29. Januar 2014
Stellungnahme zum Hochwasserentstehungsgebiet „Obere Müglitz/Weißeritz“
Sehr geehrte Damen und Herren,
der BUND Landesverband Sachsen e.V. bedankt sich für die Beteiligung im o.g. Verfahren und nimmt nachfolgend Stellung.
Der Rechtsverordnung wird nicht zugestimmt, da wir sie als nicht weitreichend genug und als voraussichtlich nicht wirksam einschätzen.
Begründung
Grundsätzlich sieht der BUND die behördliche Ausweisung von Hochwasserentstehungsgebieten als längst überfälligen Verwaltungsakt positiv, weil sie dem Grundgedanken des Rückhalts in der Fläche folgt. Im Detail ergeben sich jedoch noch einige grundlegende Fragen zum Verordnungsinhalt.
Südwestlich von Dippoldiswalde und zwischen Reichenau und Schönfeld gibt es größere „Inseln“ der östlichen Teilfläche, in denen teilweise großflächige Ackerflächen nicht als Hochwasserentstehungsgebiet ausgewiesen wurden. Diese Flächen sind in Agroview 2013 aber auch als Flächen mit Wasser-Erosion belegt. Es ist nicht erkennbar und fachlich dargestellt, warum diese unstrukturierten Hangflächen vom Umgriff der Verordnung ausgespart werden sollen.
Es ist uns bekannt, dass südöstlich das Hochwasserentstehungsgebiet "Altenberg/Geising" bereits rechtskräftig ausgewiesen wurde. Es ist aus den Unterlagen nicht erkennbar, wie die beiden Gebiete flächenmäßig korrelieren (Überschneidung, Lücken?).
Schutzzweck des Gebietes ist, neben dem Erhalt des Wasserrückhaltevermögens dieses auch zu verbessern. Das bedeutet, dass über den üblichen „Ausgleich“ von Eingriffen in den Wasserhaushalt hinaus auch zusätzliche Maßnahmen des Wasserrückhalts im Gebiet umgesetzt werden sollen. Davon ist jedoch im Verordnungsentwurf nichts erkennbar. Die unter Punkt 1.3 benannten „Ausgleichsmaßnahmen“ sind die üblichen Maßnahmen, welche bei Versiegelungen auch außerhalb dieses speziellen Gebietes geplant werden. Das Hochwasserproblem entsteht jedoch nicht nur durch Neuversiegelungen, sondern vor allem durch zu schnellen Wasserabfluss auf land- und forstwirtschaftliche genutzten Flächen, indem der Boden drainiert, Bäche verrohrt und begradigt, Kleinstrukturen beseitigt, standortfremde Waldgesellschaften etabliert und der Boden durch schwere Technik und großflächigen Maisanbau verdichtet wurden. Für diese Problemfelder können „Ausgleichsmaßnahmen“ (die nur durch weitere Eingriffe „generiert“ werden können), nicht die Lösung sein. Vielmehr ist auf der Basis der Verordnung z.B. im Rahmen von Flurneuordnungsverfahren eine langfristige ökologische Umgestaltung der Landschaft und möglicherweise auch der Bewirtschaftungsformen im Hochwasserentstehungsgebiet erforderlich, die ggf. entschädigungspflichtige Tatbestände beinhalten. Dies ist als separater Punkt aufzunehmen und zu regeln, ansonsten ist die Verordnung in Praxis wertlos.
Neben der Problematik der unzureichenden Umsetzung des Ausgleichs ist die unkritische Anwendung der Handlungsempfehlung für die Bewertung und Bilanzierung von Eingriffen im Freistaat Sachsen der Grund für das hohe Defizit beim Ausgleich für den Eingriff in den Bodenwasserhaushalt und damit ein Grund für die Verschärfung von Hochwassergefahren. So ist aus Sicht des Grundwasserneubildungsvermögens des Bodens fachlich nicht vertretbar, die Neuversiegelung von 10.000 m² Acker durch ca. 3.000 m² Gehölzpflanzungen als „ausgeglichen“ zu bilanzieren, wie dies bei der Handlungsempfehlung rein rechnerisch möglich ist. Es ist deshalb auch im Punkt 1.3 des Verordnungsentwurfs erforderlich (ähnlich in Punkt 1.2 bereits geregelt), dass bei der Dimensionierung und Festsetzung von Ausgleichsmaßnahmen ein rechnerischer Nachweis der verbesserten Wasserversickerung und Wasserrückhaltung erbracht wird, der eine Wasserbilanz beinhaltet (Oberflächenabfluss, Versickerung, Verdunstung). Dabei wird sich zeigen, dass nicht jede Ausgleichsmaßnahme den Wasserrückhalt signifikant verbessert. Genau dies sollte aber das Ziel sein.
Wir lehnen die Anerkennung von technischen Regenrückhalteeinrichtungen als Kompensationsmaßnahme ab. Derartige Einrichtungen stellen in der Regel neue Eingriffe in Natur und Landschaft dar und sind bestenfalls (z.B. bei Rigolen und sonstigen Versickerungseinrichtungen in Gebäudenähe) Minderungsmaßnahmen. In keinem Fall kann die Versiegelung unverbauten Bodens durch technische Rückhaltungen ausgeglichen werden.
Wir bitten um Prüfung unserer Einwände und weitere Beteiligung im Verfahren.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Weinschenk
im Auftrag des Vorstandes
Diese Stellungnahme als pdf