13. Februar 2014

Stellungnahme zu Beteiligungsverfahren Gem. Crottendorf – Bebauungspläne „Gewerbegebiet westl. der Scheibenberger Straße“ und „Gewerbe- und Mischgebiet C." und Aufhebung Satzung zu Vorhaben & Erschließungsplan „Neubau SB-Markt C.“

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Landesverband Sachsen e.V. bedankt sich für die Beteiligung im o.g. Verfahren und nimmt nachfolgend Stellung.

  1. Der vorliegende Bebauungsplan wird abgelehnt.

  2. Dem Vorhaben wird zugestimmt.

  3. Dem Vorhaben wird zugestimmt.

Begründung zum Punkt 1 - Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „Gewerbegebiet westlich der Scheibenberger Straße“


Das Vorhaben genügt den gesetzlichen Anforderungen an den Ausgleich beeinträchtigter Funktionen des Naturhaushaltes nicht. Dies lässt sich bereits am Eingriff in den Wasserhaushalt des Gebietes durch Versiegelung/Teilversiegelung belegen.

Geplant ist eine Versiegelung/Teilversieglung bisher unverbauter Ackerflächen in folgendem Umfang:

Neuversiegelung: 9,4364 ha

Teilversiegelung: 3,6932 ha

Demgegenüber sind insgesamt 8,339 ha Kompensationsmaßnahmen auf Ackerflächen vorgesehen, die den Wasserrückhalt verbessern können:

  • 1,4355 ha Randeingrünung des Gewerbegebietes

  • 4,3163 ha gebäudenahe Grünflächen

  • 0,1152 ha Löschwasserteich

  • 1,3682 ha Hecken am Schießberg

  • 0,6055 ha Hecken an der LPG-Straße

  • 0,4983 ha Waldanpflanzung

Dies reicht zum Ausgleich des Eingriffs in den Wasserhaushalt (Grundwasserneubildungsvermögen durch Versickerung, Wasserrückhalt) nicht aus. Praktischer Beleg dafür ist die Notwendigkeit einer Regenwasserrückhaltung.

Durch Versiegelung von Acker wird der Abflussbeiwert des Bodens (das Maß, wie viel Anteile des auftreffenden Niederschlags abfließt und wie viel ins Grundwasser gelangt) um ca. das Dreifache erhöht. So fließen auf Acker 30 % des Niederschlags ab (Abflussbeiwert 0,3) und 70% gelangen ins Grundwasser. Bei versiegelten Flächen fließen 90 % des Niederschlags ab (Abflussbeiwert 0,9) und es gelangen nur noch 10 % ins Grundwasser. Eine Bepflanzung auf Acker kann hingegen nur eine Verringerung des Abflussbeiwertes von 0,3 auf 0,1 bewirken.

Um die Grundwasserneubildungsrate des Bodens gleich zu halten, müssten demnach mindestens dreimal soviel Acker-/Grünland-Flächen bepflanzt werden, als versiegelt werden.

Bei einer 100%igen Versiegelung von 9,44 ha Acker wären demnach mindestens 28,32 ha Bepflanzungsmaßnahmen auf Acker erforderlich, um die Grundwasserneubildungsrate auszugleichen. Somit ist der vorgesehene Ausgleich einschließlich der sonstigen Begrünungen innerhalb des Gewerbegebietes noch nicht einmal ein Drittel dessen, was ökologisch notwendig wäre.

Anmerkung zur Bilanzierung

Grundsätzlich sieht der BUND Landesverband Sachsen e.V. die Bilanzierung über die Handlungsempfehlung kritisch. Insbesondere dann, wenn der Bilanzierung keine nachvollziehbare naturschutzfachliche Bewertung zur Seite gestellt wurde. Dies öffnet Tür und Tor einer einseitigen Berechnung. Insbesondere die Funktionsfaktoren werden offenbar „je nach Zielstellung“ eingesetzt. Dies soll anhand der Tabelle 9 des Umweltberichts dargelegt werden.

Darin wird dem vorhandenen Gehölzbestand (Hecke) in der freien Landschaft – fernab jeglicher Störungsquellen - kein Funktionsminderungsfaktor für die Lebensraum- und Biotopentwicklungsfunktion zugeschrieben, obwohl die Hecke in jedem Fall eine Bedeutung als Brut-, Nahrungs- und Rückzugsraum in dieser weitgehend ausgeräumten Landschaft besitzt. Im Gegensatz dazu erhält die geplante Randeingrünung des Gewerbegebietes einen Aufwertungsfaktor von 0,5 sowohl für die Lebensraum- als auch Biotopfunktion, obwohl die Hecke lt. Immissionsschutzgutachten in einem erheblich verlärmten Bereich (tagsüber 55 bis 65 dB(A)) und unmittelbar neben weiteren Störungsquellen (Bewegung, Beleuchtung) gepflanzt werden soll. Immissionsschutzfunktion und Lebensraumfunktion schließen sich im Übrigen aus. Für Fälle wie hier, wo suboptimale Standortvoraussetzungen vorliegen, sieht die Handlungsempfehlung sogar einen Abschlag auf den Planungswert vor.

Ähnliches ist von der bioklimatischen Ausgleichsfunktion zu sagen, welche der Randeingrünung zugeschrieben wird. Eine zu großen Teilen nur zweireihige Hecke neben hohen und dicht gebauten Gebäuden, die eventuell sogar Ablufteinrichtungen aufweisen können, kann nicht ansatzweise die Eingriffe in das vorhandene, bisher durch ungehinderte Luftzirkulation geprägte Gebiet kompensieren – hier ist ein entsprechenden Funktionsaufwertungsfaktor abzulehnen. Warum die Randeingrünung des Gewerbegebietes (mit Anschluss an die Straße) eine Verbundfunktion mit entsprechendem Aufwertungsfaktor erfüllen soll, bleibt wohl ebenso das Geheimnis der Verfasser.

Hinzu kommt, dass laut Handlungsempfehlung Funktionsaufwertungsfaktoren für Kompensationsmaßnahmen immer niedriger anzusetzen sind als der Funktionsminderungsfaktor. Wenn es also beim Bestand außer für die Retentionsfunktion sowie die ästhetische Funktion keinen Minderungsfaktor gibt, ist auch kein Aufwertungsfaktor möglich.

Flächen, die sich in Einwirkungsbereichen von Immissionen befinden, sollen zudem grundsätzlich nicht für Ausgleichsmaßnahmen herangezogen werden. Das gilt vorliegend neben der Randeingrünung auch für die sogenannten Artenschutzmaßnahmen (Anbringen von Niststeinen im Gewerbegebiet). Laut Immissionsschutzgutachten können die meisten Flächen im Gewerbegebiet mit lärmintensiven Gewerken belegt werden, so dass Schallpegel von bis zu 65 dB(A) am Tag die Regel sind. Damit ist die Lebensraumeignung für die meisten Vogelarten nicht mehr gegeben. Wenn eine Aufwertung lediglich „wahrscheinlich“ ist, reicht dies lt. Handlungsempfehlung zum Nachweis der Kompensation nicht aus.

Wir bitten um Mitteilung des Abwägungsergebnisses.


Mit freundlichen Grüßen

Petra Weinschenk

i.A. des Landesvorstandes

 

 




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