18. April 2017
Stellungnahme zum Bauvorhaben „Neubau 8er Sesselbahn am Kleinen Fichtelberg
Ihr Zeichen: C32-0522/734/7
Ihr Schreiben vom 14.02.2017
Sehr geehrte Damen und Herren,
der BUND Landesverband Sachsen e. V. bedankt sich für die Beteiligung im o.g. Verfahren und nimmt hierzu wie folgt Stellung:
Das Vorhaben wird in seiner beantragten Form abgelehnt.
Begründung:
Die Fichtelberg Schwebebahn Kurort Oberwiesenthal GmbH (FSB GmbH) hat für den Neubau einer 8er-Sesselbahn am Kleinen Fichtelberg ein Planfeststellungsverfahren beantragt. Hintergrund ist die beabsichtigte Modernisierung des Wintersportgebiets Oberwiesenthal. Der Vorhabenträger hatte bereits im Jahr 2015 ein Planfeststellungsverfahren für den Bau einer 6er-Sesselbahn am Großen Fichtelberg beantragt, gegen den sich der BUND mit einer Stellungnahme gewandt hatte. Zudem ist geplant, eine neue Querung vom Großen zum Kleinen Fichtelberg zu schaffen.
1. Umfassende Betrachtung der geplanten Maßnahmen und notwendiges ausgeglichenes Gesamtkonzept
Da zur Modernisierung des Wintersportgebiets eine Reihe von Maßnahmen vorgesehen sind und diese in einem engen Zusammenhang stehen, wäre eine umfassende Betrachtung der vorgesehenen Maßnahmen und ihrer Auswirkungen auf die Umwelt wünschenswert. Vorliegend wird die Modernisierung durch Einzelmaßnahmen vorangetrieben und diese werden einzeln beantragt. Eine umfassende Bewertung der geplanten Maßnahmen und deren Umweltauswirkungen wird dadurch erschwert. Der Vorhabenträger nimmt zwar eine Untersuchung der kumulativen Umweltauswirkungen vor, allerdings kann diese nicht als umfassende Bewertung der Umweltauswirkungen dienen, weil unklar bleibt, welche Maßnahmen weiterhin verfolgt werden. Dies zeigt sich insbesondere bei der Bewertung der kumulativen Auswirkungen mit dem Vorhaben „6er-Sessellift Himmelsleiter“. Die darin verfolgten Planungen (z.B. der Bau eines Wasserrückhaltebeckens am Großen Fichtelberg zur künstlichen Beschneiung) werden laut den Vermeidungsmaßnahmen (z.B. Verzicht auf Waldumwandlung für das Wasserrückhaltebecken) zu dem hier beantragten Vorhaben nicht mehr weiterverfolgt. Es bleibt jedoch unklar, welche Maßnahmen am Großen Fichtelberg weiterhin verfolgt werden.
In diesem Zusammenhang regen wir die Erstellung eines Gesamtplans für die Entwicklung des Großen und Kleinen Fichtelbergs an. Eindeutig kann die Entwicklung des Gebietes um Oberwiesenthal nur vorgenommen werden, wenn ein Ausgleich zwischen den touristischen und den naturschutzfachlichen Ansprüchen erzielt werden kann. Es ist daher ein Gesamtplan notwendig, der beide maßgeblichen Nutzungsarten in den Blick nimmt und deren Entwicklungspotentiale näher untersucht. Bisher gibt es nur einen Plan (ecosign-Studie) für die touristische Nutzung des Gebietes um Oberwiesenthal, wobei sich gezeigt hat, dass dieser u. a. aufgrund der naturschutzfachlichen Restriktionen unrealistisch und die Planung zu einseitig ist. Notwendig ist daher ein Gesamtplan, der sowohl die Planungen für Flächen für die touristische Nutzung und als auch für den Naturschutz zusammenführt. Die Existenz eines derartigen Gesamtplans ist uns derzeit nicht bekannt. In einem solchen Gesamt- oder Masterplan könnten die durch den Vorhabenträger beabsichtigten neuen Pisten festgelegt werden und gleichzeitig Flächen festgelegt werden, die dem Naturschutz wieder zur Verfügung gestellt werden und in die entsprechenden Schutzgebiete wieder eingegliedert werden können (um eine zusammenhängende Schutzgebietskulisse zu ermöglichen). Die durch den Vorhabensträger beabsichtigte Außerbetriebnahme der Pisten 6 und 7 ist dabei aus unserer Sicht zu begrüßen (auch wenn sie bereits erfolgt ist).
2. Planrechtfertigung und Alternativenprüfung
Der Vorhabenträger macht geltend, dass die bestehende Infrastruktur veraltet sei und der Hersteller der Infrastruktur nicht mehr existent sei, was wiederum eine Wartung der Anlagen erschwere. Dies kann unsererseits nicht beurteilt werden, allerdings scheint der vorgesehene Erhalt eines Teils der Infrastruktur hierzu im Widerspruch zu stehen. Vorgesehen ist der Rückbau des unteren Teils des Kurvenlifts sowie des Großen Sesselliftes am Südhang des Kleinen Fichtelbergs aufgrund der beschriebenen veralteten Infrastruktur. Warum die Notwendigkeit für eine Modernisierung sowie des Rückbaus des oberen Teils des Kurvenlifts nicht gegeben ist bleibt jedoch unklar, weswegen Zweifel an der Planrechtfertigung bestehen. Es bleibt unklar, warum aufgrund erschwerter Wartungsarbeiten und veralteter Infrastruktur ein Teil der Anlagen außer Betrieb genommen werden soll, während ein anderer Teil dieser Infrastruktur problemlos weiter genutzt werden kann. Der Vorhabenträger sollte hier noch explizit auf den vorgesehenen Erhalt des oberen Kurvenliftes eingehen. Sollte es sich bei dem oberen Abschnitt des Kurvenliftes um die gleiche Anlagenart handeln, für die ein Rückbau vorgesehen ist, wäre es an dieser Stelle konsequenter, den bestehenden Kurvenlift insgesamt zurückzubauen und die damit zusammenhängende Piste aufzugeben und die Flächen dem Naturschutz zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise könnte eine Bündelung auf die neu vorgesehene und hier beantragte (verbreiterte) Piste erzielt werden. Die durch die Aufgabe der Nutzung des oberen Kurvenliftes freiwerdende Fläche könnte zur Verbindung der einzelnen Teilflächen des Naturschutzgebietes Fichtelberg genutzt werden, das nach derzeitigem Stand durch die Pistennutzung sowie der Liftanlage zerschnitten wird. Dies würde insbesondere eine Verbesserung der potentiellen Habitate der Ringdrossel ermöglichen.
Insbesondere im Rahmen der Alternativenprüfung zeigt sich das Defizit, dass zwar die Variante 3 bei Betrachtung eines Neubaus die Vorzugslösung ist, hierbei allerdings unberücksichtigt bleibt, dass der obere Kurvenlift bestehen bleibt und somit keine Verbesserung der Habitate im oberen Bereich (und den potentiellen Habitatflächen der Ringdrossel) zu erwarten ist.
3. Klimawandel und Wintersport
Der Vorhabenträger hat ein Gutachten zu den Wetterbedingungen am Fichtelberg erstellen lassen. Dabei wertet der Autor des Gutachtens (Tourismusmarketing/Skitourismusforscher) die durch den deutschen Wetterdienst bereitgestellten Daten des letzten Jahrhunderts aus. Die Schwierigkeit und die begrenzte Aussagekraft des Gutachtens besteht darin, dass für die zukünftige Beurteilung der Wetterverhältnisse eine Prognose notwendig ist, die mit Unsicherheiten behaftet ist. Aber auch die Auswertung der vorhandenen Daten der Vergangenheit haben nur begrenzte Aussagekraft, da sich die klimatischen Verhältnisse global erheblich verändern. Der Gutachter trifft daher zu Beginn seines Gutachtens die richtige Aussage:
„Der Leser soll darauf hingewiesen werden, dass Messdaten stets die Vergangenheit beschreiben: Es können aus den in dieser Studie vorgestellten statistischen Auswertungen keine Prognosen für die Zukunft erstellt werden - es sei denn, man postuliert eine gewisse Erhaltungstendenz des Wettergeschehens der jüngsten Vergangenheit in die nahe Zukunft.“
Eine seriöse Prognose über die zukünftige Entwicklung der klimatischen Verhältnisse beschreibt der Autor des Gutachtens gleich selber:
„Der Weltklimarat (IPCC) veröffentlichte in seinem dritten Sachstandsbericht aus dem Jahr 2001 („Third Assessment Report“) Szenarien, wonach die globalen Temperaturen von 1990 bis 2100 um weitere 1,4 bis 5,8 Grad Celsius zunehmen könnten (vgl. Abb. 1). Zudem wird festgestellt, dass die Klimaerwärmung „in der nördlichen Hemisphäre, auf Landflächen und im Winterhalbjahr“ noch schneller voranschreiten werden würden (IPCC 2001).“
Mittlerweile liegt der 5. Sachstandsbericht des IPCC (2014) vor, der vom Autor des Gutachtens unberücksichtigt gelassen wurde (abrufbar unter: www.de-ipcc.de/de/200.php).
Hierbei ist anzumerken, dass es sich um einen exponentiellen Anstieg der Temperatur handelt, somit die Auswirkungen des Klimawandels in Bezug auf die Temperatur viel stärker zunehmen werden, als dies schon in den letzten Jahrzehnten zu beobachten war. Dies gilt es auch bei der Auswertung der Wettermessergebnisse am Fichtelberg zu beachten. Der Autor des Gutachtens kommt in Bezug auf die Temperaturverhältnisse zu dem Ergebnis:
„Für einen heute 50-jährigen Skisportler, der seit seinem 5. Lebensjahr am Fichtelberg Ski fährt, hat sich hinsichtlich der Wintertemperaturen insgesamt keine nachhaltige Veränderung ergeben. Ähnliche Entwicklungen können auf allen anderen deutschen Bergstationen, beispielsweise auf der Zugspitze, aber auch in den Deutschen Mittelgebirgen (u.a. Feldberg, Brocken, Wasserkuppe) beobachtet werden.“
Diese These wird dann jedoch gleich relativiert, wenn festgestellt wird, dass die letzten 10 Jahre im Mittel wärmer waren, als das (lokale) 101-jährige Mittel (um 0,9 Grad C). Diese Entwicklung wird man als Anzeichen der Erwärmung auch in Oberwiesenthal wahrnehmen müssen, wobei hier immer das exponentielle Ansteigen der Temperatur in der zukünftigen Entwicklung berücksichtigen muss. Nachfolgend wird eine Abbildung aus dem Gutachten wiedergegeben, dass den Anstieg im zehn-Jahres-Mittel (grüne Linie) wiedergibt:
Abb. 6 des Gutachtens (AIGNER 2016, S. 9): Der Verlauf der Wintertemperaturen am Fichtelberg von 1915/16 bis 2015/16 mit dem gleitenden 10-jährigen Durchschnitt (grüne Linie). Daten: DWD.
Auch die Auswertungen der Schneemessreihen am Fichtelberg können kein positiveres Bild der zukünftigen Entwicklung zeichnen. Danach zeigen die letzten fünf Jahre der Messreihe im Schnitt die geringsten Neuschneesummen der Messreihe (zurückgehend bis auf das Jahr 1915). Zugleich stellt der Autor des Gutachtens fest, dass die Schneesicherheit in der Fichtelbergregion in den kommenden Jahrzehnten weiter abnimmt. Was im Gutachten zu den Wetterbedingungen am Fichtelberg und der Untersuchung zur Zukunftsfähigkeit des Wintersports unberücksichtigt geblieben ist, ist die Tatsache, dass es sich bei dem Wintersportgebiet um Südhänge in einer Höhe zwischen 1200 und 900 m handelt. Diese sind weniger schneesicher bzw. gibt es eine kürzere Schneedauer als an Nordhängen.
Es wird nicht in 30 Jahren zum Weinanbau am Fichtelberg kommen, wie dies ein anderer Autor zugespitzt für die Alpen formuliert hat, allerdings sind die Prognosen wie sie durch den IPCC angenommen werden, in die Betrachtung einzubeziehen. Diese geben keinen Anlass dazu, die zukünftige Entwicklung des Kurorts Oberwiesenthal (alleine) auf den Skitourismus zu fokussieren. Es ist darauf aufmerksam zu machen, dass die zukünftige Konkurrenzfähigkeit des Tourismusgebietes Oberwiesenthal auch in einer Anpassung an die zukünftigen klimatischen Verhältnisse bestehen kann.
Nicht nur der IPCC prognostiziert höhere Temperaturen, stärkere Schwankungen bei den Niederschlagsereignissen und eine generelle Zunahme an Extremwetterereignissen, sondern auch für Sachsen liegen derartige Prognosen aus dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) vor.[1] Im „Kompendium Klima“ von 2014 werden im Kapitel Extremwetterlagen insbesondere die Schwankungen beim Winterwetter besonders bezogen auf die Lufttemperatur hervorgehoben.[2]
Treffen die Prognosen des IPCC und des LfULG zu, dann würde es sich bei dem Ausbau der Skitourismusinfrastruktur um eine massive Fehlinvestition handeln und würde absehbar ein Strukturwandel innerhalb von kürzester Zeit erfordern. Auch unter diesem Gesichtspunkt mangelt es dem Vorhaben deshalb an der gebotenen Planrechtfertigung. Für die Planrechtfertigung ist maßgeblich, ob das Vorhaben gemessen an den Zielen des Gesetzes vernünftigerweise geboten ist. Zwar erfordert dies keine Unausweichlichkeit der Planung, wohl aber muss ein Bedarf für die Schaffung von Anlagen für eine wintertouristische Nutzung bestehen. Ein solcher Bedarf kann aber losgelöst von einer Prognose der Entwicklung der Wetterverhältnisse bezogen auf den konkreten Planungszeitraum für den konkreten Standort gar nicht bestimmt werden.
4. Bestehende und zukünftige Beeinträchtigungen durch touristische Nutzung und insbesondere Wintersportnutzung
Das Gebiet um den Fichtelberg wird vor allem intensiv für den Wintersport genutzt, was zu Beeinträchtigungen der dort beheimateten Flora und Fauna geführt hat. Bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt sich feststellen, dass wesentliche wertgebende und natürlich vorkommende Arten nicht mehr am Berg vorkommen bzw. diese im Rahmen der Kartierungen nicht mehr ermittelt werden konnten (bspw. fehlende oder geringe Nachweise von Greifvogelarten, Schwarzstorch, Birkhuhn, Auerhuhn, Bekassine, Karmingimpel, Haselmaus usw.). Vorwiegend handelt es sich dabei um Arten, die als besonders störungsempfindlich gelten, weshalb ein Zusammenhang mit den durch die touristische Nutzung hervorgerufenen Störreizen naheliegt. Auch die Naturraumausstattung bzw. der Zustand der am Fichtelberg vorkommenden Lebensraumtypen ist defizitär und unterliegt den Auswirkungen der touristischen Nutzung. Dies belegen die Datenblätter der vorkommenden Lebensraumtypen (LRT), die als maßgebliche Störreize die intensive touristische Nutzung sowie Schäden (bspw. Schädigung der Bodenstrukturen) dadurch als negative Einflüsse auf die LRT feststellen (dazu näher Punkt 6.). Es ist anzunehmen, dass sich durch die Erweiterung der Pisten sowie den Ausbau der Wintersportinfrastruktur keine Verbesserung der Lebensraumbedingungen und der Erhaltungszustände der gefährdeten Arten ergeben wird. Vielmehr ergibt sich durch das Heranrücken der hier beantragten verbreiterten Piste an ungestörte Waldgebiete eine größere Beeinträchtigung der bisher noch eher gering beeinflussten Gebiete. Dass der Vorhabenträger beabsichtigt, die Pisten 6 und 7 dauerhaft außer Betrieb zu nehmen, ist zu begrüßen, allerdings wäre dies bereits durch die Lage innerhalb der verschiedenen Schutzgebiete sowie aufgrund der entgegenstehenden raumordnerischen Ausweisung (Ausweisung als Vorranggebiet Natur und Landschaft (Arten- und Biotopschutz), vgl. Karte 2 des Raumordnungsplans Chemnitz Erzgebirge, 2008) ohnehin geboten.
5. Raumordnung
Der Vorhabenträger hat es in dem vom ihm erstellten Erläuterungsbericht versäumt, die Grundzüge der Raumordnung darzustellen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Plangebiet um ein Vorranggebiet Natur und Landschaft (Arten- und Biotopschutz) handelt (vgl. Karte 5 des Regionalplans Chemnitz Erzgebirge). Zugleich ergeben sich aus dem geltenden Regionalplan Ziele und Grundsätze für die Entwicklung des Tourismus, die der Vorhabenträger durchaus für sich geltend machen kann. Insbesondere zu nennen ist hierbei das Ziel 9.2.1.3. Darin heißt es:
Z 9.2.1.3 In den Höhenlagen des Erzgebirges sollen auf der Grundlage der höheren
Schneesicherheit die Bedingungen für den Wintersport durch Erhalt und
weiteren auch grenzüberschreitenden Ausbau insbesondere des Loipennetzes
und der Abfahrtsmöglichkeiten im Einklang mit den Belangen des Biotop-
und Vogelschutzes sowie der Jagd, Land- und Forstwirtschaft verbessert
werden. Perspektivisch ist eine Verknüpfung der Skigebiete Fichtelberg
und Klinovec (Keilberg) sowie Neuhausen/Seiffen und Lesná/Klíny (Ladung/
Göhren) zu qualitativ hochwertigen grenzüberschreitenden Skigebieten anzustreben.
Zu erkennen ist, dass der Erhalt bzw. Ausbau der Wintersportinfrastruktur von der Regionalplanung berücksichtigt wird. Jedoch ist dieser im Einklang mit den Belangen des Biotop- und Vogelschutzes vorzunehmen. Dies wird vor allem mit Blick darauf gelten, dass es sich bei dem Gebiet um den Kleinen Fichtelberg und ein Vorranggebiet Natur und Landschaft handelt.
6. Unzureichende Bewertung der Beeinträchtigungen im Rahmen der UVS und fehlende vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen
Der Vorhabenträger hat eine Umweltverträglichkeitsstudie, einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag sowie die Verträglichkeitsprüfung für die NATURA-2000-Gebiete erstellen lassen. An dieser Stelle werden nur die Defizite der Untersuchungen erwähnt, soweit Beeinträchtigungen des Vorhabens nicht erwähnt werden, erscheinen die Untersuchungen nachvollziehbar und die ermittelten Auswirkungen des Vorhabens sollten bei der vorzunehmenden Abwägung berücksichtigt werden. Das Vorhaben ruft vor allem baubedingte und betriebsbedingte Auswirkungen hervor.
Bei den baubedingten Umweltauswirkungen sind insbesondere die Eingriffe in NATURA-2000-Gebiete durch die Verlegung der Schächte für die Leitungsverlegung zu nennen. Zugleich ergeben sich baubedingte Eingriffe für die Verbreiterung der Pistenfläche, für die eine Waldumwandlung vorgesehen ist. Diese Waldumwandlung ist kritisch zu sehen, weil hierdurch ein Lebensraumverlust hervorgerufen wird und die Funktionen des Waldes verloren gehen (bspw. Schutz vor Erosion). Vorgesehen ist die Rodung von 1,25 ha Wald. Nach der Rodung ist die Anlage einer Bergwiese geplant, die aus Sicht der Umweltgutachter aufgrund des höheren naturschutzfachlichen Werts zu einer Aufwertung der Fläche führt (S. 111 UVS). Dies erscheint nicht sachgerecht, da zum einen die bestehenden biotischen Faktoren der Fläche geändert werden. Der bspw. auf der Fläche höchstwahrscheinlich vorkommende Rauhfußkauz besiedelt Wälder und keine Bergwiesen, so dass sich das Arteninventar durch die vorgesehene Waldumwandlung ändert. Auch der Schwarzspecht als Erhaltungsziel des SPA-Gebiets ist auf Altbäume angewiesen. Dass auch auf einer Bergwiese ein hohes Arteninventar anzutreffen ist, kann nicht zu der Annahme führen, dass die Fläche durch die Waldumwandlung aufgewertet wird. Zudem bestehen Zweifel hinsichtlich des angestrebten naturschutzfachlichen Werts der Bergwiese. Der Lebensraumtyp einer Bergmähwiese wird seinem naturschutzfachlichen Wert nur gerecht, wenn keine Störeinflüsse vorliegen, die den naturschutzfachlichen Wert mindern. Vorgesehen ist auf der angestrebten Bergwiese die Nutzung als Skipiste. Die UVS nimmt zwar die Beeinträchtigung des Lebensraumtyps Bergwiese in den Blick und setzt sich damit auseinander, allerdings kommt die UVS zu dem Ergebnis, dass durch den Pistenbetrieb keine erheblichen Auswirkungen zu erwarten sind (bspw. durch Schädigung der Bodenstruktur oder Bodenverdichtung). Dies erscheint deshalb zweifelhaft, weil die vorhandenen Bergmähwiesen schon jetzt erheblichen schädlichen Einwirkungen durch den Pistenbetrieb unterliegen. So finden sich in den Datenblättern der LRT Anzeichen für schädliche Einflüsse, die hier kurz wiedergegeben werden sollen:
„Die Wiese befindet sich in der Skiabfahrt südlich der Sprungschanze. Im Gelände ist die Abgrenzung des Schutzgebietes nicht erkennbar. Durch die Lage in der Skiabfahrt ist der Boden verdichtet, der Oberboden teilweise abgetragen und der Bestand stark verarmt.“
Weiter festgestellte Beeinträchtigungen eines anderen Bergmähwiesen-LRT:
„Süd-Ost exponierte, stark geneigte Bergmähwiese am Skihang Oberwiesenthal, Schwebebahntrasse; sehr geringe Standortvielfalt (kaum bewegtes Relief), mager bis mäßig nährstoffversorgt, Boden durch starke Freizeitnutzung verdichtet. Insgesamt sehr artenarme Ausprägung, gekennzeichnet durch Achille millefolium, Meum athamanticum, Geranium sylvaticum. Galium saxatile. Wahrscheinlich häufige Mahd, zum Kartierzeitpunkt Mitte Juni schon gemäht (Rotationsmähwerk). Um die Bergwiese zu erhalten wäre eine spätere Mahd notwendig sowie die Einschränkung des Begängnisses.“
Es kann somit festgestellt werden, dass der zu entwickelnde LRT einer gezielten Pflege (wie nach den Maßnahmenblättern vorgesehen) sowie einer Erfolgskontrolle (bspw. im Rahmen eines Monitorings) bedarf, damit er den angenommenen naturschutzfachlichen Wert erzielt. Gleichzeitig bedarf es einer Erfolgskontrolle bzw. eines Monitorings, wie sich die vorhandenen LRT auf der stillgelegten Piste 6 und 7 entwickeln und ob eine (Wieder-)Besiedlung von geschützten und gefährdeten Arten erfolgt. Das Erfordernis ergibt sich daraus, dass die Stilllegung der Pisten als Ausgleichsmaßnahme für die vorgesehenen Eingriffe geplant ist.
Weiterhin ist bei den baubedingten Auswirkungen der Zeitraum für die beabsichtigten Fällungen zu lang angesetzt bzw. könnte erhebliche Beeinträchtigungen hervorrufen. Vorgesehen ist die Fällung im Zeitraum von November bis Ende Februar. Für Vogelarten, die frühzeitig mit der Balz und dem Nestbau beginnen, können sich hierdurch Störungen ergeben. So beginnt bspw. die Balz des Habichts bereits im Januar, der Nestbau in der Zeit von Februar bis März. Hier wäre eine vertiefte Untersuchung der Kollision mit Brutzeiten von europarechtlich geschützten Arten erforderlich. Zu der vorgesehenen Kartierung und ökologischen Baubegleitung wäre es darüber hinaus erforderlich, den Zeitraum der Baumfällungen auf den Zeitraum von November bis Dezember einzugrenzen. Bei der ökologischen Baubegleitung sollte auch verstärkt auf das Vorkommen von baumbewohnenden Fledermausarten Acht gegeben werden (wobei Fledermausarten nicht innerhalb der artenschutzrechtlichen Untersuchung berücksichtigt wurden). Sollte ein Besatz festgestellt werden, ist die Rodung auszusetzen.
Baubedingte Störungen ergeben sich weiterhin durch Lärmauswirkungen bei der Bauausführung innerhalb der Hauptbrutsaison der vorkommenden Vogelarten. Dabei ist vor allem der Einsatz von Hubschraubern zu berücksichtigen, welcher erhebliche Störreize hervorruft, die innerhalb des Brutzeitraums zum Abbruch der Reproduktion und Aufzucht führen können. Diese Auswirkungen bleiben im Rahmen der artenschutzrechtlichen Begutachtung unberücksichtigt. Wenn möglich sollte auf den Einsatz eines Hubschraubers verzichtet werden oder dieser nur in einem späten Zeitpunkt des Sommers (Ende Juli/Anfang August) zum Einsatz kommen.
Neben den baubedingten Auswirkungen ergeben sich weitere erhebliche Umweltauswirkungen durch den Betrieb der Piste und der Seilbahn. Hierbei sind insbesondere Auswirkungen durch Lärm, Licht und die künstliche Beschneiung zu nennen. Neben der vorgesehenen (baubedingten) Waldumwandlung kommt es vor allem zu weiteren betriebsbedingten Auswirkungen durch Lärm auf die angrenzenden Waldflächen. Diese werden durch die Verbreiterung der Piste zusätzlich verlärmt und waren bisher durch die vorhandenen Waldflächen abgeschirmt. Der Lebensraumverlust ist daher größer als die eigentliche Waldumwandlung anzunehmen. Neben dem Lärm der von den Besuchern ausgeht, ist der Lärm durch die Beschneiungsanlagen zu berücksichtigt. Diese werden vor allem nachts betrieben, somit ist von einer Lärmbeeinträchtigung sowohl am Tag als auch in der Nacht auszugehen. Die Beschneiungsanlagen haben dabei einen Lärmpegel von ca. 97 LWA d(B), sind dabei keinesfalls innerhalb der Nacht zu vernachlässigen und können zu Vergrämung von störungssensiblen und überwinternden Arten führen. Diese Auswirkungen durch Lärm werden innerhalb der UVS nicht ausreichend betrachtet, da davon ausgegangen wird, dass die betreffenden Flächen bereits erheblich vorbelastet sind. Dies ist zwar durchaus der Fall, allerdings ist daran zu erinnern, dass neue Flächen für die Verbreiterung der Piste in Anspruch genommen werden, somit jedenfalls eine neue Störung bisher (störungsärmerer) Flächen hervorgerufen wird.
In Bezug auf den Lebensraumverlust durch die Verbreiterung der Piste sowie der Errichtung der baulichen Anlagen fordert der BUND die Planung und Durchführung von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen zum Fortbestand der betroffenen Arten (CEF-Maßnahmen). Der Verlust von Waldlebensraum kann nicht durch die Anlage von Nistkästen ausgeglichen werden, wenn der entsprechende Lebensraum nicht mehr vorhanden ist. Fehlt ein entsprechender Lebensraum oder wird durch ein Vorhaben beseitigt, dann muss der entsprechende Lebensraum kompensiert werden, nicht (nur) eine verlorengehende Baumhöhle o.Ä. Zumindest für die Arten Rauhfußkauz, Sperber, Karmingimpel und Ringdrossel und Schwarzspecht ist die Durchführung von CEF-Maßnahmen notwendig, um den Fortbestand der Population zu gewährleisten. Die fünf genannten Arten weisen bereits einen ungünstigen Erhaltungszustand auf. Bei der Planung der CEF-Maßnahmen ist es notwendig zu analysieren, wo Habitatpotentiale bestehen (dies hat der Vorhabenträger durch Karten für den Sperber und die Ringdrossel vorgenommen) und ob dieses Revier bereits durch einen Artgenossen besetzt ist. Die Feststellung in dem artenschutzrechtlichen Beitrag, dass die ökologische Funktion gewahrt sei, weil die Arten ausweichen können, greift zu kurz. Zu erwähnen ist, dass für die Ringdrossel eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten beantragt wurde. Gerade aus diesem Grund ist die Durchführung von CEF-Maßnahmen zum Fortbestand der lokalen Population (der Einzigen in Sachsen!) notwendig. Die CEF-Maßnahmen und ihre Wirksamkeit sind durch ein Monitoring zu begleiten um die Wirksamkeit zu belegen.
Zu den übrigen vorgesehenen Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen werden unsererseits noch drei Anmerkungen gegeben: Die Darstellung der vorgesehenen Rückzugs- und Ruhezonen fehlt und ist notwendig, um die entsprechenden Flächen wirksam zu schützen (bspw. durch Schilder oder Zäune). Zudem sollte die vorgesehene Maßnahme der jährlichen Mahd der Bergwiesen durch eine Festsetzung des Mahdzeitpunkts nach Absprache mit der unteren Naturschutzbehörde ergänzt werden. Anfallendes Holz bei der Waldumwandlung könnte zudem größtenteils als Totholz in geeigneten Gebieten des Schutzgebiets verbleiben und somit einen Beitrag zum Artenschutz darstellen.
7. Eingriff/-Ausgleichsbilanzierung
Der Vorhabenträger beabsichtigt als Ausgleichsmaßnahme die dauerhafte Aufgabe der Pisten 6 und 7. Fraglich ist zunächst, ob eine bereits stillgelegte Piste als flächenmäßige Kompensation in Betracht kommt (gemeint ist hierbei nicht der Rückbau der Anlagen). Zudem soll die Ausgleichsmaßnahme als Ausgleich für sämtliche im Rahmen der Modernisierung des Wintersportsgebiets vorgesehenen Maßnahmen dienen. Dies ist aus unserer Sicht völlig unzureichend, da eine Kompensationsmaßnahme nicht für mehrere Vorhaben anzuerkennen ist und immer nur konkret für einen Eingriff als Kompensationsmaßnahme in Betracht kommt. Es ist somit die Maßnahme „Außerbetriebnahme Piste 6 und 7“ nur als Kompensationsmaßnahme für die Verbreiterung der hier beantragten neuen Pistenstrecke sowie des hier beantragten Neubaus des 8er-Sesselliftes anzusehen. Eine Anerkennung als Kompensationsmaßnahme für alle weiteren durch den Vorhabenträger vorgesehenen Maßnahmen (Neubau Lift Himmelsleiter, Querung S 2) kommt nicht in Betracht.
Etwas anderes ergibt sich in Bezug auf die erforderliche Waldumwandlung. Da es sich hierbei um einen Ersatz handelt und eine Kompensation der einzelnen Waldumwandlungsflächen durch Einzelmaßnahmen nicht sachgerecht erscheint, ist eine Kompensation der Waldumwandlungsflächen im gesamten Modernisierungsprozess des Gebiets im Rahmen einer einheitlichen Maßnahme sinnvoll. Es wäre zudem möglich, einzelne Waldaufforstungsmaßnahmen durchzuführen, wenn sich die Notwendigkeit für andere nicht mehr ergibt. Gemeint ist hiermit, dass falls der Vorhabenträger von der beabsichtigten Waldumwandlung am Großen Fichtelberg absieht, die Durchführung der Kompensationsmaßnahme für die Waldumwandlung am Kleinen Fichtelberg dadurch nicht in Frage gestellt wird. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass die geplante Erstaufforstung für alle geplanten Maßnahmen des Wintersportsgebiet Oberwiesenthal im Umfang von 9,3 ha der Pflicht zur Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt (siehe Nr. 17.2.2 Anlage 1 UVPG - allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls) - dahingehende Ausführungen fehlen den Planunterlagen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer
[1] https://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/klima/1285.htm
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