13. Februar 2014

Stellungnahme zum Bebauungsplan der Stadt Düben „Obere Steinäcker Waldsiedlung / Wellaune“

 

Sehr geehrte Damen und Herren,


der BUND Landesverband Sachsen e.V. als anerkannter Naturschutzverband bedankt sich für die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme und nimmt nach Prüfung der Unterlagen auf Grundlage des § 36 Abs.1 Satz 2 SächsNatSchG wie folgt zu Ihrem Schreiben Stellung.


Wir lehnen das oben genannte Vorhaben mit nachfolgenden Begründungen ab.


Dagegen sprechen folgende Sachverhalte, die aus gegenwärtiger Sicht entscheidend anders zu bewerten sind, als der letzte genehmigte Zustand im Jahr 2007 nach § 15 BImSchG angezeigt und durch das Regierungspräsidium am 9.5.2007 beschieden wurde.


Die Haltung der Tiere mit 4940 Sauenplätzen und 480 Ferkelplätzen soll im Wesentlichen durch den Abriss vorhandener Stallgebäude und Neubau von Stallbereichen für die Haltung von 3200 Sauen (Wartebereich II), ─1212 Sauen (Wartebereich I) ─ 1018 Zuchtläufer und Sauen incl. Eber (Deckzentrum) und – 1152 ferkelführende Sauen (Abferkelbereich), erweitert werden.


Trotz einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gemäß § 16 BImSchG und der aufgrund einer Lagerkapazität von über 6500 m³ Gülle zusätzlich gemäß Nr. 9.36 Spalte 2 der 4. BImSchV gemäß BImSchG erforderlichen Genehmigungspflicht und einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß.§ 3 Umweltprüfungsgesetz (UVPG), können nachfolgend aufgeführte Sachverhalte mit erheblichen Gefährdungsrisiken für Mensch und Umwelt nicht übergangen werden, sondern sind die Begründungen einer Nichtzustimmung dieses B-Planes.

Bisher werden in dieser intensiven Sauenhaltung zunehmend Antibiotika und Hormone eingesetzt.

Hauptgründe dieses Medikamenteneinsatzes bei gesunden Tieren sind eine Erhöhung der Rentabilität durch eine höhere Arbeitsproduktivität, sowie die Steigerung der Aufzuchtleistungen (mehr aufgezogene Ferkel je Sau und Jahr).


Der Hormoneinsatz dient der hormonellen Steuerung der Brunst (Paarungsbereitschaft) der Ovulation (Eisprung), der Geburtswehen und zum Teil auch der Geschlechtsreife (Pubertät).

Die Sauen sollen möglichst gleichzeitig in die Rausche kommen, gleichzeitig künstlich besamt werden und knapp vier Monate später auch gleichzeitig abferkeln. So kann man mit Hormonen die Arbeitsbelastungen, bzw. die arbeitsaufwändigsten Zeiten gut steuern. Ebenso ist die Leistungssteigerung der Sauen, mehr überlebender Ferkel je Sau durch Geburtsbeschleunigung, das zu erwartende Ergebnis.

Die eingesetzten Hormone (natürliche - bzw. synthetische) dienen demzufolge zur praxisüblichen Zyklussteuerung (Brunstsynchronisation etc.).


Die in dieser Stallanlage gehaltenen Sauen je Arbeitskraft sind sehr hoch (300 Sauen je Arbeitskraft sind möglich). So kann auch die Anzahl der geborenen Ferkel und abgesetzten Ferkel pro Sau negative Auswirkungen auf den Tierschutz, bzw. die Tiergesundheit haben.

So kann es auch vorkommen, dass die Sauen mehr Ferkel gebären, als sie Zitzen haben

(x etwa 14 Zitzen). Größere Würfe haben niedrigere Geburtsgewichte der einzelnen Ferkel zur Folge, die dann auch anfälliger für eine Auskühlung und eine niedrige Überlebensrate haben bzw. sie können erdrückt werden. Zu schwache und überzählige Ferkel werden daher in solchen Massentierhaltungen oftmals erschlagen, ohne dabei den Tierschutz zu beachten.

Diese Qualzucht muss verboten werden!


Wie mit den überzähligen Ferkeln in Wellaune umgegangen wird, müsste bei einer unangekündigten Kontrolle durch den zuständigen Amtsveterinärarzt feststellbar sein. Sollten eventuell verstorbene Ferkel im Kadaverhaus festgestellt werden, kann durch Konfiszierung und durch eine pathologische Untersuchung die Todesursache nachgewiesen werden (Einhaltung Tierschutzgesetz und Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung).


Welche Mengen, wieviel und wie oft Hormone und Antibiotika in dieser Sauenzuchtanlage zum Einsatz kommen, kann die zuständige Veterinärbehörde nachprüfen, da Landwirte und Tierärzte den Einsatz entsprechend rechtlicher Vorschriften dokumentieren müssen. Die möglichen Gefährdungen auf die menschliche Gesundheit, durch Einträge von Hormonen und Antibiotika durch diese intensive Sauenhaltung über die Ausbringung der Gülle oder Gärreste in die Umwelt über Oberflächengewässer, Grundwasser und damit prinzipiell ins Trinkwasser, muss überprüft werden.


Da Gülle dem Abfallrecht unterliegt, ist sie als Nebenprodukt zu bezeichnen.

Demzufolge muss die untere Abfallbehörde bestätigen, welche Landwirtschaftsbetriebe auf welchen Flächen diese Gülle ausbringen lassen, damit unterliegt sie den Düngemittelrecht. Während der Stickstoffgehalt der Gülle untersucht werden muss, werden Antibiotika und Hormone bisher nicht untersucht. Der gülleausbringende Betrieb bzw. das hier tätige Lohnunternehmen, muss diese Untersuchung veranlassen.


Inwieweit dies bisher regelmäßig kontrolliert wurde, ist aus dem B-Plan nicht erkennbar bzw. ist nicht Gegenstand des Inhaltes. Die Belastung der Gewässer und Böden durch direkte Einträge durch die Gülleausbringung aus der intensiven Sauenzuchtanlage Wellaune auf den Ackerflächen im Naturpark Dübener Heide, ist ein Gefährdungsrisiko für die Menschen und die Umwelt, dass bisher völlig unterschätzt wurde.

Da auch Trinkwasser laut Trinkwasserverordnung akribisch regelmäßig und umfassend – allerdings nicht auf hormonelle Stoffe und Antibiotika untersucht wurde, ist die Unterschätzung der Belastungssituation sehr prekär.


Da das Trinkwasserschutzgebiet an der B2 von der Sauenzuchtanlage nicht weit entfernt ist und Grundwasserstockwerte bzw. Grundwasserleiter keine Grenzen haben, sind mögliche Gefahren für die menschliche Gesundheit, wie aus Literaturquellen bekannt, wie Brustkrebs, Hodenkrebs, Prostatakrebs, Unfruchtbarkeit, Adipositas etc., auf Grund der Gülleausbringung auf den Ackerflächen Naturpark Dübener Heide vorprogrammiert.


Die mit Hormonen und Antibiotika belastete Gülle kann durch Versickerung und Persistenz über lange Zeiträume entsprechend der unterschiedlichen Böden für die Menschen gesundheitsschädigende Folgen haben, die nicht mehr reparierbar sein können und gerade in dieser sogenannten Gesundheitsregion eine tickende Zeitbombe zu betrachten sind. Ein umfassendes Monitoring ist deshalb umgehend einzuleiten.


Die Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 14 BauGB sind vordergründig zu betrachten.


Die Belastung der Anwohner und ihrer Gesundheit sowie die von Umwelt und Natur durch Emissionen/Immissionen (Gerüche, Keime, Ammoniak, N-Depositionen, Feinstaub, Bioaerosole etc.) ist in den Unterlagen nicht zutreffend ermittelt/dargestellt, ebenso die Windverhältnisse. Vorbelastungen sind nicht bzw. unzutreffend berücksichtigt.


Es fehlt ein Gutachten zur Keimbelastung. Die gebotene Kontingentierung gemäß Geruchs-Immissions–Richtlinie ist nicht berücksichtigt. Wesentliche Biotope, deren Flora/Fauna und deren indirekten Schädigung sind nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt.

Da die Sauenzuchtanlage Wellaune als gewerblicher Betrieb ohne Boden, in der Nähe der sensiblen Naturschutzgebiete, FFH-Gebiet “Vereinigte Mulde und Muldenaue“, Europäisches Vogelschutzgebiet „Vereinigte Mulde“, Landschaftsschutzgebiet LSG „Noitzscher und Prellheide“, liegt, sind alle Veränderungen in folge der Gülle– bzw. Gärresteausbringung mit den bereits erwähnten hohen Risiken nach §33 BNatSchG in seinen für die Erhaltungsziele oder Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können, unzulässig.


Nach Recherchen des Unterzeichners liegen die Ackerflächen der gülleabzunehmenden Landwirtschaftsbetriebe in diesen sensiblen Gebieten, daher ist auch die bisherige Gülleverwertung aus obengenannten Gründen zu überprüfen.


Inwieweit die bisherige sogenannte ordnungsgemäße Landwirtschaft (mit guter fachlicher Praxis) mit den bereits bestehenden Belastungen, mit der vorgesehenen zukünftigen Erweiterung der Anlage, mit der geplanten Biogasanlage zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes dieser Naturschutzgebiete führen wird, ist vordergründig zu untersuchen.


Neben der Gewährleistung der genannten Gebiete nach Naturschutzrecht ist auch der Tierschutz auf Grund der schlechten Haltungsbedingungen und der Missachtung der biologischen Grenzen in der Sauenhaltung durch Einsatz von Hormonen und Antibiotika und deren fortlaufenden Umweltbelastungen zu rügen, sodass im angekündigten Tierschutz TÜV im Koalitionsvertrag der Bundesregierung diese Stallsysteme im sogenannten 3 -Wochen- Rhythmus verboten werden müssen


Die gleichen Vorsorgeverpflichtungen aus §5 Abs.1 Nr.2 BImSchG treffen auch für den Brandschutz zu. Der notwendige Brandschutz gemäß Landes-Bauordnung ist nicht gewährleistet, auch im Hinblick auf die geforderte Evakuierung und Unterbringung der geretteten Tiere; es fehlt ein angemessenes Brandschutzgutachten.


Sollte die im Genehmigungsverfahren geplante Biogasanlage gebaut werden, ist zu dokumentieren, wo der einzusetzende Mais angebaut wird. Die Auswirkungen der Monokultur auf Böden/Klima und die Schädigung der Landschaft durch Vermaisung, wie

die zunehmenden Transporte aus der Sicht der Verkehrsbelastungen und den derzeitigen Zustand der Zufahrtsstraßen und Verkehrssicherheit, sind ebenso zu prüfen.


Wenn der Regionalplan und der Landesentwicklungsplan unter Z 5.1.7, Z 8. 2. 2, Z 9.1.1 und Z 9.1.2 (S.4 Begründung B-Plan „Obere Steinäcker Waldsiedlung / Wellaune“, so wie beschriebe Wirklichkeit werden soll, ist das oben beschriebene ungelöste Konfliktpotenzial Gülle /Gärreste aus dieser Massentierhaltung mit allen diesen Gefährdungen für Mensch, Tier, Natur und Umwelt weit über den B-Plan hinaus für die Kurstadt Bad Düben und den Naturpark Dübener Heide mit den vielen lobenswerten Vorzügen als Gesundheitsregion eine düstere Zukunft mit erheblich wirtschaftlichen Konsequenzen, Dank des Europa größten Schweinehalters Adriaan Straathof, vorauszusagen.


Aus diesen Gründen lehnen wir den vorliegenden Bebauungsplan „Obere Steinäcker Waldsiedlung/Wellaune, Stadt Bad Düben, Gemarkung Wellaune Flur 4 ab.


Mit freundlichen Grüßen



Roland Einsiedel

i.A. des Landesvorstandes

und der Regionalgruppe Nordwestsachsen

 

 




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