24. Januar 2017

Stellungnahme zum Bauvorhaben Brückenersatzneubau Plagwitzer Brücke im LSG „Leipziger Auwald“

Sehr geehrte Herr Schmoll,

sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Landesverband Sachsen e. V. und die Regionalgruppe Leipzig bedanken sich für die Beteiligung im o.g. Verfahren und nehmen hierzu wie folgt Stellung:

Wir lehnen die derzeit geplante Beschädigung eines gesetzlich geschützten Biotops für den Neubau der Plagwitzer Brücke ab.

Begründung:

Es wird beabsichtigt, die Plagwitzer Brücke über die Weiße Elster (Karl Heine-Straße) aufgrund ihrer nicht mehr dauerhaft gegebenen Standsicherheit zu ersetzen. Das neue Brückenwerk soll darüber hinaus entgegen des bisherigen Verlaufs in Richtung Nordost verschwenkt werden.

Aus Sicht des BUND bestehen Bedenken gegen das Vorhaben aus verschiedenen Gründen. Zunächst wird bemängelt, dass das neue Brückenwerk weiterhin mit Stützpfeilern im Gewässerbett geplant wird. Aus Gründen des Hochwasserschutzes (schadloser Hochwasserabfluss) und der Anforderungen, die aus den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie resultieren (guter ökologischer Zustand/Potenzial), ist das neu geplante Brückenwerk ohne eine Abstützung im Gewässerbett zu planen. Zwar kann hierdurch der Eingriff ins Gewässerbett nicht vollständig vermieden werden (Abriss der vorhandenen Stützpfeiler weiterhin notwendig), allerdings kann der Eingriff dadurch so gering wie möglich gehalten werden und neue Eingriffe vermieden werden (Erfordernis der Neugründung der Stützpfeilerfundamente entfällt/für mögliche zukünftige Wartungsarbeiten ist Eingriff ins Gewässerbett nicht mehr notwendig). Daher wird die derzeitig verfolgte Planung (Brückenbauwerk mit Stützpfeilern) abgelehnt, auch weil eine Begründung fehlt, warum diese Variante vorliegend nicht in Betracht gezogen worden ist.

Zudem ist es zur Aufrechterhaltung der Wegebeziehungen für Fußgänger und Radfahrer geplant, eine Behelfsbrücke zu errichten. Diese soll parallel zum vorhanden Brückenbauwerk verlaufen und greift somit in den Gewässerrand ein und bedingt die Rodung von mehreren Gehölzen und Hecken. Da uns nicht alle geprüften Alternativen (außer die Nutzung des „Trampelpfades“) bekannt sind und auch nicht in den Planunterlagen erläutert werden, können wir hier nur Alternativen einbringen, die sich unserer Ansicht aufdrängen. Möglich wäre aus unserer Sicht die Führung der Fußgängerbrücke überhalb (erhöht) über das vorhandene Brückenbauwerk. Hierdurch könnte sich der Eingriff in das gesetzlich geschützte Biotop und den Waldbereich vermeiden lassen. Die Versorgungsleitungen könnten unterhalb der Fußgängerbrücke geführt werden. Da das vorhandene Brückenwerk zunächst erst abgerissen werden muss, bestehen aus unserer Sicht keine Einschränkungen bei der Bauausführung. Nur bei der Einsetzung der neuen Brückenwerksbauteile könnte die erhöhte Fußgängerbrücke über dem alten Brückenwerk ein Hindernis darstellen. In diesem Fall könnte eine kurzfristige Sperrung vorgesehen werden und der Fußgänger- und Fahrradverkehr für einen kurzen Zeitraum über die Könneritzbrücke/Klingerweg umgeleitet werden.

Eine weitere Alternative zum Eingriff in den Waldbereich könnte in einer Verschwenkung der Fußgängerbrücke bestehen. Diese könnte von dem nach derzeitiger Planung gewählten Anfangspunkt auf der westlichen Seite der Weißen Elster schräg Richtung Norden hin auf den bisherigen Verlauf des Fußgängerwegs geführt werden. Um Beeinträchtigungen der Bauarbeiten zu verhindern, könnte die Brücke erhöht errichtet werden.

Bezüglich der geplanten Bauzufahrt für die den Pfeilerabbruch ist fraglich, ob diese nicht auch auf der südwestlichen Seite der Weißen Elster eingerichtet werden kann. Hierbei handelt es sich zwar um eine stark abfallende Kante, allerdings ist ja der Bau eines Gerüstes vorgesehen, so dass dies grundsätzlich auch linksseitig errichtet werden könnte. Sollte dies technisch machbar sein, sollte die Zufahrt von der linken Seite (aus Richtung Westen) der Weißen Elster vorgesehen werden, um den erheblichen Eingriff in den Uferbereich zu verhindern.

Bezüglich der Beeinträchtigungen von geschützten Arten und der vorgesehenen CEF-Maßnahmen: in Bezug auf die Beeinträchtigungen der Käferart Eremit ist eine detaillierte Prüfung der Beeinträchtigung erforderlich, als dies durch die Planunterlagen vorgenommen wurde. Nach Beurteilung der naturschutzfachlichen Begutachterin ist es nicht ausgeschlossen, dass die großstämmigen und älteren Biotopbäume von der Käferart besiedelt werden. Eine genauere Untersuchung der Biotopbäume wurde nicht vorgenommen. Sollte die Käferart in den Bäumen (vor allem der großstämmigen Eiche) vorhanden sein, kann sich aus der vorgesehenen Rodung oder der Kronenbeschneidung eine erhebliche Beeinträchtigung dieser Tierart (Anhang II und IV-Art der FFH-RL) ergeben. Es handelt sich beim Eremiten um eine gehölzbewohnende Käferart, die ihren Brutbaum auch im fortgeschrittenen Alter kaum bzw. in der Regel gar nicht verlässt. Wird ein Baum oder ein Teil dessen gerodet, so ist davon auszugehen, dass auch die Lokalpopulation (ein Baum) sich verschlechtert. Für die Käferart Eremit gibt es nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Stand keine wirksamen CEF-Maßnahmen, die den Fortbestand der Population sichern können (vgl. Rahmenbedingungen für die Wirksamkeit von Maßnahmen des Artenschutzes bei

Infrastrukturvorhaben, Runge et al., 2007). Um die Vereinbarkeit der artenschutzrechtlichen Verbote mit dem Vorhaben zu belegen, wäre es notwendig, eine gesonderte Untersuchung der möglicherweise besiedelten Gehölze auf das Vorkommen des Eremiten durchzuführen. Sollte sich hierbei der Verdacht des Vorkommens des Eremiten bestätigen, ist vom Vorhabenträger eine artenschutzrechtliche Ausnahme zu beantragen. Positiv ist grundsätzlich der vorgesehene Verbleib des durch die Rodung entstehenden Totholzes zu sehen. Allerdings sollte dieses Totholz an geeigneter Stelle ausgebracht werden. Eine geeignete Stelle wäre die unmittelbare Nähe zu großstämmigen Laubbäumen, die Mulmhöhlen aufweisen. Das Totholz sollte auch nicht wie üblich auf dem Boden gelagert werden, sondern senkrecht aufgestellt werden, damit sich die Larven des Eremiten weiter entwickeln können und somit wenigstens die Chance besteht, dass die adulte Käfer sich einen neuen Brutbaum suchen. Liegen die gerodeten Gehölze auf dem Boden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Eremit schnell durch andere Käferarten verdrängt wird.

Die sonstigen vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen finden unsere Zustimmung, allerdings gilt dies unter der Bedingung, dass die hier genannten Varianten nicht umsetzbar sind (dies ist detailliert zu belegen und zu begründen!). Vorsorglich wird daraufhin gewiesen, dass eine artenschutzrechtliche Ausnahme (für die Art Eremit) eine strenge Alternativenprüfung beinhaltet, im Zweifel also die Alternativlosigkeit des Vorhabens (Bau der Fußgängerbrücke, Verschwenkung der Trasse usw.) zu belegen ist.

Wir bitten um weitere Beteiligung am Verfahren und um eine Auseinandersetzung mit den erhobenen Einwendungen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer

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