30. Januar 2017

Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren zum Vorhaben der DB Netz AG „Änderung der Eisenbahnüberführungen (EÜ) Weiße Elster, EÜ Luppe und EÜ Nahle“

Ihr Zeichen: L32-0522/631/4

Sehr geehrte Damen und Herren,

der BUND Landesverband Sachsen und die BUND Regionalgruppe Leipzig bedanken sich für die Beteiligung zum o.g. Vorhaben und nehmen hierzu wie folgt Stellung:

Das Vorhaben wird in der derzeit geplanten Form abgelehnt.

Begründung:

Geplant ist es, die drei Eisenbahnüberführungen im Leipziger Auwald (über Weiße Elster, Luppe und Nahle) zu ersetzen und die zulässige Geschwindigkeit für den Schienenweg zu erhöhen. Begründet wird dies durch den Vorhabenträger damit, dass aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Brückenbauwerke die Standsicherheit nicht länger als gewährleistet gilt. Die Notwendigkeit der Instandsetzung oder des Ersatzes der Brückenwerke wird auf Seiten des BUND nicht bestritten. Allerdings ergeben sich in Bezug auf die vorgesehene Neugestaltung der Brückenwerke sowie der geplanten Bauausführung Einwendungen, die gegen das Vorhaben in der derzeitigen geplanten Form sprechen:

  1. Neugestaltung der Brückenwerke

Da die alten und vorhandenen Brückenbauwerke ersetzt werden müssen, ergibt sich die Möglichkeit, die Brückenbauwerke im Sinne eines sicheren Hochwasserabflusses und der ökologischen Durchgängig neu zu gestalten. Allerdings erfüllt nur das neu geplante Brückenwerk über die Nahle diese Anforderungen, die sich aus der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL, RL 2000/60/EG) ergeben. Das Brückenbauwerk über die Nahle ist so geplant, dass die Brückenpfeiler außerhalb des Gewässerbettes liegen und ein entsprechender Abstand zwischen Brückenpfeiler und dem Gewässerufer verbleibt. Zumindest das geplante neue Brückenbauwerk über die Nahle findet daher unsere Zustimmung. Im Gegensatz hierzu, erfüllen die neu geplanten Brückenbauwerke über die Weiße Elster und Luppe die genannten Anforderungen nicht. Zwar sind im Gegensatz zum Bestand keine Brückenpfeiler mehr direkt im Gewässerbett vorgesehen, was zunächst positiv zu beurteilen ist, allerdings sind die Brückenpfeiler im geplanten Zustand direkt angrenzend an das Gewässerbett/-ufer geplant. Auf diese Weise wird das Gewässerbett (der Luppe und der Weißen Elster) verengt und die Möglichkeit einer natürlichen Entwicklung des Gewässerbettes verhindert. Zu beachten sind hierbei die Vorgaben der Regionalplanung, die an den betreffenden Fließgewässern einen regionalen Schwerpunkt für die Fleißgewässersanierung vorsehen. Weiterhin ist zu beachten, dass aufgrund der erwartbaren Lebensdauer der Brückenbauwerke (ca. 100 Jahre), die natürliche Entwicklung des Gewässerverlaufs auf Dauer verhindert wird. Zudem ist aufgrund der direkten Nähe der Brückenpfeiler zum Gewässerbett ein baubedingter Eingriff in dieses nicht zu verhindern. Aus Sicht des BUND ist daher für die Brückenbauwerke über die Weiße Elster und über die Luppe der Bau von Brücken ohne Stützpfeiler zu befürworten und entspricht unserer Ansicht nach auch den Anforderungen die sich aus der WRRL ergeben (Stichwort guter ökologischer Zustand, vgl. auch § 27 WHG). Dies würde der in dem Erläuterungsbericht beschriebenen Variante 3 entsprechen, die auch in der Variantenuntersuchung innerhalb der UVS als Vorzugsvariante ermittelt wurde. Durch die Verwirklichung der Variante C könnte zunächst der wiederholte Eingriff in das Gewässerbett vermieden werden (nur Eingriff für den Abriss der vorhandenen Brückenpfeiler notwendig). Mögliche zukünftige Modernisierungs- oder Instandsetzungsarbeiten an den Brückenwerken könnten demnach außerhalb des Gewässerbettes erfolgen und bedingen keine erneuten Eingriffe. Darüber hinaus ist die ungestörte Migration entlang der Flüsse von verschiedenen Tierarten gewährleistet (u. a. Biber, Fischotter), wenn die Brückenbauwerke ohne Stützpfeiler errichtet werden. Hierbei ist es besonders hervorzuheben, dass aufgrund der Zerschneidungswirkung der bestehenden Bahnstrecke, der Migrationskorridor entlang der Fließgewässer eine besondere Bedeutung für den ökologischen Verbund der nördlich und südlichen gelegenen Auwaldbereiche hat.

  1. Vorgesehene Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen unzureichend

In Bezug auf die vorgesehenen Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen für die Reptilienart Zauneidechse, sind die vorgesehenen Maßnahmen unzureichend. In Betracht kommen neben den durch den Vorhabenträger geplanten Maßnahmen, die Anlage von Trittsteinbiotopen hin zur Deponie Möckern und der Einsatz von Vergrämungsfolien auf dem Gleisbett der Bahnstrecke. Da durch den vorgesehenen baubedingten Eingriff die Lebensstätten der im Untersuchungsgebiet nachgewiesenen Zauneidechsen zerstört werden, ist es vorgesehen, diese umzusiedeln. Im Vorfeld ist jedoch darauf hinzuwirken, dass ein überlebensfähiger Teil der Zauneidechsenpopulation im näheren Umfeld verbleibt, ohne durch die Baumaßnahmen beeinträchtigt zu werden. Dies kann durch die Anlage von Schotterhaufen (als Ausweichbiotop) bewirkt werden. Die Schotterhaufen sollten dabei im Sinne von Trittsteinbiotopen hin zur Deponie Möckern (weg vom Eingriffsort) angeordnet werden, da auf und um die Altdeponie Möckern geeignete Lebensräume der Zauneidechse zur Verfügung stehen. Um zu verhindern, dass einzelne Individuen ihre Winterquartiere im Gleisbett suchen, ist nach der geplanten Absammlung mit ökologischer Baubegleitung gegen Ende August der Einsatz von Vergrämungsfolien vorzusehen. Hierdurch wird das Gleisbett verschlossen und dadurch das Aufsuchen von Winterquartieren durch Zauneidechsen verhindert.

Vorzusehen ist weiterhin eine Bauzeitenregelung und der Ausschluss von Bauarbeiten während der Dämmerung und Nacht. In dem Untersuchungsgebiet ist das Vorkommen des Fischotters bekannt. Diese nachtaktive und scheue Art hat einen ausgedehnten Aktionsradius. Da der genaue Standort des Reproduktionsgebietes des Fischotters nicht bekannt ist und auch durch die Untersuchung im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag nicht hinreichend geklärt worden konnte, kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch Bauarbeiten während der Dämmerungs- und Nachtzeiten eine erhebliche Beeinträchtigung des Fischotters hervorgerufen wird. Hier kann durch den Erlass einer Bauzeitenregelung eine erhebliche Beeinträchtigung vermieden werden. Es ist jedenfalls nicht ausreichend, dass der Vorhabenträger geltend macht, dass die Bauarbeiten überwiegend am Tag erfolgen.

Die vorgesehene Errichtung von Kollisionsschutzzäunen in Bezug auf die Vermeidung von erheblichen Beeinträchtigungen von Fledermausarten wird unsererseits positiv gewertet. In Hinblick auf die von uns geforderte Planung der Brückenbauwerke ohne Stützpfeiler lässt sich sagen, dass durch die Errichtung eines Bogenbrückenwerkes keine erhöhte Kollisionsgefahr für Fledermausarten besteht. Die Wahrscheinlichkeit, dass Fledermausarten mit einem Brückenbogen kollidieren ist aus unserer Sicht genauso hoch, wie die Wahrscheinlichkeit, dass diese mit Brückenpfeilern kollidieren. Das Kollisionsrisiko von Feldermausarten ist dementsprechend kein Argument gegen die Planung der Brückenbauwerke ohne Stützpfeiler.

Weiterhin ist es unserer Ansicht nach detailliert zu prüfen, ob die Notwendigkeit der Zerstörung von zwei gesetzlich geschützten Biotopen entlang des Heuweges (in der Nähe der EÜ Weiße Elster, zwischen Heuweg und Bahnstrecke) besteht. Auf der Fläche, wo derzeit eine Streuobstwiese vorhanden ist, ist die Einrichtung einer Baustelle geplant. Wir werfen die Frage auf, ob es im Sinne des Vermeidungsgrundsatzes nicht möglich ist, die Baustelle abschnittsweise einzurichten um so einzelne Bestandteile der Grünfläche (Streuobstwiese) zu erhalten. Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit, auf Wirtschaftswege der Kleingartensiedlung auszuweichen. Aufgrund des Schutzstatus der Streuobstwiese und der Gehölze sollte auch die gänzliche Inanspruchnahme der Grünfläche verzichtet werden bzw. diese vermieden werden. Eine detaillierte Begründung des Erfordernisses der Inanspruchnahme fehlt den Antragsunterlagen.

In Bezug auf die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen regen wir an, eine Ausgleichsmaßnahme im direkten Umfeld des Eingriffsortes vorzusehen. Der Eingriff ist im Leipziger Auwald geplant, der durch die anthropogene Nutzung und Umgestaltung in seiner Funktionalität sehr eingeschränkt ist. Die Vorgaben der Regionalplanung sehen im Untersuchungsgebiet für die Fleißgewässer einen regionalen Schwerpunkt der Fließgewässersanierung sowie für den Bereich der Deponie Möckern ein Waldmehrungsgebiet vor. Um beiden regionalplanerischen Vorgaben gerecht zu werden und um den Eingriff im näheren Umfeld zu kompensieren, drängt sich die Anlage von Auwaldstrukturen bspw. entlang der Nahle auf. Hier könnte durch die Anlage einer Weichholzaue in dem Bereich zwischen den Deichen rechts und links der Nahle (nördlich des Brückenbauwerks) eine wirkliche Kompensation des Eingriffs erreicht werden. Dadurch ist auch keine negative Beeinflussung des Hochwasserrisikos zu befürchten, da nördlich des Nahlebrückenwerkes (Richtung Schkeuditz) auch keine Wohnbebauung vorhanden ist, die gefährdet werden könnte. Vielmehr kann durch die Anlage von Weichholzauestrukturen ein positiver Beitrag zum Hochwasserschutz erzielt werden. Daher regen wir an, eine dementsprechende Ausgleichsmaßnahme im Landschaftspflegerischen Begleitplan vorzusehen.

  1. Baustellenzufahrt/Baustelleneinrichtung

Vorgesehen ist weiterhin die Bauzufahrt zum Brückenbauwerk über die Nahle durch den Auwald. Da die vorgesehene Strecke der Zufahrt nicht innerhalb der UVS untersucht wurde, kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch das Befahren durch Baustellenfahrzeuge erhebliche Beeinträchtigungen durch optische und akustische Reize hervorgerufen werden. Um erhebliche Beeinträchtigungen von geschützten Tierarten zu vermeiden und zudem die Erholnutzung des Waldgebietes nicht weiter einzuschränken, sollte die Baustellenzufahrt über die Wegeverbindung Vierackerwiesen/Heuweg erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. David Greve
Landesgeschäftsführer

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