BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


15. Mai 2014

Stellungnahme zum Flächennutzungsplan Stadt Stolpen - Frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstigen TÖB

Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Landesverband Sachsen e.V. bedankt sich für die Beteiligung im o.g. Verfahren und nimmt nachfolgend Stellung.

Der FNP-Entwurf wird aktuell aufgrund der zu großen Erweiterungsflächen für Wohnbebauung und Gewerbe abgelehnt, da damit den Prinzipien des sorgsamen und ressourcenschonenden Umgangs mit Boden nicht entsprochen wird.

Begründung:

Derzeit beträgt der tägliche Flächenverbrauch in Deutschland etwa 96 Hektar. Dies entspricht etwa 135 Fußballfeldern. Zum größten Teil werden diese Flächen für Siedlungen und Verkehrswege benötigt. Allein im Freistaat Sachsen ist die Siedlungs- und Verkehrsfläche seit Anfang der 90er Jahre um ca. 8 Hektar pro Tag ( = 80.000 Quadratmeter) angewachsen. Das Gesamtausmaß der siedlungswirtschaftlichen Zwecken dienenden Fläche ist 2007 auf mehr als 12 Prozent der Landesfläche ( = 221.667 Hektar) angewachsen (s. Endbericht Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie 2007, Vorhaben „Flächenverbrauch in Sachsen“, Seite 2). Letztlich verstärkt dies bei Starkniederschlägen die Ausbildung von Hochwasserereignissen. Es ist davon auszugehen, dass der hohe Grad der Versiegelung in Deutschland das Hochwasserproblem verschärft, und zwar sowohl im Hinblick auf die Menge des unkontrolliert abfließenden Niederschlags als auch hinsichtlich immer kürzerer Vorwarnzeiten. In den vergangenen Jahren hat auch die Stadt Stolpen in den Flussgebieten der Wesenitz und Polenz bereits mehrere schadensreiche Hochwasserereignisse erleben müssen. Das Wissen um diese Zusammenhänge führte dazu, dass die Bundesrepublik Deutschland in ihrer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie für das Jahr 2030 als Ziel festgelegt hat, den täglichen Flächenverbrauch auf 30 Hektar zu reduzieren. Um dies zu erreichen, muss sich dieses Ziel auch in den Flächennutzungsplänen der Kommunen widerspiegeln.

Die Bevölkerungsentwicklung der Stadt Stolpen ist seit 2010 negativ (8,8 %). Auch die 5. Regionalisierte Bevölkerungsprognose des Freistaates Sachsen geht von einem weiteren Bevölkerungsrückgang (ca. 9 %) bis 2025 aus. Diese Entwicklung geht einher mit einer starken Verschiebung der Altersstrukur.

Es wird ersichtlich, dass Planungen für künftige gemeindliche Entwicklungen die demografischen Verwerfungen sowie die Zielsetzung eines konsequenteren Boden- und Ressourcenschutzes aufgreifen und in Handlungsoptionen umsetzen müssen. Dafür ist der Flächennutzungsplan (FNP) das geeignete Instrument. Der vorliegende FNP widerspiegelt diese Zielstellungen jedoch in keiner Weise. Wir vermissen jegliche Auseinandersetzung mit den genannten Zukunftsproblemen und sogar eine reale Einschätzung der aktuellen Situation.

Aus dem oben Dargelegten ist daher nicht verständlich, wieso weitere Bauflächen über die bauliche Eigenentwicklung der Stadt Stolpen hinaus eingeplant werden sollen mit der Begründung, dass dieser Bedarf sich aus der Prognose der Bevölkerungsentwicklung ableiten würde.

Der sogenannte Ersatzbedarf von nicht erhaltenswürdigem Wohnraum, welcher mit 3% bzw. 82 WE angegeben wird, rechtfertigt nur bedingt eine bauliche Erweiterung, da er doch in erster Linie an Ort und Stelle ausgeglichen werden kann (Ersatzneubau an gleicher Stelle). In Anbetracht der noch freien Bebauungspotenziale von 106 WE in festgesetzten Bebauungsgebieten bzw. im Innenbereich kann auch der sogenannte „Auflockerungsbedarf“ (92 WE) vollständig im Bestand gedeckt werden. Das „Entwicklungspotenzial“ (über den Eigenbedarf hinaus gehende Wohneinheiten), welches mit 50 % des Eigenbedarfs angesetzt wird, erschließt sich überhaupt nicht (siehe oben Bevölkerungstrend). Insofern ist eine Neuausweisung von Bauflächen im FNP, welche insgesamt 13 ha Wohnbauflächen plus 4,6 ha gemischte Bauflächen und damit in Summe 157 WE umfassen soll, entbehrlich. Die dargelegten Gründe für derart umfangreiche Neubebauung können auch nicht überzeugen.

Im Erläuterungstext wird dargelegt, dass der Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit in der Stadt Stolpen in klein- und mittelständigen Betrieben sowie der Landwirtschaft liegt. Weiterhin besteht ein im Vergleich zum Umland sehr hohes Auspendlerverhalten Richtung Dresden, Radeberg und Pirna. Damit lässt sich der Gewerbeflächenbedarf von Stolpen nicht pauschal mit dem von Bischofswerda und Großröhrsdorf bzw. dem allgemeinen Bundesdurchschnitt vergleichen. Es erschließt sich daher nicht, wieso der Gewerbeflächenbestand von aktuell 24 ha, der ein noch nicht erschlossenes Potenzial von 3,5 ha beinhaltet, nunmehr auf 54 ha (und zwar in weiten Teilen im Außenbereich) erweitert werden muss. Es stellt sich bei dieser Dimension ganz einfach die Frage, wo dieses Gewerbe plötzlich herkommen soll? Auch ist die Lärmproblematik, die sich innerhalb der geschlossenen Bebauung möglicherweise im Einzelfall stellt, nicht unüberwindbar. Es ist daher in erster Linie zu prüfen, ob innerstädtische Brachen, welche es in größerer Zahl gibt, wieder mit nichtstörendem Gewerbe bzw. unter Lärmschutzauflagen wieder bebaut können, bevor der unverbaute Außenbereich in Anspruch genommen werden soll. Diese Prüfung fehlt in der Planung.

Für die Übernahme des Großansiedlungsgebietes Langenwolmsdorf (weitere 86.6 ha) fehlt jegliche Darlegung des Bedarfes.

Wir empfehlen der Stadt Stolpen, sich mit den Darlegungen kritisch auseinander zu setzen und die Planungsstrategie entsprechend zu hinterfragen.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Weinschenk

i.A. des Landesvorstandes


Quelle: http://archiv.bund-sachsen.de/media/stellungnahmen/lv_stellungnahmen/detail/browse/33/artikel/stellungnahme-zum-flaechennutzungsplan-stadt-stolpen-fruehzeitige-beteiligung-der-behoerden-und-son/