5. Juni 2014
Stellungnahme zum abfallrechtlichen Planfeststellungsverfahren zur Errichtung der Deponie „Steinbruch Rothschönberg“
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Bund Sachsen e.V. bedankt sich für die Beteiligung im vorliegenden Genehmigungsverfahren durch Gewährung der Möglichkeit zur Stellungnahme.
In Bezug auf das genannte Vorhaben geben wir folgende Stellungnahme ab:
Wir lehnen das Vorhaben in seiner beantragten Form ab.
Wir teilen die Feststellung des Vorhabenträgers nicht, dass die Errichtung und der Betrieb der Deponie sowie die Gewinnung und Aufbereitung von Rohstoffen unabhängig voneinander zu planen sind und dafür zwei unabhängige Planfeststellungsverfahren durchzuführen sind. Aus unserer Sicht stehen die geplanten Tätigkeiten der Faber Bau GmbH in einem engen Zusammenhang zueinander. Zum einen besteht ein räumlicher Zusammenhang zwischen den beiden geplanten Tätigkeiten dadurch, dass sie auf dem gleichen Gelände geplant sind. Weiterhin besteht ein enger funktionaler Zusammenhang, da die gleichen Betriebsanlagen und technischen Geräte für die beiden Vorhaben zum Einsatz kommen. Darüber hinaus ist die Errichtung einer Deponie nur mit der vorherigen
Entnahme der Rohstoffe möglich, so dass auch hier ein enger funktionaler Zusammenhang gegeben ist. Die Gewinnung und Aufbereitung von Phyllit und die Errichtung einer Deponie auf dem gleichen Gelände erfordert einen gesteigerten Koordinierungsbedarf, da hier die Erforderlichkeit gemeinsamer Baumaßnahmen (Aushöhlung des zukünftigen Deponiekörpers) und enge räumliche Verflechtung gegeben sind. Es liegen die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG vor, wonach nur ein Planfeststellungsverfahren für zwei selbstständige Vorhaben durchzuführen ist, wenn für diese eine einheitliche Entscheidung möglich ist und mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich geregelt ist. Wir fordern die zuständige Planfeststellungsbehörde daher zur Anwendung des § 78 Abs. 1 VwVfG auf und verlangen ein einheitliches Planfeststellungsverfahren für alle auf dem Gelände des ehemaligen Steinbruchs Rothschöna geplanten Tätigkeiten, die in einem betriebsbedingten Zusammenhang stehen. Jedenfalls ist es zwingend geboten (§ 3 b Abs. 2 UVPG), beide Vorhaben einer einheitlichen UVP zu unterziehen. Wir merken an dieser Stelle an, dass Auswirkungen der Gewinnung und Aufbereitung von Phyllit nur teilweise in die vorgelegte UVP miteinbezogen worden sind. Dies betrifft beispielsweise das nicht berücksichtigte Verkehrsaufkommen, das zur Veräußerung des überschüssigen Aushubmaterials notwendig wird. Weiterhin weisen wir auf die schon unzutreffende Bezeichnung der UVP als „Erweiterung der Deponie Rothschönberg“ hin. Es handelt sich nicht um die Erweiterung einer Deponie, sondern vielmehr um die Errichtung einer neuen Deponie auf dem gleichen Gelände.
Das Vorhaben stellt einen Eingriff in Natur und Landschaft gem. § 14 BNatSchG dar. Nach § 15 Abs. 2 S. 2 BNatSchG ist eine Beeinträchtigung von Natur und Landschaft ausgeglichen, „wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts wiederhergestellt sind.“ Um Funktionsverlusten des Naturhaushalts zu begegnen, müssen Ausgleichsmaßnahmen im zeitlichen Vorfeld, zumindest aber zeitnah zum Eingriff vorgenommen werden. Daran mangelt es der zugrunde gelegten Planung des Vorhabens. Zwischen dem Beginn des Eingriffs und dessen Beendigung liegen laut Planung 12,5 Jahre. Die Kompensation des Eingriffs durch die Rekultivierung der Deponiefläche steht zwar in einem funktionalen und räumlichen Zusammenhang, allerdings steht die Ausgleichsmaßnahme in keinem zeitlichen Zusammenhang zum Eingriff. Aus unserer Sicht ist es daher geboten, zum Ausgleich der Beeinträchtigungen des Naturhaushalts geeignete weiterreichende Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen, die einen zeitlichen Zusammenhang zum Eingriff gewährleisten.
Die erstellte Emissions-/ Immissionsprognose für Stäube vom 23.10.2012 ist fehlerhaft und nicht zur Bewertung der Erheblichkeit der Emissionen und Immissionen geeignet. Es werden betriebsbedingte Emissionsquellen nicht in der Prognose berücksichtigt, welche in der Folge zu einem fehlerhaften Ergebnis der Prognose führen. Eine unberücksichtigte Emissionsquelle stellt beispielsweise die Zerkleinerung und Aufbereitung des zu gewinnenden Phyllits dar (Einsatz eines mobilen Prallbrechers). Bei diesem betriebsbedingten Vorgang des Zerkleinerns handelt es sich um eine stark staubfreisetzende Maßnahme, die zwingend bei der Beurteilung der Emissionen/Immissionen zu berücksichtigen ist. Weiterhin ergeben sich aus unserer Sicht erhebliche Zweifel, ob das Ergebnis der Prognose überhaupt realistisch erscheint und damit zur Bewertung geeignet ist. Der Vorhabenträger hat zwei Emissions-/ Immissionsprognosen für Stäube erstellen lassen. Zum einen wurde in der Prognose v. 30.08.2010 eine Betrachtung der Staubemissionen/Immissionen für die Rekultivierung der Seitenentnahme Ostteil des ehemaligen Phyllittagebaus Rothschönberg vorgenommen. In einer zweiten Prognose v. 23.10.2012 wurde eine Gesamtbetrachtung der Staubemissionen/Immissionen der Rekultivierung und der Gewinnung und Aufbereitung des Phyllits vorgenommen. Trotz unterschiedlicher Emissionsquellen, die sich je nach Art und Menge deutlich von einander unterscheiden, sind die Ergebnisse der beiden Prognosen fast identisch. Darüber hinaus sind die erwarteten Immissionswerte der Prognose v. 30.08.2010 sogar teilweise höher als die der Prognose v. 23.10.2012, und dies obwohl bei der Prognose v. 23.10.2012 eine Gesamtbetrachtung der Rekultivierung und der Aufbereitung des Phyllits erfolgt ist. Es ergeben sich daher erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der vorgebrachten Prognosen.
Beeinträchtigungen in Folge von Staub- und Geräuschemissionen der naheliegenden Schutzgebiete (FFH-Gebiet DE 4846-301 „Triebischtäler“, SPA-Gebiet DE 4645-451 „Linkselbische Bachtäler“) sind nicht untersucht worden. Vielmehr sind Untersuchungen aufgrund der Annahme unterblieben, das Lärm- und Staubemissionen eine Reichweite von maximal 250 m haben. Diese Annahme ist fehlerhaft und ist bereits durch die vom Vorhabenträger erbrachten Untersuchungen der Staub- und Lärmemissionen auf die naheliegende Wohnbebauung widerlegt. Aus den Lärm- und Staubimmissionsuntersuchungen in Bezug auf die Wohnbebauung lässt sich entnehmen, dass die vom Vorhaben hervorgerufenen Emissionen eine deutlich höhere Reichweite besitzen, als die angenommenen 250 m und damit auch in weiterer Entfernung noch mit erheblichen Immissionen zu rechnen ist. Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele der o. g. Schutzgebiete, können mangels hinreichender Untersuchungen nicht ausgeschlossen werden.
Die schalltechnische Untersuchung weist Mängel auf. Lärmemissionsquellen sind teilweise nicht bei der Untersuchung berücksichtigt worden und das Ergebnis der schalltechnischen Untersuchung somit verfälscht. Es werden LKW Anfahrten nicht berücksichtigt, die in Folge des Abtransports des überschüssigen Abbaumaterials (Materialverkauf) entstehen. Laut den Antragsunterlagen wird das abbauwürdige Material auf rund 72.000 t pro Jahr geschätzt. Ca. 27.600 t werden davon für die Deponieabdichtung verwendet. Dies bedeutet, dass die An- und Abfahrten von LKWs zum Verkauf des Materials eine erheblich größere Emissionsquelle darstellen, als das Verkehrsaufkommen innerhalb des Betriebsgeländes zur Deponieverfüllung. Für den Abtransport des überschüssigen Materials wird ein Verkehrsaufkommen von 8 LKW/h angenommen. Tatsächlich handelt es sich um das doppelte Verkehrsaufkommen, da LKWs zum Abtransport in der Regel auch eine Anfahrt dieser LKWs bedingen.
Weiterhin weisen die Angaben der schalltechnischen Untersuchung Unterschiede zum Erläuterungsbericht in Bezug auf das Gesamtabtragsvolumen des abzubauenden Materials auf. Laut schalltechnischer Untersuchung beträgt das zu erwartende Gesamtabtragsvolumen 153.210 m³. Im Erläuterungsbericht wird dagegen ein Volumen von ca. 400.400 m³ für den Abtrag und Gewinnung mineralischer Rohstoffe angegeben. In Folge des zu gering angenommenen Abtragsvolumens ergibt sich ein geringeres LKW-Verkehrsaufkommen. Bei der Berücksichtigung der Differenz der Angaben zum Gesamtabtragsvolumen dürfte sich ein erheblich größerer Schallpegel ergeben, als in der schalltechnischen Untersuchung angegeben.
Der Vorhabenträger beabsichtigt, nicht schädlich verunreinigtes Kluftwasser in den Tännichtbach einzuleiten. Dafür ist eine vorherige Beprobung des einzuleitenden Wassers vorgesehen, um dessen Unschädlichkeit festzustellen. Wir weisen in diesem Zusammenhang daraufhin, dass auch nicht schädlich verunreinigtes Wasser zu einer Veränderung des Gewässerzustands des Tännichtbachs führen kann. Der Vorhabenträger hat es hier unterlassen, die mögliche Gewässerveränderung in Folge der Einleitung des Wassers näher zu untersuchen und darzustellen. Wir verweisen daher auf die Bewirtschaftungsziele von oberirdischen Gewässern aus § 27 WHG, insbesondere auf das aus der WRRL folgende Verschlechterungsgebot. Ein Zuwiderlaufen der geplanten Einleitung gegen diese Bestimmungen kann zum gegenwärtigen Stand der Planung nicht ausgeschlossen werden.
Als Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss sind folgende Inhalte festzusetzen und damit rechtlich zu sichern:
die Durchführung von Messungen, die die Unschädlichkeit des in den Tännenichtbach einzuleitenden Abwassers garantieren und belegen;
die naturnahe Entwicklung des Bereichs von 10 m ab Üferböschungskante des Tännichtbachs;
die Durchführung von Messungen zur Ermittlung der Staub- und Geräuschimmissionen über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten (insbesondere sind die Immissionsorte verbindlich festzulegen);
die Beprobung von angelieferten Abfällen auf Übereinstimmungen mit den abfallrechtlichen Anforderungen (Sicherstellung der Übereinstimmung von angelieferten Abfall mit den für die Einlagerung vorgesehenen Abfallarten nach der DepV)
das Verbot von nächtlichen Bauarbeiten als auch das Verbot des nächtlichen LKW-Verkehrs im Rahmen des Deponiebetriebs;
die Einsetzung einer ökologischen Baubegleitung zur vorsorglichen Überprüfung des Vorhandenseins von geschützten Pflanzen und Tieren im Vorfeld des Eingriffs.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Weinschenk
i.A. des Landesvorstandes
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