme erschwert bzw. unmöglich. Dieser Rücknahme der steht einer besseren Inklusion unserer Gesellschaft entgegen und ist abzulehnen!
Aus diesem hier aufgeführten Gründen wird der vorliegende Nahverkehrsplan für die Erzgebirgsregionen seiner Aufgabe nicht gerecht und muss dringend nachgebessert werden. Eine Nichtbestellung der aufgeführten Linienabschnitte insbesondere des Abschnittes Zwönitz – Aue, aber auch anderer Streckenabschnitte im Erzgebirge ist abzulehnen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer
Diese Stellungahme als PDF