19. Juli 2013
Regionalplan Chemnitz - Ausarbeitung des Entwurfs und Festlegung des Untersuchungsrahmens der Umweltprüfung
Sehr geehrter Herr Vogel, sehr geehrter Herr Kropop,
unser Umwelt- und Naturschutzverband bedankt sich für die Gewährung der Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen zu diesem Vorhaben und die zur Verfügungstellung der Planunterlagen im Internet. Diese Stellungnahme des BUND Landesverbandes Sachsen wurde verfasst auf Grundlage einer Stellungnahme der Regionalgruppe Stollberg.
Die BUND Sachsen stimmt dem Entwurf des Regionalplans für die Region Chemnitz in der vorliegenden Form nicht zu. Wir halten insbesondere die unten näher beschriebenen textliche Änderungen für erforderlich.
Stellungnahme zur Ausarbeitung des Regionalplans
(unsere Ergänzungen zu Zielen u. Grundsätzen heben wir fett hervor)
Zum Leitbild der Region
Änderungsvorschlag; S. 8, Abs. 6, Satz 3:
Die landschaftlichen Qualitäten und natürliche Vielfalt der Naturräume sind durch eine standortangepasste und umweltschonende Landnutzung und durch den Schutz vor vermeidbaren Beeinträchtigungen nachhaltig zu sichern, qualitativ und quantitativ zu verbessern sowie sicht- und erlebbar zu gestalten.
Zu II. Handlungsschwerpunkte Regionalplan
Der HSP 6. “Einbindung von Strategien zum Klimaschutz und zur vorausschauenden Anpassung an die Folgen des Klimawandels” ist bislang nur partiell in den Regionalplan integriert. In fast allen Bereichen – auch der Landwirtschaft – fehlen Ziele oder Grundsätze, bzw. Unteraspekte dieser, die auf den Klimaschutz ausgerichtet sind. Damit wird dieser elementar wichtige Handlungsschwerpunktteil “Einbindung von Strategien zum Klimaschutz” im derzeit vorliegenden Textteil des künftigen Regionalplans noch nicht hinreichend umgesetzt. Wir fordern deshalb, den Klimaschutz in der weiteren Be- und Überarbeitung des Regionalplans konsequenter und durchgängig in allen diesbezüglich relevanten Zielen und Grundsätze zu ergänzen. Das betrifft insbesondere die Landwirtschaft, aber auch die Forstwirtschaft und die Siedlungsentwicklung sowie weitere Bereiche.
Zu Arten und Biotope, großräumig übergreifender Biotopverbund
G 2.1.3.2:
Die Durchgängigkeit und Verbundfunktion fließender Gewässer mit ihren Auenbereichen als wesentlichen Elementen des großräumig übergreifenden Biotopverbundes soll auch innerhalb besiedelter Bereiche wiederhergestellt und gesichert werden.
Zu Boden und Altlasten
G 2.1.5.1:
Durch die bevorzugte Inanspruchnahme baulich bereits vorbelasteter Böden, durch eine flächensparende Bauweise, durch die Vermeidung überdimensionierter versiegelter Freiflächen, durch den Rückbau un- oder untergenutzter versiegelter Bereiche und durch einen hohen Grünflächenanteil baulicher Freiflächen soll der Versiegelungsgrad minimiert werden.
Mittelfristig soll der Bedarf an Siedlungs- und Verkehrsfläche weitgehend durch Wiedernutzung und Flächenrecycling gedeckt werden. Neuversiegelung wird vorrangig und größtenteils durch Entsiegelung kompensiert.
Unvermeidbare Flächenbefestigungen sollen unter Beachtung baulicher Erfordernisse in möglichst weitgehend wasserdurchlässiger Bauweise erfolgen (Fuß- und Radwege, Park- und Hofflächen usw.), soweit dem keine Wasserschutzbelange entgegenstehen. Durch Versiegelung anfallendes nicht verunreinigtes Niederschlagswasser soll vorzugsweise vor Ort zur Versickerung gelangen können.
Zu Klima, Luft
Bislang sind hier, dem geänderten Entwurf des LEP 2012 folgend, die “traditionellen Standardaspekte” des Siedlungsklimas und der guten Luftqualität aufgegriffen worden. Damit wird der Regionalplanentwurfsstand u.E. seinem gesetzlichen Auftrag für eine nachhaltige Raumentwicklung nicht gerecht. In Anbetracht des voranschreitenden Klimawandels und der hinlänglich nachgewiesenen Ursächlichkeit lokaler und regionaler raumwirksamer Entscheidungen für den globalen Klimawandel ist dieses Plankapitel um Aussagen zur Raumnutzung zu ergänzen, die tatsächlich geeignet sind, eine nachhaltige Raumentwicklung in Hinblick auf die klimatische Entwicklung zu gewährleisten. Andernfalls würde der Regionalplan nicht seinem gesetzlichen Planungsauftrag gerecht. Diese Ergänzungen könnten u.a. beinhalten:
1) Der Anstieg des CO2-Gehalts der Luft wird durch CO2-Senken und eine Erhöhung der natürlichen CO2-Speicherkapazität gebremst, z. B. durch Erhalt und Entwicklung von naturnahen Mooren, Wiedervernässung organischer Böden, Erhalt des Grünlands und durch Waldmehrung.
2) Kompakte und dichte Siedlungsstrukturen sind durch Nachverdichtung und Wiedernutzung von Brachflächen gezielt als klimaschonende Siedlungsstrukturen entwickelt worden. Gleichzeitig ermöglichen durchdacht angeordnete Luftleitbahnen, Freiräume und vielfältiges Stadtgrün eine hohe Luftqualität, Frischluft und ein gesundheitszuträgliches Lokalklima (z. B. Milderung extremer Hitzeperioden) sowie eine hohe Lebensqualität in Städten und Siedlungen.
Risiken für die menschliche Gesundheit durch benachbarte, konfligierende Flächennutzungen (z. B. Wohnen und Industrie) wurden durch räumliche Entflechtung und weitere Maßnahmen minimiert.
In Bereichen schutzbedürftiger Flächennutzungen (z. B. Sportanlage, Krankenhaus, Kindergarten) und Lebensräume (auch außerhalb des Siedlungsbereiches) ist durch entsprechende Gestaltung benachbarter Flächennutzungen auf durchgehend niedrige Konzentrationen von Luftschadstoffen (z. B. von Ozon, NO2, PM10 und PM2,5) hinzuwirken.
3) Klimaschonende Mobilitätskonzepte auf Ebene des Freistaates, der Regionen und Kommunen tragen erheblich zu einer Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Reduktionsziele für klimawirksame Emissionen bei. Eine Erhöhung des ÖPNV-Nutzer-, Fahrrad- und Fußgängeranteils, Verkehrsleitsysteme und -beruhigung im Siedlungsbereich bewirken eine spürbare Reduktion von Luftschadstoffen.
Diese Entwicklung wird maßgeblich durch klimafreundliche und luftqualitätsfördernde Straßenraumgestaltung (z. B. Querschnitte/Anteile für die einzelnen Verkehrsträger, Straßenbegleitgrün [Bäume/ Bodendecker] und Fahrradstellplätze) ermöglicht.
4) Klimarelevante Emissionen der Landwirtschaft werden auf ein niedriges Niveau verringert. Stickstoffüberschüsse werden ebenso wie Ammoniak-emissionen durch verschiedene Maßnahmen reduziert (z. B. Verzicht ackerbaulicher Nutzung auf Böden mit hoher CO2-Bindung, konsequente Nutzung von Minderungspotenzialen bei hohem Viehbesatz, Fortbildung).
5) Die Nutzung erneuerbarer Energien und die Energieeffizienz von Siedlungs- und Verkehrsinfrastruktur sowie Landnutzung werden durch integrative und grenzüberschreitende Planungspraxis in der Raum-, Bauleit-, Landschafts- und Siedlungsentwicklungsplanung natur- und landschaftsverträglich gesteigert.
Die Standortwahl für erneuerbare Energien, insbesondere für den Anbau energetisch zu verwertender Pflanzen und für Windkraftanlagen, erfolgt qualifiziert sowie natur- und landschaftsschonend.
Zum Wasser
Die Ziele Z 2.2.1.1, 2.2.1.6 und 2.2.2.3 sind derart allgemein formuliert, dass damit u.E. ein erheblicher Verlust an potenzieller Zielqualität eines Zieles der Raumordnung einhergeht. Wir möchten daher nahelegen, diese wichtigen Ziele, denen eine große Bedeutung für die Erreichung der Ziele gemäß Art. 4 Wasserrahmenrichtlinie zukommen kann, konkreter zu formulieren. Dazu machen wir folgende Änderungs-/Formulierungsvorschläge und bitten um Übernahme unserer Formulierungsvorschläge:
Z 2.2.1.1
In den Regionalen Schwerpunkten der Grundwassersanierung sind auf der Grundlage von Gutachten zur Gefährdungsabschätzung Dekontaminationsmaßnahmen bzw. Sicherungsmaßnahmen durchzuführen. Mittel- bis langfristig ist eine Grundwasserbeschaffenheit zu erreichen, die der Zielstellung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie entspricht.
Wir regen zusätzlich an, insbesondere in Satz 2 noch deutlich konkretere Inhalte benennen zu können und somit u.E. eine größere Wirkung zu erzielen, als mit der deutlich allgemeiner gehaltene bisherige Zielformulierung. Unseres Erachtens dringend erforderlich ist zudem die zusätzliche Aufnahme und grafische Darstellung der Plankategorie “regionale Schwerpunkte der Fließgewässeröffnung”. Diese Ergänzung würde zur fließenden Retention und zum Hochwasserschutz in der Fläche, zur Verbesserung ökologischer Lebensraumbedingungen, zur chemischen Reiningung des Wassers und zur Aufwertung der Landschaftsbildqualität ganz erheblich beitragen.
G 2.2.1.6
Gewässerausbaumaßnahmen sollen naturnah und landschaftsgerecht gestaltet, durch Maßnahmen der Renaturierung begleitet sowie ökologisch aufwertend durchgeführt werden. Dabei ist die Durchgängigkeit der Fließgewässer für Organismen schädigungsfrei sowohl stromauf wie auch stromab zu gewährleisten bzw. wiederherzustellen.
Die Fließgewässeröffnung soll der Rückbau von verrohrten und die Renaturierung von naturfern ausgebauten einschließlich querverbauten Fließgewässern bzw. -abschnitten unter Beachtung der Hochwasserabflussfunktion des jeweiligen Fließgewässers durchgeführt werden. Dabei sollen die Voraussetzungen für eine eigendynamische Entwicklung naturnaher Ufergehölze unmittelbar am Gewässer geschaffen werden.
Z 2.2.2.3
In den Vorranggebieten Hochwasser (Überschwemmungsbereich) “sind vorhandene Retentionsräume zu sichern und in ihrer Retentions-funktion beeinträchtigte Bereiche dahingehend zu entwickeln, dass die Retentionsfunktion möglichst unbeeinträchtigt bei einem Hochwasserereignis wirksam werden kann.
Einer naturnahen Gestaltung der Retentionsräume ist möglichst der Vorrang gegenüber technischen Bauwerken einzuräumen.”
Ergänzende Erläuterung: “Dafür kommen u.a. Maßnahmen der ländlichen Neuordnung, sukzessive Nutzungsänderungen und ingenieurbiologische Bauweisen in Frage.”
Änderungsvorschlag zum Grundsatz
G 2.2.2.8 (alt) Maßnahmen des Hochwasserschutzes und ökologisch orientierte Maßnahmen der Gewässerentwicklung sollen unter effektiver Nutzung sich ergebender Synergien harmonisiert werden.
in
Z 2.2.2.8 (neu)
Maßnahmen des Hochwasserschutzes sind vorrangig durch ingenieurbiologischen Bauweisen umzusetzen. Ist das nicht möglich, werden die Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes durch ökologisch orientierte Maßnahmen der Gewässerentwicklung begleitet, so dass jegliche Hochwasserschutzmaßnahmen keinen Widerspruch zu einem guten ökologischen Gewässerzustand darstellen.
Ergänzungsvorschlag:
G 2.2.2.9
In Bereichen, in denen der Fließgewässerquerschnitt zu klein ist bzw. er eine zu geringe Abflusswirksamkeit aufweist, soll das Gewässer sukzessive durch Maßnahmen der ländlichen Neuordnung, strategischen Flächenankauf und Gewässerverbreiterungen hochwasserertüchtigt werden.
Der Regionalplan braucht nicht vorzugeben, dass der Rückhalt bei Bedarf erfolgen soll. Das ergibt sich bereits aus den generellen Zielstellungen zur nachhaltigen Entwicklung sowie durch konkrete ökonomische Überlegungen vor Ort. Der “Soll-Grundsatz” lässt hierfür bereits genug Spielraum auch ohne den Zusatz “bei Bedarf”. Wir unterbreiten deshalb folgenden Änderungsvorschlag:
G 2.2.3.4
Nicht schädlich verunreinigtes Niederschlagswasser soll durch natürliche Rückhaltesysteme in der Fläche zurückgehalten werden.
Die Versickerung von nicht schädlich verunreinigtem Niederschlagswasser soll vor Ort erfolgen.
Zur Land- und Forstwirtschaft
Im Leitbild der Region ist formuliert, dass die Naturräume der Region ein hohes Natur- und Landschaftspotenzial besitzen. Sie sind aufgrund ihrer landschaftlichen und naturräumlichen Ausstattung auch überregional bedeutend und attraktiv für den Tourismus und die Erholung. Die landschaftlichen Qualitäten und natürliche Vielfalt der Naturräume sind durch eine angepasste und schonende Landnutzung und durch den Schutz vor vermeidbaren Beeinträchtigungen nachhaltig zu sichern sowie sicht- und erlebbar zu gestalten.
Gemäß Grundsatz G 1.1.2 ist die Entwicklung der Raumstruktur in den ländlichen Räumen vorrangig auf die Erhaltung einer leistungsfähigen, umweltverträglichen Land- und Forstwirtschaft hin auszurichten. Und Grundsatz G 2.3.1.1 führt aus, dass die Landwirtschaft in allen Teilen der Region so zu erhalten und zu entwickeln ist, dass sie ihren Aufgaben zur Sicherung der Lebensgrundlagen und zur Versorgung der Bevölkerung auch unter den Herausforderungen von Klimaveränderungen bzw. des Klimawandels nachkommen und zur Schonung von Natur und Umwelt sowie nachhaltig zur Pflege der Kulturlandschaft beitragen kann.
Denen von uns durch Unterstreichung hervorgehobenen Leitbild- und Grundsatzaspekten ist unseres Erachtens bislang zu wenig Gewicht beigemessen worden.
Wir fordern, dass der Grundsatz G 2.3.1.1 mit Zielqualität als Ziel Z 2.3.1.1 wie folgt formuliert wird: “Die Landwirtschaft ist in allen Teilen der Region so zu erhalten und zu entwickeln, dass sie ihren Aufgaben zur Sicherung der Lebensgrundlagen und zur Versorgung der Bevölkerung auch unter den Herausforderungen künftiger Klimaveränderungen nachkommen kann und zur Schonung von Natur und Umwelt sowie nachhaltig zur Pflege der Kulturlandschaft beiträgt.”
Der BUND Sachsen e.V. fordert darüber hinaus die Einfügung folgender zielförmiger Bestimmung: “Der Übergang zu einer ökologischen Landwirtschaft ist zu fördern.”
Wir halten eine ausdifferenzierende Untersetzung dieser Aspekte im Rahmen dieses Regionalplans im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung von Natur und Umwelt in der Region Chemnitz einschließlich konkreter Rahmensetzungen für erforderlich und bitten um Ergänzung dahingehender Ausführungen. Darüber hinausgehend halten wir flankierend eine stärkere Gewichtung dieser Aspekte im Rahmen der Regionalentwicklung für notwendig.
Unter “II. Handlungsschwerpunkte Regionalplan” sind die Planaufgaben Schutz und Entwicklung von Natur und Landschaft generell nur in Verbindung mit der Forstwirtschaft genannt. Dies muss u.E. aber in gleichem Maße auch für den Bereich Landwirtschaft gelten, die in ihrer konventionellen Variante ein Hauptproblem für Klima, Naturschutz, Gewässer und Böden darstellt. Wir fordern eine dahingehende Ergänzung gemäß des Handlungsschwerpunktes des geänderten Entwurfs Landesentwicklungsplan 2012 (S. 21) “Beitrag der Landwirtschaft zur Eindämmung des Biodiversitätsverlustes”.
Wir begrüßen insbesondere folgende unterstrichenen Festlegungen in Grundsatz G 2.3.2.3 und Ziel Z 2.3.2.4:
G 2.3.2.3 Die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Waldmehrung sollen zum Abgleich mit kommunalen Interessen, mit gegebenen Abgrenzungserfordernissen sowie zum Zweck der Ausprägung vielfältig strukturierter, ökologischer und landschaftsbildprägender Waldränder örtlich weiter ausgeformt werden. Waldrandbegradigungen sind möglichst zu vermeiden.
Z 2.3.2.4 Erstaufforstungen außerhalb der ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete Waldmehrung sollen vor allem durch Flurholzanreicherung zur strukturreichen Verbesserung des Naturhaushaltes, zur Boden- und Klimaschutzfunktion sowie zur Förderung des Artenschutzes und der Artenvielfalt beitragen. Insbesondere soll mit ihnen der Ausbau und die Funktionsfähigkeit des ökologischen Verbundsystems unterstützt werden.
Für das Ziel Z 2.3.2.5 “Waldumbaumaßnahmen zur Erhöhung der Baumartenvielfalt und zur Optimierung der lokalen Standortbedingungen” fordern wir inhaltliche Ergänzungen dahingehend, dass
→ vermehrt standortheimische Baumarten zu verwenden sind und der Anteil nicht standortheimischer Baumarten kontinuierlich reduziert wird. Diese Forderung entspricht dem Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (S. 31, B 1.2.1 ).
Dem Wegfall der Grundsätze zum Erhalt und zur Entwicklung naturnaher Wälder [CE G 6.2.5; SWS G 2.3.2.5] stimmen wir nicht zu. Der Wegfall wird damit begründet, dass die entfallenen Inhalte in allgemeiner Form in Z 2.3.2.1 subsumiert seien. Spezielle Inhalte der bisherigen Planaussage seien ggf. in das Plankapitel 2.1.4 eingefügt. In Z 2.3.2.1 finden sich keine Aussagen zur Naturnähe, Standortgerechtigkeit und zur räumlichen Schwerpunktsetzung für diese Qualitäten. Eine Einfügung in das Plankapitel 2.1.4 stellt eine deutliche Abschwächung der Aussagen zu naturnahen Waldflächen dar, die der tatsächlichen Bedeutung naturnaher, standortgerechter Waldbestände nicht gerecht wird. Darüber hinausgehend halten wir eine Festlegung zur Entwicklung und zum Erhalt dauerhaft nichtbewirtschafteter Waldbereiche vor dem Hintergrund zunehmender Nutzungsansprüche und -intensitäten sowie gleichbleibend hoher Zielsetzungen an den Arten– und Lebensraumschutz für erforderlich.
Wir fordern daher die Ergänzung eines zusätzlichen Zieles
Z 2.3.2.6:
Naturnahe Wälder sind dauerhaft zu erhalten. Der Anteil an Prozessschutzflächen mit Totalreservatscharakter ist auf 2 % der Waldflächen zu erhöhen, und die Ergänzung einer Erläuterung dieses Zieles dahingehend, dass die “Maßnahmen zur Entwicklung naturnaher Waldbestände mit Priorität in Wäldern innerhalb von Vorranggebieten Wald sowie Vorranggebieten für Natur und Landschaft (Arten- und Biotopschutz) erfolgen.” Weiterhin sollten in einer Erläuterungskarte die gemäß Ziel 2.3.2.6 zu erhaltenden Waldbestände räumlich abgegrenzt visualisiert werden.
Zum Verkehr und zur Energie
Ergänzungsvorschlag am Ende von Ziel Z 3.1.7.2: […] “Die Naturverträglichkeit und eine umweltschonende Trassierung neuer Radwege sowie von Ausbauvorhaben ist zu gewährleisten.”
Ergänzende Erläuterung: “Das kann auch bei der Nutzung stillgelegter Bahnstrecken erforderlich sein.”
Ergänzungsvorschlag zum Kapitel 3.1.5 Straßenverkehr:
Grundsatz (ergänzt) “Das Mobilitätsinfrastrukturnetz soll gemessen an der demographischen Entwicklung ausgerichtet werden. Nicht mehr benötigte Straßen sollen zurückgebaut werden.”
Zu 3.2 Energieversorgung und erneuerbare Energien
U.E. sind die Möglichkeiten für die Errichtung weiterer Kleinwasserkraftanlagen in der Planungsregion Chemnitz erschöpft. Eine Errichtung neuer Kleinwasserkraftanlagen erscheint uns unter Bilanzierung der ökologischen Folgeschäden und der Beachtung wasserwirtschaftlicher Zielsetzungen der Wasserrahmenrichtlinie (umgesetzt in das bundes- und landesweite Wasserrecht) nicht vertretbar bzw. keine nachhaltige Entwicklungstätigkeit des Menschen. Unseres Erachtens ist das Verhältnis von energetischem bzw. wirtschaftlichem Nutzen zu ökologischen und wirtschaftlichen Schäden i.d.R. negativ zu bewerten. Andere Formen der erneuerbaren Energien sowie die Steigerung von Energieeffizienz und Suffizienz erscheinen uns vorrangig. Aufgrund dieses grundsätzlichen Zielkonflikts mit den Zielen der Raumordnung und parallel vorhandener Bestrebungen, weitergehende Kleinwasserkraftanlagen zu errichten, fordern wir die Ergänzung eines weiteren Ziels Z 3.2.2 wie folgt:
Z 3.2.2 – Ergänzungsvorschlag:
Die Errichtung neuer Kleinwasserkraftanlagen wird ausgeschlossen.
Stellungnahme zur Ausarbeitung des Regionalen Windenergiekonzepts
Maßgebend ist die Zielstellung im Regionalplan:
Z 3.2.1 Die Errichtung raumbedeutsamer Windenergieanlagen und die bauleitplanerische Ausweisung von dafür vorgesehen Gebieten ist außerhalb der festgelegten Vorrang-/Eignungsgebiete Wind ausgeschlossen.
Generell führt die Windenergie für die Umweltverbände in schwierige Abwägungen, weil die Windenergie zu naturschutzfachlichen Problemen führen kann, gleichzeitig aber auch künftig Energie (Strom, Wärme, Treibstoff) erzeugt werden muss und der Energiebedarf trotz u.E. drastisch zu steigernden Effizienz- und Suffizienzbemühungen nicht beliebig reduziert werden kann. Die eben zitierte Zielstellung im Regionalplan ergibt deshalb primär dann Sinn, wenn gleichwohl noch ausreichend Vorranggebiete bereitgestellt werden.
Bei der Planung von Windvorrangflächen sollten u.E. aus Gründen des Naturschutzes folgende Flächen von der Nutzung für Windenergie ausgeschlossen werden (“harte Tabuzonen”):
• Flächen, die als Natura 2000–Fläche (FFH- oder Vogelschutzgebiet) ausgewiesen sind
• Naturschutzgebiete (NSG), Nationalparke und Naturwaldreservate
• (Flächen-)Naturdenkmale
• Markante Landschaftsübergänge wegen Landschaftsästhetik und besonderem Kollisionsrisiko und bundesweit bedeutende Sichtachsen sowie große, bisher von Industrieanlagen verschonte, unversehrte Waldgebiete.
Der BUND strebt zudem als nachhaltige Sicherung konsequent die Ausweisung von Natura 2000-Gebieten als Naturschutzgebiete an, die für den BUND strikte Ausschlussgebiete für Windkraft sind.
Zu den im Raum Stollberg ausgewiesenen Potenzialgebieten und weichen Tabuzonen nehmen wir wie folgt Stellung und geben folgende für die Abwägung relevanten Hinweise:
Potenzialgebiete:
Standort 1
Lage etwa 800 m südwestlich der Siedlung Weststraße Stollberg und etwa 150 m südöstlich der A 72. Nähe Alte Stollberger Straße von Stollberg nach Oelsnitz, OT Neuwürschnitz. Gemarkung Mitteldorf. Landwirtschaftliche Nutzfläche. Etwa 485 m N. Exposition nach NW.
Konflikte:
Die Abstände zur Wohnbebauung Siedlung Weststraße von 800 m und zur Ortslage Mitteldorf von etwa 900 m sind relativ gering.
Im nur etwa 150 m südöstlich liegenden Waldstück besteht ein seit Jahren besetzter Nistplatz des Baumfalken.
Standort 2
Lage etwa 800 m östlich Zentrum Ortsteil Stollberg-Gablenz. Gemarkung Gablenz. Landwirtschaftliche Nutzfläche. Im Mittel etwa 520 m N. Exposition nach NW.
Konflikte:
Der Abstand zur Wohnbebauung Gablenz von 800 m und zum Einzelobjekt Waldhaus in nur 600 m Entfernung ist relativ gering. Landschaftlich sehr wertvoller, weithin sichtexponierter Standort. Unmittelbar angrenzendes Landschaftsschutzgebiet Rosental-Heiliger Wald.
Im nur etwa 2 km entfernten Untersuchungsgebiet Ortsumgehung B 180 wurden 2004 elf Arten Fledermäuse festgestellt. Zumindest ein Teil wird das Potenzialgebiet als Nahrungs- und Jagdgebiet nutzen.
Nahrungs- und Fluggebiet von Rot- und Schwarzmilan. Nistplätze im nur etwa 1.700 m westlich gelegenen Feldgehölz.
Standort 3
Lage etwa 500 m nördlich Wohnbebauung Ortsteil Stollberg-Beutha. Gemarkung Beutha. Landwirtschaftliche Nutzfläche. Etwa 460 m N. Dreiseitig von Wald umgebene Tallage.
Konflikte:
Sehr geringer Abstand zur Wohnbebauung Beutha von 500 m. Hier sollte ein größerer Abstand planerisch sichergestellt werden.
Lage im Landschaftsschutzgebiet Beuthenbach.
Sehr wertvolles, bisher nicht technisch beeinflusstes Wander- und Ruhegebiet.
Nahrungsgebiet von Weißstorch. Brutplatz im etwa 4 km entfernten Zschokken.
Nahrungs- und evtl. auch Brutgebiet vom Schwarzstorch.
Der etwa 1.100 m entfernte Beuthenteich (ca. 2,5 ha Wasserfläche) ist ein bedeutendes ornithologisches Gebiet.
Standort 4
Lage etwa 600 m westlich Wohnbebauung Ortsteil Stollberg-Oberdorf an der Verbindungsstraße Oberdorf-Oelsnitz, OT Neuwürschnitz. Landwirtschaftliche Nutzfläche. Etwa 470 m NN. Exposition nach NW.
Konflikte:
Geringer Abstand zur Wohnbebauung Oberdorf von 600 m und Neuwürschnitz von etwa 900 m.
Einzelgehöft Aschmoneid in nur etwa 500 m Entfernung.
Lage im Landschaftsschutzgebiet Beuthenbach. Dieses ist durch den Bau des Hochwasserrückhaltebeckens Beuthenbach in unmittelbarer Nähe bereits in seiner Wertigkeit stark gemindert. Durch WKA würde eine weitere starke Qualitätsminderung eintreten, die kumulativen Auswirkungen sind in diese Planentscheidung einzubeziehen.
In den Genehmigungsunterlagen zum Planfeststellungsverfahren Hochwasserrückhaltebecken Beuthenbach sind 35 Vogelarten und 4 Fledermausarten genannt, die das Gebiet als Wohn-, Nahrungshabitat nutzen.
Baumfalken-Brutplatz seit 5 Jahren im nur 600 m nordöstlich benachbarten Waldgebiet.
Standort 3 nur etwa 800 m entfernt, Standort 1 nur etwa 1.200 m entfernt.
Standort 5
3 Teilflächen zwischen den Gemeinden Jahnsdorf und Lugau. Gemarkung Stadt Lugau und Gemeinde Jahnsdorf, Gemarkung Seifersdorf. Landwirtschaftliche Nutzfläche, teilweise auch Wasserfläche. Etwa 400 m N. Tallage.
Konflikte:
Geringer Abstand zu den Wohnbebauungen Seifersdorf, Erlbach-Kirchberg, Lugau und Niederdorf.
Landschaftsschutzgebiet Steegenwiesen unmittelbar angrenzend.
Bedeutendes ornithologisches Gebiet besonders als Rastplatz für Zugvögel
Weiche Tabuzonen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass aus den Gründen des Umwelt- und Naturschutzes alle hier aufgeführten Standorte als Potenzialgebiet für WKA nicht frei von Konflikten sind. Insbesondere die Belange des Vogelschutzes aber auch die Belange der menschlichen Gesundheit sind hier denen einer klimafreundlichen Energieerzeugung gegenüber zu stellen. Wir fordern eine verantwortungsbewusste und einzelfallbezogene Einbeziehung der von uns oben vorgebrachten konkreten Schutzbelange. Für detaillierte Ortskenntnisse, weitere Angaben und die Einbeziehung örtlicher Betroffenheiten bitten wir, insbesondere auch einzeln vorgebrachte Stellungnahmen der BUND Regionalgruppen vor Ort zu entsprechend berücksichtigen. Dass dabei auch in den Umweltverbänden selbst die Diskussion um die optimale Abwägung weitergehen wird, sei abschließend vermerkt.
Sollten Sie unserem Anliegen nicht entsprechen, bitten wir um Mitteilung.
Mit freundlichen Grüßen
BUND Sachsen