3. Dezember 2014

Stellungnahme zum Bebauungsplan Gewerbegebiet „Auerswalder Höhe IV“ - Hier: Frühzeitige Beteiligung

Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Landesverband Sachsen e.V. bedankt sich für die Beteiligung im o.g. Verfahren.

Für die im weiteren Verfahren erforderliche Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB bitten wir folgende Aspekte der Umweltauswirkungen des Vorhabens herauszuarbeiten:

Vorbemerkung

Es ist uns nicht bekannt, ob und in welcher Art/auf welcher Ermittlungsgrundlage für die bisher genehmigten Baubauungspläne Auerswalder Höhe I und II Eingriffs-Ausgleichs-Maßnahmen festgesetzt wurden und ob und in welcher Art diese bereits umgesetzt wurden. Auch die vorliegenden Unterlagen geben vorerst keine Auskunft darüber. Es ist daher die Umsetzung des Eingriff-Ausgleichs für die seit 2005 vorgenommenen Eingriffe in Natur und Landschaft nachvollziehbar darzustellen. Sollte sich ein Defizit bei der Kompensation des bereits bestehenden Gewerbegebietes ergeben, ist darzulegen, wie diese seit Jahren aufgelaufene „Schuld an der Natur“ ausgeglichen werden soll.

Die Ermittlung des erforderlichen Eingriffs-Ausgleiches für den vorliegenden Bebauungsplan ist entsprechend § 15 Abs. 1 und 2 BNatSchG an den beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts zu orientieren. Demnach ist eine Beeinträchtigung ausgeglichen, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Die pauschale Anwendung einer „Berechnungstabelle“ wie z.B. die „Handlungsempfehlung zur Bewertung und Bilanzierung von Eingriffen im Freistaat Sachsen“ ersetzt dabei nicht die fachliche Ermittlung. Dies gilt insbesondere für die Ermittlung der Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts im Gebiet durch Versiegelungen und Teilversiegelungen (siehe Punkt Umweltauswirkungen).

Umweltauswirkungen

Das ca. 15,5 ha große Vorhaben (Bebauungspläne I und II sowie angestrebte Erweiterung) geht mit einer erheblichen Versiegelung/Teilversiegelung bisher unversiegelten Bodens einher. Neben der unwiederbringlichen Beseitigung von belebtem Boden bewirken Bodenversiegelungen vor allem, dass auftreffende Niederschläge nicht versickern können. Dies führt sowohl zu einem Wasserdefizit bei der Grundwasserneubildung als auch zu Problemen beim Wasserabfluss bei Starkniederschlägen. Die erheblichen Schäden, welche in den vergangenen durch Starkniederschläge und dadurch ausgelöste Hochwasserereignisse auch in der Region Chemnitz/Auerswalde hervorgerufen wurden, sollten mittlerweile alle Beteiligten für das Thema sensibilisieren. Zahlreiche punktförmige Einleitungen, wie sie auch aus sogenannten Regenrückhaltebecken in Bäche und Flüsse abgegeben werden, erhöhen die Hochwasserwelle zusätzlich. Bei längeren und starken Niederschlägen haben derartige Becken (und andere technische Rückhalteeinrichtungen) zudem kaum noch eine Drosselwirkung. Gleichzeitig verhindern sie regelmäßig, dass im Gebiet auftreffender Niederschlag vor Ort versickern kann. Sie sind daher bestenfalls eine mögliche Minderungsmaßnahme, können jedoch nicht als Kompensationsmaßnahme für Eingriffe in den Wasserhaushalt angerechnet werden.

Um im Sinne des Wasserhaushalts leistungsfähige Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen zu ermitteln, ist daher bei der Umweltprüfung explizit folgendes herauszuarbeiten:

  • Darstellung der Wasserbilanz des Baugebietes vor der Bebauung, im Ist-Zustand sowie im Plan-Zustand, dabei jeweils Berechnung über die Flächennutzung und die entsprechenden Abflussbeiwerte

  • Darstellung der Wasserbilanz der Eingriffs-Ausgleichs-Maßnahmen, dabei Berechnung über die Flächennutzung und die entsprechenden Abflussbeiwerte

  • Darstellung und Berechnung geplanter technischer Minderungsmaßnahmen, welche den Wasserrückhalt im Gebiet verstärken könnten (z.B. Rigolensysteme)

  • Ermittlung der Gesamt-Wasserbilanz vorher-nachher

  • Darstellung, ob mit den geplanten Kompensationsmaßnahmen eine ausgeglichene Wasserbilanz im Gebiet erreicht werden kann. Wenn nicht, ist der Eingriff nicht ausgeglichen.

  • Darstellung der Umweltauswirkungen im Falle eines „Überlaufens“ der technischen Rückhaltemaßnahmen unterhalb der Becken.

Daneben sind natürlich die Auswirkungen des Bebauungsplanes auf Menschen (Lärm), Pflanzen und Tiere zu untersuchen, wobei der Unterbrechung des Biotopverbundes besonders Rechnung zu tragen ist.

Artenschutzprüfung

Es ist eine Artenschutzprüfung durchzuführen.

Mit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes (2007) wurde mit den §§ 42 und 43 BNatSchG a. F. das Artenschutzrecht an die europarechtlichen Vorgaben angepasst. Mit der Neufassung des BNatSchG 2009 wurde dieses im Wesentlichen in die §§ 44 und 45 übernommen. Ziel ist, die ökologische Funktion der vom Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten bestimmter Arten, sofern deren Beseitigung unvermeidbar ist, mindestens im räumlichen Zusammenhang zu erhalten; dies kann auch durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen sichergestellt werden (§ 44 Abs. 5 Sätze 2 und 3 BNatSchG).

Zum Umfang der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung gehören alle europäisch geschützten Arten (Anhang IV FFH-RL, Vogelschutz-RL) sowie Arten einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 2 BNatSchG (sog. ‚Verantwortungs‘-Arten). In letztgenannter Bestimmung können Arten unter besonderen Schutz gestellt werden, soweit es sich um natürlich vorkommende Arten handelt, die in ihrem Bestand gefährdet sind und für welche die Bundesrepublik Deutschland in hohem Maße verantwortlich ist. Die Vorschrift des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfasst derzeit nur die europarechtlich geschützten Arten, da eine Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG noch nicht existiert.

Bei den artenschutzrechtlichen Verboten handelt es sich um zwingendes Recht, welches der planerischen Abwägung nicht zugänglich ist.

Für die planerische Bewältigung bedeutet das, dass zum frühestmöglichen Zeitpunkt in der Bauleitplanung gemäß § 4 Abs. 1 BauGB) in Form einer Artenschutzprüfung Hinweise zum Vorkommen solcher Arten nach § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG insbesondere von den Naturschutzbehörden eingeholt und bewertet werden müssen.

Wir bitten um weitere Beteiligung im Verfahren.

Mit freundlichen Grüßen


Petra Weinschenk

i.A. des Landesvorstandes

 

 

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