4. Juni 2014

Stellungnahme zur ersten Änderung des Vorhabenbezogenen Bebauungsplanes „Walderlebniszentrum am Mordstein“, Dorfchemnitz

Sehr geehrte Damen und Herren,


der BUND Landesverband Sachsen e.V. bedankt sich für die Beteiligung im o.g. Verfahren und nimmt nachfolgend Stellung.


Das Vorhaben wird weiterhin abgelehnt. Es gibt keine neuen Aspekte, die eine Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens begründen könnten. Die Stellungnahme des BUND Landesverband Sachsen e.V. vom 08.08.2011 bleibt in ihren Argumenten bestehen. Nachfolgende Ergänzungen untermauern den ablehnenden Standpunkt.


Begründung:


  1. Der Umgriff des Bebauungsplanes umfasst nicht alle für das Vorhaben relevanten Bereiche, obwohl dies erforderlich ist. So sind die Parkflächen sowie die Zufahrtswege nicht Bestandteil des B-Planes. Diese sind jedoch essentiell für das Vorhaben (sie werden deswegen auch als „Bereiche des Vorhabens“ in einer separaten Karte des Umweltberichts aufgeführt) Diese Bereiche tragen wesentlich zum Eingriff in Natur und Landschaft sowie zu den Lebensraumbeeinträchtigungen für geschützte Tiere bei (siehe auch Ergebnisse Spezieller artenschutzrechtlicher Fachbeitrag und FFH-Verträglichkeitsstudie).

  1. Eine wesentliche Wirkung des Vorhabens besteht in den Lärmimmissionen in der Umgebung, welche durch Veranstaltungen entstehen. Dies wurde in der Stellungnahme vom Jahr 2011 ausführlich an Beispielen von Musikveranstaltungen dargelegt. Der Vorhabenträger versucht nun, dahingehend zu argumentieren (Planungsbericht Seite 11), dass künftig keine zusätzlichen Musikveranstaltungen geplant seien. Das heißt jedoch nicht, dass keine Musikveranstaltungen mehr stattfinden. Der Veranstaltungsplan, welcher auch im Textteil der Planzeichnung aufgeführt wird, benennt zwar Anzahl und ungefähren Termin der geplanten Öffentlichkeits-Veranstaltungen, nicht jedoch den Inhalt dieser. So besteht weiterhin die Möglichkeit (und offenbar auch Absicht – denn es ist nirgendwo explizit ausgeschlossen), dass während der Veranstaltungen lt. Veranstaltungsplan auch Musikkonzerte stattfinden. Es ist daher nicht erklärlich, warum im Schalltechnischen Gutachten lediglich Lärmimmissionen von Kettensägen, nicht jedoch Musikveranstaltungen untersucht wurden. Daneben wurden die Lärmwirkungen nicht betrachtet, die von der großen Anzahl der Besucher, die täglich die entsprechenden Veranstaltungen der Kategorien 2 und 3 besuchen, ausgehen. Die Ergebnisse des Gutachtens widerspiegeln daher nicht die möglichen Umweltauswirkungen des Vorhabens, es wird entsprechend abgelehnt.

  1. Eine Beschränkung der Veranstaltungszeit auf „2 Stunden vor Sonnenaufgang“ ist weder überprüf- noch sanktionierbar, genau so wenig wie das Verhindern von Feuerwerkslärm und sonstigen Knallgeräuschen. Außerdem sind nach Veranstaltungsende noch erhebliche Störungen durch abziehende Besucher (zu Fuß, mit Auto) zu verzeichnen, die bis weit nach Sonnenuntergang anhalten können. Bei gastronomischer Bewirtung ist zudem die Verweildauer von großen Besuchermengen bis in die Nachtstunden wahrscheinlich. Die Betrachtung der Umweltauswirkungen erfordert es aber, alle voraussichtlichen Umweltauswirkungen zu erfassen und entsprechend zu bewerten. Leidet wie hier bereits die Erfassung der relevanten Umweltauswirkungen an erheblichen Defiziten, kann hierauf eine fehlerfreie Abwägung nicht gegründet werden.

  1. In einem ursprünglich geschlossenen Waldgebiet soll mit dem geplanten Vorhaben eine massentouristische Veranstaltungsstätte etabliert werden, die aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes in einem solchen Gebiet deplatziert ist (deshalb schließen bereits die entsprechenden gesetzlichen Regelungen im Baugesetzbuch und im Naturschutzgesetz von Bund und Ländern solche Veranstaltungsstätten in Wald- und naturschutzrechtlich geschützten Gebieten aus). Das in den Unterlagen angeführte Kriterium „Sonnenuntergang“ ist, was die Störungstoleranz der Fauna betrifft, irrelevant und wissenschaftlich nicht begründet.

  1. Der Umgriff des Vorhabenbezogenen Bebauungsplanes (Genehmigung 2005) bzw. der aktuell zur Anhörung ausgelegten 1. Änderung des Vorhabenbezogenen Bebauungsplanes liegt innerhalb des mit Beschluss 165/68 des RdB K.-Marx-Stadt vom 12.07.1968 ausgewiesenen Landschaftsschutzgebietes „Osterzgebirge“. Gemäß § 26 BNatSchG sind Landschaftsschutzgebiete „rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten, wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung. In einem Landschaftsschutzgebiet sind unter besonderer Beachtung des § 5 Absatz 1 und nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen.“ Es ist unstreitig, dass das Vorhaben seit seiner Etablierung als stark frequentierte Veranstaltungsstätte im Wald, die breite und auch weiter entfernte Besucherkreise anzieht den Zielen des LSG nicht dient (dies belegt die nachgewiesene Eingriffswirkung) und dass das Vorhaben den Charakter des Gebietes verändert, und dies nicht nur im direkten Umgriff des B-Planes, sondern darüber hinaus durch Fahrzeugverkehr, Mehrbegängnis und Verlärmung. Für die Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplanes im LSG wäre daher eine Ausgliederung aus dem LSG zwingend. Das Gebiet wurde jedoch bisher weder ausgegliedert noch wurde ein Ausgliederungsverfahren nach § 20 SächsNatSchG begonnen. Das vom Landratsamt Mittelsachsen in den Jahren 2012 und 2013 geführte Anhörungsverfahren zur Neufestsetzung des LSG, in welchem das Gebiet des Bebauungsplanes plötzlich nicht mehr Bestandteil des LSG sein soll, ist bis heute ebenfalls nicht zum Abschluss gekommen und im Übrigen rechtswidrig. Denn wie bereits in der Stellungnahme vom 18.11.2013 zum Verordnungsentwurf des LSG „Osterzgebirge“ ausgeführt, verletzt bereits der Vorhabenbezogene Bebauungsplan „Walderlebniszentrum am Mordstein“ vom 04.03.2005 übergeordnetes Recht, da sich die Bauleitplanung an den bestehenden Schutzgebieten zu orientieren hat und nicht umgekehrt. Der Vorhabenbezogene Bebauungsplan von 2005 ist daher rechtsfehlerhaft. Der BUND Sachsen vertritt nach wie vor die Auffassung, dass das Vorhaben auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen nicht genehmigungsfähig ist. Die bisher ohne legitime Grundlage ausgeübten Nutzungen dürfen nicht nachträglich durch Aufweichung geltender Schutzgebietsverordnungen legalisiert werden.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Planungsträger in seiner Auslegung des Vorhabenbezogenen Bebauungsplanes im Jahre 2011 (bzw. vorher) die Existenz des LSG nicht in seinen Unterlagen erwähnt hat. Deshalb werden die Stellungnahmen des BUND zur sogenannten „Neufestsetzung des LSG Osterzgebirge“ des LRA Mittelsachen in den Jahren 2012 und 2013 auch ausdrücklich zum Bestandteil dieser Stellungnahme und damit dieses Verfahrens gemacht.


  1. Die in den Jahren 2012 und 2013 durchgeführten Kartierungen der Fauna widerspiegeln den Zustand des Plangebietes bzw. seiner Umgebung nach nunmehr 7 bzw. 8 Jahren illegaler und erheblicher Störungen innerhalb des LSG (siehe Punkt „Vorgeschichte“ der Stellungnahme vom 08.08.2011) und bis zum Jahr 2013 nichtausgeglichener Eingriffe. Es ist erkennbar, dass keine störungsanfälligen und damit wertgebenden Brutvogelarten im Umfeld des Plangebietes mehr nachzuweisen sind, obwohl das Waldgebiet an sich die Eignung dafür besitzt. Dazu zählen beispielweise Arten wie der Schwarzstorch, der seit 2005 seinen lang genutzten Brutplatz nördlich des Plangebietes aufgab, Waldschnepfe, Habicht, Raufußkauz, Schwarzspecht. Damit sind diese Kartierungsergebnisse als Grundlage für eine Eingriffs-Ausgleichs-Bilanzierung oder einer Entscheidung für oder gegen den aktuell vorgesehenen Standort nicht geeignet. Soweit vielmehr Eingriffe ohne vorangegangene Genehmigung bzw. ohne zureichende Eingriffs-Ausgleichs-Bilanzierung durchgeführt wurden, ist den jetzigen Betrachtungen derjenige Zustand zugrundezulegen, der ohne diese Eingriffe bestehen würde. Jede andere Betrachtungsweise lädt Vorhabenträger förmlich dazu ein, zunächst intakte Natur zu zerstören und erst danach um Erlaubnis zu fragen.


Wir bitten um Beteiligung im weiteren Verfahren.


Mit freundlichen Grüßen

 

 

Diese Stellungnahme als pdf

 




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