5. Mai 2017

Stellungnahme zur Errichtung eines Parkplatzes für die Torhäuser und andere Nutzungen im Kees’schen Park in Markkleeberg im Landschaftsschutzgebiet (LSG) „Leipziger Auwald“

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrte Frau Höhn,

 

der BUND Landesverband Sachsen e. V., vertreten durch die Regionalgruppe Leipzig, bedankt sich für die Beteiligung zum o. g. Verfahren und nimmt hierzu wie folgt Stellung:

Die Gewährung einer naturschutzfachlichen Erlaubnis für die Errichtung eines Parkplatzes im LSG „Leipziger Auwald“ und im FFH-Gebiet „Leipziger Auwald“ wird entschieden abgelehnt. Aufgrund von Handlungen, die gegen naturschutzrechtliche Vorgaben verstoßen, regen wir die Einleitung eines Strafverfahrens an.

Begründung:

Der Vorhabenträger begehrt eine naturschutzfachliche Befreiung von den Verboten des LSG „Leipziger Auwald“, um im LSG einen Parkplatz zu errichten.

1.    Fehlerhafte Beteiligung und Schaffung von Tatsachen

Die anerkannten Naturschutzvereinigungen und Umweltverbände sind bei Befreiungen von Verboten des LSG sowie bei der Befreiung von Verboten eines Natura-2000-Gebietes im Vorfeld zu beteiligen, § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG und § 33 Abs. 1 SächsNatSchG. Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand wurden im Vorhabengebiet bereits mehrere Baumfällungen sowie eine Baufeldfreimachung vorgenommen (im September 2016). Bei diese Handlungen, die gegen die Verbote des LSG sowie SPA-Gebiet „Leipziger Auwald“ verstoßen, wurden wir als anerkannte Naturschutzvereinigung im Vorfeld nicht beteiligt, so dass hier ein Rechtsverstoß durch eine unterlassene Beteiligung der anerkannten Naturschutzvereinigungen festzustellen ist. Das Beteiligungserfordernis ist auch nicht durch die Aufstellung des Bebauungsplans im Jahr 2009 entfallen.

2.    Gründe für Befreiung von den Verboten liegen nicht vor

Das Vorhaben liegt im LSG „Leipziger Auwald“. Alle Handlung, insbesondere die schon durchgeführten, bedürfen der Befreiung von den Verboten der LSG-Verordnung. Neben dem im Beteiligungsschreiben erwähnten § 5 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung sind darüber hinaus weitere Befreiungen von Verboten notwendig. Dies betrifft insbesondere § 4 Abs. 1, § 4 Abs. 2 Nr. 5 u. 7 sowie § 5 Abs. 2 Nr. 6,  7 u. 13 der Verordnung. Der Vorhabenträger beabsichtigt die Errichtung von baulichen Anlagen, nutzt das Vorhabengebiet bereits als Stellfläche für PKW’s sowie zur Durchführung von Veranstaltungen wie dem „Weihnachtsmarkt“.  Alle diese beabsichtigten und bereits durchgeführten Handlungen bedürfen der Befreiung von den Verboten der LSG-Verordnung. Sie sind nur zulässig, wenn sie dem besonderen Schutzzweck der Verordnung nicht zuwiderlaufen. Besonderer Schutzzweck ist gem. § 3 der Verordnung:

1.    „Sicherung der durch die Flüsse Weiße Elster, Luppe und Pleiße entstandenen Flußauenlandschaft, die durch ihre Einzigartigkeit im nordwestsächsischen Raum sowie durch eine besondere Schönheit der in großen Teilen naturnahen Landschaftsstrukturen geprägt ist und die eine hohe wissenschaftliche, naturgeschichtliche und landeskundliche Bedeutung hat;

2.    Erhalt und Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes der Flußauen und der angrenzend umfaßten Naturräume in ihrer Gesamtheit und in Teilbereichen, insbesondere des Wirkungsgefüges von Boden, Wasser, Luft, Klima, Tier- und Pflanzenwelt;

3.    Erhalt und Wiederherstellung auentypischer Wasserverhältnisse und -dynamik als Grundlage für die Erhaltung und Entwicklung der gesamten Leipziger Auenlandschaft;

4.    Erhalt und Entwicklung auentypischer Strukturen, wie Hartholzaue, Weichholzbestände, Altwässer und -arme, Feuchtwiesen, Röhrichte, und sonstiger wertgebender Strukturen feuchter Standorte;

5.    Erhalt und Entwicklung sonstiger im Gebiet wertgebender Strukturen, wie Halbtrockenrasen, Einzelbäume, Hecken- und Restgehölzstrukturen, Feuchtwiesen oder Röhrichte außerhalb der Aue;

6.    Erhalt von Lebensgemeinschaften und Biotopen wildlebender Tier- und Pflanzenarten;

7.    Erhalt und Entwicklung des Biotopverbundes;

8.    Sicherung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes;

9.    Sicherung und Entwicklung der besonderen Bedeutung des Gebietes für die Erholung unter Berücksichtigung des jeweils landschaftsverträglichen Maßes der Nutzung.“

Das Vorhaben läuft insbesondere dem besonderen Schutzzweck in Form der Nummern 2, 3,  7, 8 und 9 entgegen. Die bereits vorgenommene und beabsichtigte Beseitigung der Einzelbäume und Hecke läuft offensichtlich dem besonderen Schutzzweck in Form des Erhalt und der Entwicklung von Einzelbäumen und Hecken- und Restgehölzstrukturen außerhalb der Aue entgegen. Gleichzeitig wird durch die Errichtung des Parkplatzes die Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes beeinträchtigt. Eine Erholnutzung in dem betreffenden Gebiet ist hierdurch auch ausgeschlossen, so dass der besondere Schutzzweck des LSG dem Vorhaben in vielfacher Weise entgegensteht. Von dem besonderen Schutzzweck kann nur nach § 8 Abs. 1 der Verordnung eine Befreiung erteilt werden. Die Befreiungsgründe liegen hier offensichtlich nicht vor. Insbesondere liegt kein überwiegender Grund des Gemeinwohls vor, der eine Befreiung rechtfertigen würde. Es handelt sich um eine privatwirtschaftliche Tätigkeit und die Nutzung des Parkplatzes ist auch nicht für die Allgemeinheit vorgesehen, so dass hierin kein Grund des Gemeinwohls zu sehen ist. Vielmehr liegt ein überwiegender Grund des Gemeinwohls in Form der Belange des Naturschutzes (Schutzwürdigkeit des LSG) vor. Die Befreiung ist aus diesem Grunde abzulehnen. Gleichzeitig ergibt sich das Bild, dass die bereits vorgenommenen Handlungen zur Herstellung der Baufreiheit gegen die Verbote des LSG verstoßen.

Die Befreiung kann auch aufgrund der durch den Vorhabenträger erstellten artenschutzfachlichen Begutachtung nicht erteilt werden. Diese prüft die Vereinbarkeit mit den artenschutzrechtlichen Vorschriften des §44 BNatSchG und lässt dabei den Schutzzweck des LSG unberücksichtigt. Gleichzeitig leidet die artenschutzrechtliche Begutachtung an erheblichen Mängeln. So fehlt es an einer Ermittlung der vorkommenden Arten, um eine Beurteilung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit den artenschutzrechtlichen Verboten des § 44 BNatSchG vorzunehmen, den diese sind auf geschützte Arten bezogen, die vorliegend nicht einmal ermittelt wurden. Des Weiteren ist die gewählte Untersuchungsmethode fehlerhaft. Eine Begehung in einem Wintermonat (hier am 7.11.2016) ist schlicht ungeeignet, den Besatz von Höhen oder ähnlichem festzustellen. Vielmehr bedarf es einer mindestens dreitägigen Erfassung der vorkommenden Arten im Frühjahr bei geeigneten Wetterbedingungen und nach den fachlichen Anforderungen. Im Ergebnis ist festzustellen, dass die artenschutzrechtliche Untersuchung nicht geeignet ist, weder die Vereinbarkeit mit den naturschutzfachlichen Verboten, noch mit den Verboten des Landschaftsschutzgebietes zu belegen. Weiterhin bestehen erhebliche Zweifel daran, dass den Empfehlungen der artenschutzrechtlichen Untersuchung Folge geleistet wird, da insbesondere Gehölz- und Heckenbeseitigungen in der Vergangenheit gerade nicht im Zeitraum zwischen 1. März und 30. September vorgenommen wurden. So wurden in der Vergangenheit auch die Rodung von Bäumen im Zeitraum des November 2016 festgestellt. Die bereits beseitigten Gehölze und Heckenstrukturen werden zudem in der artenschutzrechtlichen Begutachtung gar nicht mehr aufgeführt, können demnach durch ihre Beseitigung nicht mehr untersucht werden.

 

 

3.    Fehlende Prüfung der FFH-Verträglichkeit

Neben der Lage des Vorhabens im LSG, liegt das Vorhaben weiterhin im SPA-Gebiet „Leipziger Auwald“. Daher ist hier nicht nur die Prüfung der Befreiung von den Verboten des LSG vorzunehmen, sondern auch eine Natura-2000-Verträglichkeitsprüfung gem. § 33 Abs. 1 BNatSchG. Aufgrund der fehlenden Verträglichkeitsprüfung ist das Vorhaben ebenfalls nach § 33 Abs. 1 BNatSchG als unzulässig zu erachten. Zudem liegt eine fehlerhafte Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände vor, da hier erhebliche Beeinträchtigungen hervorgerufen werden und somit eine Befreiung von den Verboten des SPA-Gebietes notwendig ist. Eine erhebliche Beeinträchtigung liegt schon durch die Inanspruchnahme von Flächen innerhalb des SPA-Gebietes vor.

4.    Notwendige Einleitung eines Strafverfahrens und notwendige Sanierungsanordnung für den Umweltschaden

Da der Vorhabenträger bereits vor Erteilung einer naturschutzrechtlichen Befreiung sowie ohne eine Natura-2000-Verträglichkeitsprüfung Handlungen in Form von Gehölzbeseitigung und Baufeldfreimachung vorgenommen hat, liegen hier rechtswidrige Handlungen vor, die durch die Eröffnung eines Strafverfahrens durch die untere Naturschutzbehörde zu ahnden sind. Insbesondere liegt hier nach unserer Ansicht eine Ordnungswidrigkeit nach § 61 Abs. 1, 2 u. 3 BNatSchG i. V. m. § 9 Abs.1, Abs. 2 Nr. 5 u. 7, Abs. 3 Nr. 1, 2, 6 u. 7 der Verordnung des Regierungspräsidiums Leipzig zur Festsetzung des Landschaftsschutzgebietes „Leipziger Auwald“ vor. Des Weiteren  liegt im Speziellen eine Ordnungswidrigkeit nach § 69 Abs. 3 Nr. 6 BNatSchG vor, wegen einer Veränderung und Störung eines Natura-2000-Gebietes.

Daneben handelt es sich bei den bereits vorgenommenen Handlungen um einen Umweltschaden im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. a Umweltschadensgesetzt (USchadG). Der Verantwortliche, hier der Vorhabenträger (MIB Investitionsgesellschaft Kees’scher Park mbH) ist somit durch die zuständige Behörde zur Sanierung des Umweltschadens gem. § 6 USchadG zu verpflichten. Eine Aufforderung zum Tätigwerden gem. § 10 USchadG wird hiermit gegeben. Auf Nachfrage können wir gerne eine entsprechende Fotodokumentation der vorgenommenen Handlungen der zuständigen Behörde zukommen lassen. Wir gehen jedoch davon aus, dass alleine eine Vorort-Begutachtung ausreichen würde, um die vorgenommenen Handlungen (Gehölzrodungen/Baufeldfreimachung) ausreichend zu beweisen.

Wir bitten ausdrücklich um weitere Beteiligung am Verfahren und um Benachrichtigung, wie mit unseren Einwendungen verfahren wird. Des Weiteren bitten wir um Auskunft über die Einleitung eines Strafverfahrens.

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer

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