26. Mai 2014

Stellungnahme zum Bebauungsplan Nr. 100, Nördlich Reichenbacher Straße Olzmannstraße, Gewerbegebiet/Sondergebiet großflächiger Einzelhandel

Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Landesverband Sachsen e.V. bedankt sich für die Beteiligung im o.g. Verfahren und nimmt nachfolgend Stellung.

Dem Bebauungsplan kann derzeit noch nicht zugestimmt werden.

Begründung:

Artenschutz

Das ca. 6,4 ha große Planungsgebiet grenzt nordwestlich auf einer Länge von ca. 110m an den geschützten Landschaftsbestandteil „Maxhütte“ bzw. auf einer Länge von ca. 70 m an das Flächennaturdenkmal „Feuchtgebiet Maxhütte“. In den Schutzgebieten wurden Vorkommen der nach Anhang IV der FFH-Richtlinie geschützten Arten Kammmolch und Wechselkröte nachgewiesen. Der Aktionsradius insbesondere von Kammmolch und Wechselkröte ist so groß, dass die Ruderalfläche im Nordwesten des Plangebietes als Teilhabitat der Arten angesprochen werden muss. Vor allem die Wechselkröte bevorzugt trocken-warme Standorte, wie sie sich in derart halboffenen Brachen entwickeln. Die bisherige Einzäunung des Gebietes mit Maschendrahtzaun ist da kein Hindernis.

Weiterhin kommen sowohl in den Schutzgebieten (sicher) als auch auf der baum- und gebüschbestandenen Ruderalfläche (wahrscheinlich) nach der Vogelschutzrichtlinie geschützte und auf der Roten Liste Sachsen gelistete Vogelarten als Brutvögel vor.

Nachgewiesen wurde weiterhin das Vorkommen der Fransenfledermaus, welche ebenfalls im Anhang IV der FFH-Richtlinie gelistet ist. Möglicherweise kommen weitere Fledermausarten vor (alle nach Anhang IV der FFH-R geschützt), die insbesondere die ruinöse Bausubstanz im Plangebiet als Zwischen-/Sommerquartier nutzen.

Trotz des offenkundigen Wissens um das Vorkommen europäisch geschützter Arten wurde keine artenschutzrechtliche Prüfung durchgeführt.

Mit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes (2007) wurde mit den §§ 42 und 43 BNatSchG a. F. das Artenschutzrecht an die europarechtlichen Vorgaben angepasst. Mit der Neufassung des BNatSchG 2009 wurde dieses im Wesentlichen in die §§ 44 und 45 übernommen. Ziel ist, die ökologische Funktion der vom Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten bestimmter Arten, sofern deren Beseitigung unvermeidbar ist, mindestens im räumlichen Zusammenhang zu erhalten; dies kann auch durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen sichergestellt werden (§ 44 Abs. 5 Sätze 2 und 3 BNatSchG).

Zum Umfang der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung gehören alle europäisch geschützten Arten (Anhang IV FFH-RL, Vogelschutz-RL) sowie Arten einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 2 BNatSchG (sog. ‚Verantwortungs‘-Arten). In letztgenannter Bestimmung können Arten unter besonderen Schutz gestellt werden, soweit es sich um natürlich vorkommende Arten handelt, die in ihrem Bestand gefährdet sind und für welche die Bundesrepublik Deutschland in hohem Maße verantwortlich ist. Die Vorschrift des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG erfasst derzeit nur die europarechtlich geschützten Arten, da eine Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG noch nicht existiert.

Bei den artenschutzrechtlichen Verboten handelt es sich um zwingendes Recht, welches der planerischen Abwägung nicht zugänglich ist. Für die planerische Bewältigung bedeutet das, dass zum frühestmöglichen Zeitpunkt in der Bauleitplanung gemäß § 4 Abs. 1 BauGB) in Form einer Artenschutzprüfung Hinweise zum Vorkommen solcher Arten nach § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG eingeholt und bewertet werden müssen. 

Aufgrund der unmittelbaren Nähe nachgewiesener Vorkommen europäisch geschützter Arten und der hohen Wahrscheinlichkeit, dass sie aufgrund ihrer Lebensweise und ihres Aktionsradius Flächen des Plangebietes als Teil-Habitate nutzen, ist deshalb zur Abprüfung der Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG (Tötungs- und Störungsverbot) eine Kartierung der relevanten Flächen (insbesondere der ca. 0,8 ha großen Ruderalfläche sowie der ruinösen Bausubstanz) zwingend erforderlich. Theoretische Vermutungen über Habitatnutzungen geschützter Arten im Plangebiet, wie sie im Umweltbericht geäußert werden, sind jedenfalls nicht ausreichend. Sie können in keinem Fall ausschließen, dass durch die Umnutzung des Gebietes Individuen der besonders geschützten Arten getötet oder essenzielle Teil-Habitate der Populationen zerstört werden.

Da der Umweltbericht keine konkreten Angaben zu Artenvorkommen enthält, sind auch keine erfolgversprechenden Artenschutzmaßnahmen möglich.

Monitoring

Im Zusammenhang mit dem fehlenden Artenschutzfachbeitrag kann auch nicht über erfolgversprechende Monitoringmaßnahmen gesprochen werden, denn es ist ja völlig unklar, was eigentlich der Beobachtungsgegenstand ist.

Es kann auch nicht sein, dass das vom Verursacher der Beeinträchtigungen zu leistende Monitoring ehrenamtlichen Naturschützern übertragen werden soll, nur weil sie seit längerer Zeit das benachbarte Schutzgebiet betreuen (möglicherweise wissen sie noch nicht einmal etwas von ihrer „Zusatzaufgabe“). Denn das Monitoring trägt zur Haftungsfreistellung des Verursachers bei. Wenn er dies Dritten überträgt, ist dies zumindest vertraglich zu sichern und in den Unterlagen entsprechend anzugeben.

Hochwasserschutz

Der beplante Bereich liegt im Einzugsgebiet des Mittelgrundbaches. Dieser ist in seinem Verlauf bis zur Zwickauer Mulde über den Marienthaler Bach und Moritzbach hochwassergefährdet. Die Stadt Zwickau hat für den Marienthaler Bach und Moritzbach ein signifikantes Hochwasserrisiko im Zusammenhang mit der Umsetzung der EU-Hochwassermanagementrichtlinie im September 2010 festgestellt. Durch die großflächige Versiegelung des Standortes wird dieses verschärft. Die im Umweltbericht aufgeführten, völlig unkonkreten Maßnahmen der Hochwasservorsorge können nicht überzeugen. Es ist daher in einem Entwässerungskonzept konkret darzulegen, wie und in welchem Umfang Niederschlagswasser vor Ort versickert werden und ob und wie eine technische Regenrückhaltung im Plangebiet realisiert werden kann.

 

Mit freundlichen Grüßen

Petra Weinschenk
im Auftrag des Landesvorstandes

 

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