8. April 2015
Stellungnahme zum Neubau einer Erdgashochdruckleitung DN150 PN25 / Kundenanschluss Schöller-Technocell GmbH Penig
Sehr geehrte Frau Walter,
der BUND Landesverband Sachsen e.V. bedankt sich für die Beteiligung durch Gewährung der Möglichkeit zur Stellungnahme im vorliegenden Genehmigungsverfahren.
Wir geben dazu folgende Stellungnahme ab:
Der Neubau einer Erdgashochdruckleitung im LSG „Mulden- und Chemnitztal“ wird abgelehnt.
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Fragliche Form des Genehmigungsverfahrens
Aus dem Bekanntmachungsschreiben vom 27.02.2014 sowie aus den beigebrachten Unterlagen ist nicht ersichtlich, welches rechtliche Genehmigungsverfahren für den Bau der Leitung durchgeführt werden soll. Als rechtliche Grundlage werden im Landschaftspflegerischen Begleitplan lediglich die naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungen genannt.
Unzureichend beigebrachte Unterlagen nach § 17 Abs. 4 BNatSchG
Den übermittelten Planunterlagen (Landschaftspflegerischer Begleitplan) fehlt es an einer ausführlichen Beschreibung des Vorhabens. Wesentliche Parameter, wie bspw. Umfang und Länge der Erdgasleitung, fehlen den beigebrachten Unterlagen. Damit ist es unsererseits nicht möglich zu prüfen, ob das Vorhaben einer UVP-Pflicht unterliegt (Anlage 1 zum UVPG, Nr. 19 ff.). Wir fordern daher den Vorhabenträger zunächst einmal auf, seiner Pflicht zur Darstellung der wesentlichen Merkmale und Auswirkungen des Vorhabens nachzukommen. Ggf. ist die Betrachtung auf die Schutzgüter Mensch, Wasser, Boden, Klima und Luft sowie Kultur- und Sachgüter zu erweitern.
Wir vermissen Ausführungen zu den untersuchten zumutbaren Alternativen auf Seiten des Vorhabenträgers. Wir werfen daher die Frage auf, ob das Vorhaben (Erdgasanschluss der Firma Schöller-Technocell GmbH) nicht auch verwirklicht werden kann, ohne einen Eingriff in hoch sensible Schutzgebiete (LSG, FFH-Gebiet, SPA-Gebiet) vorzunehmen. Die erforderliche Untersuchung von zumutbaren Alternativen (auch einem anderen Ort) ergibt sich aus § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG.
Weiterhin sind die angegebenen Wirkfaktoren (LBP S. 18) unvollständig angegeben. Zu den baubedingten Wirkfaktoren sind die Vergrämungswirkung in Hinsicht auf Tiere sowie die Bodenversieglung in Folge der Errichtung von Fundamenten für die geplante Leitung zu ergänzen. Fehlende angegebene anlagebedingte Wirkfaktoren sind weiterhin der Verlust von Retentionsraum am Gewässer Zwickauer Mulde sowie die Zerschneidungs- u. Barrierewirkung der geplanten Leitung. Daneben erachten wir auch die betriebsbedingten Wirkfaktoren als umfangreicher, als in den Planunterlagen angegeben. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass für eine mögliche Wartung der Leitung auch eine entsprechende Freihaltung der Fläche von Vegetationsbeständen notwendig ist. Somit ist betriebsbedingt mit weiteren Eingriffen in das FFH-Gebiet und des SPA-Gebietes zu rechnen.
Vorliegen eines Eingriffs nach § 14 BNatSchG, § 9 Abs. 1 BNatSchG
Wir halten die im LBP vorgenommene Feststellung, dass durch das Vorhaben mit keinen erheblichen Beeinträchtigungen der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes zu rechnen ist, für unzutreffend und fehlerhaft. Das Vorliegen eines Eingriffs wird im Rahmen des LBP unter dem Verweis verneint, dass die Beeinträchtigung nicht erheblich sei. Eine erhebliche Beeinträchtigung ist jede nicht völlig unwesentliche Beeinträchtigung von Natur und Landschaft (VGH Mannheim NuR 1981, 132; OVG Koblenz NuR 1987, 275). Vorliegend sollen flächenhaft Rodungen in einem Waldgebiet vorgenommen werden, das mehreren Schutzregularien (LSG, FFH, SPA) unterworfen ist. Es ist offensichtlich, dass durch das geplante Vorhaben erhebliche Beeinträchtigungen auf die Leistungs- und Funktionsfähigkeit ausgehen, da hier ein nicht unwesentlicher Teil zerstört wird. Es handelt sich daher nicht um eine unwesentliche, sondern um eine erhebliche Beeinträchtigung. Es liegt ein Eingriff i. S. d. § 14 BNatSchG u. § 9 Abs. 1 SächsNatSchG vor.
Unvereinbarkeit mit Erhaltungszielen des SPA-Gebietes „Tal der Zwickauer Mulde“
Gem. dem Erhaltungsziel des Schutzgebietes ist ein günstiger Erhaltungszustand der Populationen der im Gebiet vorkommenden, relevanten Vogelarten zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Weiterhin ist eine ausreichende Vielfalt, Ausstattung und Flächengröße ihres Lebensraums und ihrer Lebensstätten zu erhalten oder wieder herzustellen. Durch den geplanten Bau der Erdgasleitung kommt es zu umfangreichen Rodungen im Waldgebiet (2.030 m² + 7 Einzelbaumfällungen). Dadurch werden nicht nur die Nist- und Rastplätze der verschiedenen Vogelarten zerstört, sondern es ist insgesamt mit einem nicht nur geringfügigen Verlust ihres Lebensraums zu rechnen. Daher ist aus unserer Sicht von einer Unvereinbarkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des SPA-Gebietes auszugehen, da die Ausstattung und Flächengröße des Lebensraums gerade nicht erhalten oder wiederhergestellt wird, sondern eher verkleinert und zerstört wird. Des Weiteren ist aufgrund des beabsichtigten Zeitraums der Errichtung der Leitung, mit einer Kollision des Vorhabens mit Fortpflanzungs- und Brutzeiten von Vögeln zu rechnen. Eine entsprechende Kollision bedarf daher einer eingehenden Untersuchung. Eine entsprechende Untersuchung kann dem LBP nicht entnommen werden.
Erhebliche Beeinträchtigung geschützter Biotope gem. § 30 BNatSchG
Wir halten die Verbote aus § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG durch das geplante Vorhaben für verletzt. Demnach sind Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigungen führen können. Der Bereich um den Goldbach ist als gesetzlich geschütztes Biotop i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG zu werten. Es handelt sich um einen natürlichen bzw. naturnahen Bereich eines Fließgewässers. Geschützt sind auch die Ufer und die dazugehörige uferbegleitende natürliche und naturnahe Vegetation. In diesem Bereich sind umfangreiche Rodungsarbeiten geplant, die eine erhebliche Beeinträchtigung des geschützten Biotops nach sich ziehen. Die Errichtung einer Erdgasleitung führt weiterhin zu einer Verminderung der ökologischen Wertigkeit. Insbesondere wird die Naturnähe des Gebietes verringert.
Bauvorhaben in Überschwemmungsgebiet
Mit der geplanten Errichtung der Erdgasleitung werden auch Überschwemmungsgebiete der Zwickauer Mulde in Anspruch genommen. Wir halten daher die §§ 76 ff. WHG für anwendbar. Nach § 78 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WHG ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 BauGB in festgesetzten Überschwemmungsgebieten untersagt. Ausnahmen gem. § 78 Abs. 3 S. 1 WHG sind nur nach Prüfung der Voraussetzungen nach § 78 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 – 4 WHG zulässig. Der Vorhabenträger hat daher den Nachweis zu erbringen, dass das Vorhaben keine Nachteile in Hinblick auf den Hochwasserschutz hat. Ggf. hat er entsprechende Ausgleichsmaßnahmen für den Verlust von Retentionsraum zu erarbeiten.
Die Genehmigung des Vorhabens ist aus unserer Sicht zwingend zu versagen. Eine Ausnahme i. S. v. § 33 Abs. 1 S. 2 BNatSchG ist nicht zu erteilen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer
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