6. Juni 2017
Stellungnahme zur Funktionserweiterung der Schleuse Connewitz
Von: BUND Sachsen
Ihre Email vom 11.05.2017
Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Schmoll,
der BUND Landesverband Sachsen e. V. bedankt sich für die Beteiligung zum o. g. Verfahren sowie für die Übermittlung der Planunterlagen und nimmt hierzu wie folgt Stellung:
Dem Vorhaben kann in seiner derzeitigen Form nicht zugestimmt werden.
Begründung:
Geplant ist die Erweiterung des Betriebsgebäudes am Connewitzer Wehr/Schleuse. Das Betriebsgebäude der Schleuse Connewitz soll Funktionsräume für das Schleusenpersonal einschließlich einer teilöffentlichen Toilette für das Personal sowie für Menschen mit Behinderung ergänzt werden. Diese ist zwar grundsätzlich so konzipiert worden, dass diese durch die Nutzer selbst bedient werden kann, allerdings kommt es laut Planunterlagen auch immer wieder zu Störungen des reibungslosen Ablauf der Schleusentätigkeit, die die Präsenz von Schleusenwärtern nötig machen soll.
Der Vorhabenträger (Amt für Stadtgrün und Gewässer, Stadt Leipzig) geht entsprechend seines beauftragten rechtswissenschaftlichen Gutachten sowie der in Auftrag gegebenen FFH-Verträglichkeits-Vorprüfung davon aus, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist und dem keine Rechtsvorschriften entgegenstehen. Dem ist das Amt für Umweltschutz offenbar entgegengetreten und hat eine Befreiung vom Bauverbot im Überschwemmungsgebiet versagt. Wir erlauben uns die Anmerkung, dass die Meinungsverschiedenheiten der beiden Ämter doch ein wenig kurios angesichts des verhältnismäßig kleinen Vorhabens im Vergleich zu den sonstigen Vorhaben im Rahmen des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes erscheinen. Wir wären sehr erfreut, wenn auch die weiteren (zukünftigen) Bauvorhaben im Leipziger Auwald so kritisch gesehen und geprüft werden, wie das Vorliegende.
Zunächst weisen wir auf die Lage des Vorhabens im festgesetzten Überschwemmungsgebiet hin. Durch die zusätzliche Versiegelung (sei sie auch noch so gering) geht ein Rückhalteraum verloren, zudem stellt die erweiterte Anlage ein Abflusshindernis im Extremhochwasserfall dar. Es gilt somit das Verbot gem. § 78 Abs. 1 Nr. 2 WHG. Abweichend von § 78 Abs. 1 Nr. 2 WHG kann nur nach § 78 Abs. 3 WHG entschieden werden. Wenn man annimmt, dass hier die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt ist, so ist der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum zeitgleich auszugleichen, was vorliegend nicht der Fall ist, da keine Kompensationsmaßnahmen für den Verlust des Rückhalteraums beabsichtigt sind. Der Einwand des Vorhabenträgers, es handelt sich um eine Betriebseinrichtung der Schleuse geht fehl, da die Schleuse gerade durch die Nutzer selbst bedient werden soll (vollautomatisiert). Es wäre demnach auch weiterhin möglich, die Schleuse bei Abwesenheit eines Schleusenwarts zu betreiben und dieser ist für den Betrieb nicht notwendig, auch wenn sein Einsatz eine Hilfe für die Nutzer darstellt und letztlich den ordnungsgemäßen Betrieb fördert. Sollte die Schleuse zukünftig nicht mehr vollautomatisiert betrieben werden, wäre eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses notwendig. Einer Befreiung von den wasserrechtlichen Verboten kann nur erteilt werden, wenn ein Ausgleich für den Verlust des Rückhalteraums erfolgt. Zudem ist zu beachten, dass der Gewässerrandstreifen gem. § 38 WHG grundsätzlich frei zu halten ist. Diese Vorschrift schließt auch explizit naturschutzfachliche („ökologische Funktion“) Aspekte neben dem Hochwasserschutz ein.
Was den weiteren Vortrag des Vorhabenträgers in Bezug auf das Vorliegen eines naturschutzfachlichen Eingriffs anbelangt, muss dem widersprochen werden. So soll kein Eingriff nach § 14 BNatSchG vorliegen, was in der Folge dazu führt, dass keine Kompensation des Eingriffs beabsichtigt ist. Die Erweiterung des Schleusenhauses stellt klar einen Eingriff in Natur und Landschaft dar, da hierdurch eine Veränderung der Gestalt oder der Nutzung der belebten Grundflächen einhergeht. Dass es sich um eine Rasenfläche handelt ist unerheblich, da auch sie natürliche Bodenfunktionen erfüllt. Durch die Erweiterung wird eine Neuversiegelung hervorgerufen, die auch aufgrund der Lage am Wasser Auswirkungen auf die Wanderbeziehungen von geschützten Arten (Biber und Fischotter) haben kann. Daneben liegt eine Nutzungsänderung vor, da die zweckgerichtete menschliche Nutzung einer Grundfläche geändert wird (Mühlbauer in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Auflage 2013, § 14 Rn. 15). Der Eingriff ist auch nicht als unerheblich zu werten. Eine erhebliche Beeinträchtigung ist jede nicht völlige unwesentliche Beeinträchtigung von Natur und Landschaft, nur kurzfristige Eingriffe ohne lang andauernde Folgewirkungen werden in der Regel nicht erheblich sein (Mühlbauer in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Auflage 2013, § 14 Rn. 23 m.N. der Rspr.). Unwesentlich ist der Eingriff schon aufgrund seiner Lage im FFH-Gebiet und der dauerhaften Versiegelung nicht. Es ist festzustellen, dass das rechtswissenschaftliche Gutachten des Vorhabenträgers auf eine völlige Schutzlosstellung des betroffenen Schutzgebietes hinausläuft, was angesichts der Besonderheit des Gebietes als Auwald von europäischer Bedeutung unverständlich ist.
Zudem wird das Landschaftsbild bereits durch die bestehende Anlage beeinträchtigt und diese Beeinträchtigung wird durch die Erweiterung auch nicht geringfügiger. So gesehen halten wir es für angebracht, die Erweiterung als Eingriff zu werten und entsprechend zu kompensieren. Ggf. ist die Überlegung anzustellen, ob die einzelnen Kompensationserfordernisse (wasserrechtliche und naturschutzfachliche) durch eine Kompensationsmaßnahme zu verwirklichen ist.
Grundsätzlich würden wir im Gegensatz zu der hier vorliegenden Planung die Prüfung für angebracht halten, ob das Connewitzer Wehr in eine Sohlgleite bzw. Rampe umgewandelt werden kann, um den guten ökologischen Zustand gem. Art. 4 WRRL zu erreichen (was gegenwärtig für die Pleiße nicht der Fall ist) und die ökologische Durchgängigkeit gem. § 34 WHG wiederherzustellen. Das Wehr Connewitz verfügt zwar über eine Fischaufstiegsanlage, allerdings wird damit nicht die ökologische Durchgängigkeit gewährleistet, weil die ökologische Durchgängigkeit auch die Durchgängigkeit des Feststoffhaushaltes der Pleiße erfordert, die gegenwärtig nicht gegeben ist. Des Weiteren wäre die Schleuse bei der Umwandlung des Wehrs in eine Sohlgleite bzw. -Rampe nicht mehr notwendig und die Passierbarkeit für Muskelbetriebene Boote weiterhin gewährleistet. Dementsprechend sollten die für das hier strittige Vorhaben geplanten Gelder besser in ein Projekt zur Beseitigung des Wehrs Connewitz angelegt werden, als diesen vorhandenen unbefriedigenden Zustand durch weitere Vorhaben zu verfestigen.
Wir bitten um Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Einwendungen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer
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