27. Mai 2014
Stellungnahme zum wasserrechtlichen Erlaubnisantrag zur Wasserentnahme aus dem Speicher Witznitz und Ausleitung in die Eula sowie Antrag zur Errichtung einer Anlage am Gewässer / Kraftwerk Lippendorf
Sehr geehrte Damen und Herren,
der BUND Landesverband Sachsen e. V. bedankt sich für die Beteiligung im o. g. Verfahren und nimmt wie folgt Stellung:
Das Vorhaben wird in der vorliegenden Form abgelehnt.
Die Vattenfall Europe Generation AG beantragt im vorliegenden Verfahren eine wasserrechtliche Erlaubnis gem. § 8 WHG und eine wasserrechtliche Erlaubnis gem. § 26 Abs. 1 SächsWG. Das Gesamtvorhaben ist mit Eingriffen in Natur- und Landschaft nach § 14 BNatSchG verbunden. In diesem Zusammenhang merken wir kritisch an, dass die kompensatorischen Maßnahmen im Rahmen der Eingriffsbilanzierung ungenügend ausgearbeitet worden sind. Als Ausgleichsmaßnahme wird die Entwicklung von standortheimischem Auwald oder die Entwicklung von linearen Weiden-, Auen-, und Ufergebüschen auf nitrophytenreichen Acker- und Grünlandbrachen bzw. gewässernahen Nitrophytenfluren angegeben. Eine genau beschriebene und ausgearbeitete Ausgleichsmaßnahme lässt sich daraus nicht ableiten. Des Weiteren ist die Durchführung dieser Maßnahme nicht hinreichend gesichert, da eine Vereinbarung mit der Landestalsperrenverwaltung laut den übermittelten Unterlagen bisher nicht erzielt worden ist. Eine Vereinbarung, sowie die dadurch erzielte Absicherung der Ausgleichsmaßnahme, sollte vor der Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis vorliegen.
Weiterhin bemängeln wir, dass eine Alternativenprüfung i. S. v. § 15 Abs. 1 S. 2 BNatSchG nicht vorgenommen wurde.
Wir weisen daraufhin, bei der Ausarbeitung von kompensatorischen Maßnahmen, auch die wasserrechtlichen Ausgleichsregelungen zu berücksichtigen. Ein Teil des vorgesehenen Vorhabengebietes ist als festgesetztes Überschwemmungsgebiet i. S. v. § 72 SächsWG ausgewiesen. Da durch die Baumaßnahme eine Fläche betroffenen ist, die grundsätzlich zur Hochwasserrückhaltung bzw. zur Retention dient, sind neben den naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungen auch die wasserrechtlichen Ausgleichsregelungen gem. §§ 77 S. 2 u. 78 Abs. 3 WHG anzuwenden. Danach ist der Verlust einer Rückhaltefläche durch geeignete Maßnahmen, die in einem funktionellen, zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zum betreffenden Eingriff stehen, auszugleichen. Die vorgeschlagenen kompensatorischen Maßnahmen werden den wasserrechtlichen Ausgleichsregelungen nicht gerecht, da hier u. a. eine Funktionsgleichheit der verlorengegangenen Rückhalteflächen nicht gewährleistet ist.
Zur Überprüfung der tatsächlichen Entwicklung des Zustands der betroffenen Gewässer und Gebiete (nahegelegenes FFH-Gebiet) sind durch den Vorhabenträger Messungen vorgesehen.
Wir fordern die zuständige Behörde auf, die Überprüfung (Messung und Dokumentation) der tatsächlichen Entwicklung durch den Erlass einer Nebenbestimmung i. S. v. § 13 WHG rechtlich abzusichern.
Wir teilen die Auffassung der Vattenfall Europe Generation AG nicht, dass für den Betrieb des Vorhabens keine Wasserentnahmeabgabe gem. § 91 Abs. 1 Nr. 1 SächsWG zu entrichten ist. Ein Ausnahmetatbestand i. S. v. § 91 Abs. 4 Nr. 8 SächsWG liegt hier nicht vor. Das Vorhaben hat grundsätzlich positive Auswirkungen auf den Zustand der umliegenden Gewässer. Ursächlich für das betreffende Vorhaben ist jedoch nicht der zu verbessernde Gewässerzustand im Bereich der Eula, sondern sind höhere wasserwirtschaftliche Qualitätsanforderungen an den Speicher Witznitz, der zur Entnahme von Wasser zum Betrieb des Kraftwerks Lippendorf dient. In den Sommermonaten kommt es im Speicher Witznitz zur erhöhten Algenbildung, wodurch es infolge des hohen Biomasseanteils im Rohrwasser zu Störungen im Kraftwerksbetrieb gekommen ist. Die durch das Vorhaben geplante Verdünnung des Rohrwassers dient zur Sicherstellung des störungsfreien Betriebs des Kraftwerks Lippendorf. Zu diesem Zweck beantragt die Vattenfall Europe Generation AG die o. g. wasserrechtlichen Erlaubnisse. Die Gewässerbenutzung (hier das Ableiten von Wasser) ist nicht zur Abwehr einer Gefahr oder der Ordnung des Wasserhaushalts notwendig, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 91 Abs. 4 Nr. 8 SächsWG nicht vorliegen. Die Vattenfall Europe Generation AG hat hier vielmehr die Notwendigkeit zur Wasserableitung selbst verursacht, da die Maßnahme aus ihrer Sicht zur Sicherung des Kraftwerksbetrieb geboten erscheint. Dass durch das Vorhaben gegebenenfalls auch eine Verbesserung des Zustands der umliegenden Gewässer erreicht wird, ist insoweit nur eine positive Begleiterscheinung. Da das Vorhaben somit grundlegend dem störungsfreien Betrieb des Kraftwerks Lippendorf dient, lehnen wir eine Befreiung von der zu entrichtenden Wasserentnahmeabgabe ab.
Zusammenfassend halten wir das Vorhaben nur bei Gewährleistung der o. g. Voraussetzungen für genehmigungsfähig. Wir fordern den Vorhabenträger i. d. S. dazu auf, den Erlaubnisantrag zu überarbeiten.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Weinschenk
i.A. des Landesvorstandes
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