19. März 2014
Stellungnahme zur Aufstellung des Bebauungsplanes „Rudolf-Breitscheid-Straße“ der Gemeinde Hohndorf im Erzgebirgskreis-Vorentwurf
Sehr geehrte Damen und Herren,
der BUND Landesverband Sachsen e.V. bedankt sich für die Beteiligung im o.g. Verfahren und nimmt nachfolgend Stellung.
Dem Vorhaben kann im derzeitigen Planungsstand nicht zugestimmt werden.
Begründung:
Der B-Plan umfasst landwirtschaftlich genutztes Grünland mit mehreren Hecken/Baumstreifen, die lt. Umweltbericht als „Biotope“ eingestuft sind. Ein Teil dieser landschaftsprägenden Gehölzstreifen soll zugunsten einer Wohnbebauung beseitigt werden.
Der B-Plan unterliegt aufgrund seiner Grundfläche < 20.000 m² keiner Umweltprüfung. Allerdings müssen nach § 1 Abs. 4 BauGB Umwelt- und Naturschutzbelange in die planerische Abwägung eingestellt (und dazu zuvor erhoben und aufbereitet) werden (vgl. ausführlich dazu WALLRAVEN-LINDL et al. 2007). Dazu gehört die Pflicht, artenschutzrechtliche Verbotstatbestände auszuschließen.
Aufgrund des Vorhandenseins von älteren, gut strukturierten Gehölzbeständen im Plangebiet sind Vorkommen europäischer geschützter Vogelarten zu erwarten. Im Zuge der Umsetzung des B-Planes kann es somit zur Zerstörung von Lebensstätten und zu erheblichen Störungen in der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten der besonders geschützten Arten kommen.
Mit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes (2007) wurde mit den §§ 42 und 43 BNatSchG a. F. das Artenschutzrecht an die europarechtlichen Vorgaben angepasst. Mit der Neufassung des BNatSchG 2009 wurde dieses im Wesentlichen in die §§ 44 und 45 übernommen. Ziel ist, die ökologische Funktion der vom Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten bestimmter Arten, sofern deren Beseitigung unvermeidbar ist, mindestens im räumlichen Zusammenhang zu erhalten; dies kann auch durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen sichergestellt werden (§ 44 Abs. 5 Sätze 2 und 3 BNatSchG).
Bei den artenschutzrechtlichen Verboten handelt es sich um zwingendes Recht, welches der
planerischen Abwägung nicht zugänglich ist. Eine Artenschutzprüfung ist auch bei B-Plänen nach § 13a BauGB und bei vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB vorgeschrieben.
Für die planerische Bewältigung bedeutet das, dass zum frühestmöglichen Zeitpunkt in der Bauleitplanung gemäß § 4 Abs. 1 BauGB in Form einer Artenschutzprüfung Hinweise zum Vorkommen solcher Arten nach § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG insbesondere von den Naturschutzbehörden eingeholt und bewertet werden müssen.
Aus den vorliegenden Unterlagen zum B-Plan ist nicht erkennbar, dass eine Artenschutzprüfung durchgeführt wurde. Es wurde auch keine naturschutzfachlich nachvollziehbare Aufnahme der als „Biotope“ eingestuften Gehölzbestände vorgenommen, um einen eventuellen gesetzlichen Schutzstatus derselben (der ein Beseitigungsverbot nach sich ziehen würde) auszuschließen. Die im Umweltbericht der Begründung zum B-Plan formulierte Behauptung „Eine vertiefende Untersuchung von Tieren und Pflanzen erfolgte zum jetzigen Planstand nicht, da aufgrund der landwirtschaftlichen Nutzung keine Hinweise auf besondere Artenvorkommen vorliegen“ entbehrt daher jeder fachlichen Grundlage (der nachfolgende Verweis auf die Einstufung der Gehölzstreifen als „Biotope“ beweist bereits das Gegenteil).
Zur geplanten Eingriffskompensation (Streuobstwiese) ergeht der Hinweis, diesen Planungsinhalt noch einmal nach Vorlage der Ergebnisse der Artenschutzprüfung zu überdenken. Die geplante Beseitigung von Gebüsch- und Baumstreifen sollte entsprechend durch die Anlage neuer, flächiger und vertikal gut strukturierter Gehölzstrukturen ausgeglichen werden, um einen gleichwertigen Vogellebensraum zu erhalten. Auch wenn alte Obstbäume einen hohen ökologischen Wert haben, so erreichen sie ihn doch erst nach ca. 20 Jahren und benötigen dafür einen hohen Pflegeaufwand (jährlicher Erziehungsschnitt). Gebüsche sind jedoch bereits nach ca. 3 bis 5 Jahren vollwertige Habitate für die entsprechenden Arten.
Aus den oben genannten Gründen ist dem vorliegenden Plan in der derzeitigen Form nicht zuzustimmen.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Weinschenk
i.A. des Landesvorstandes
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