10. März 2017

Stellungnahme zum Bebauungsplan Nr. 3006, Dresden-Altstadt II/Strehlen Lennéplatz

Von: BUND RG Dresden

Sehr geehrte Frau Lang, sehr geehrte Damen und Herren,

der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Sachsen e. V., Regionalgruppe Dresden bedankt sich für die Zusendung der Unterlagen und das Einräumen des Mitspracherechts entsprechend § 3 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 63 BNatSchG zu o. g. Vorhaben.

Nach gründlicher Prüfung der uns zugesandten Unterlagen aus natur- und umweltschutzfachlicher sowie -rechtlicher Sicht nehmen wir wie folgt Stellung:

Grundsätzlich befürwortet der BUND die Entwicklung von Quartieren im innerstädtischen Bereich gegenüber Entwicklungen in Stadtrandbereichen. Dennoch stellt die beabsichtigte Bebauung und die damit einhergehende Umwandlung des Waldes nach § 9 SächsNatSchG (und § 14 BNatSchG) einen Eingriff in Natur und Landschaft dar. Der BUND ist deshalb darum besorgt, dass im Rahmen der Eingriffs- und Ausgleichsregelung nach §§ 13 ff. BNatSchG entsprechend gehandelt wird.

Artenschutz und Wald

Aufgrund dessen, dass sich die Flächen nicht frei zugänglich sind, war es uns leider nicht möglich die Aussagen der Artenschutzfachlichen Untersuchung zu bedrohten und geschützten Arten nachzuprüfen. Wir hoffen daher auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des entsprechenden Gutachtens. Dennoch weisen wir darauf hin, dass aufgrund der geringen Nutzung der letzten Jahrzehnte und der naturräumlichen Ausstattung der Flurstücke diese als Lebensraum für zahlreiche Tierarten geeignet sind und diese Brutplätze für zahlreiche Vogelarten und Lebensraum für Fledermäuse und Eremiten darstellen. In der Artenschutzfachlichen Untersuchung (S. 5) wird darauf hingewiesen, dass sowohl der Gebäudekomplex im südöstlichen Untersuchungsgebiet, als auch das Gebäude im nordwestlichen Teil sowie die ungenutzten Garagen größtenteils nicht begehbar und damit auch nur schlecht untersuchbar waren. Die potentielle Eignung dieser Gebäude als Winter- und Zwischenquartiere wird aber ebenfalls in der Artenschutzfachlichen Untersuchung (S. 5) erwähnt. Da im Umweltbericht bei den Ausgleichmaßnahmen (Begründung – Teil B; S. 32 und 33) zahlreiche Brutkästen für Vögel und auch Quartiere für Fledermäuse vorgesehen sind, gehen wir davon aus, dass Sie zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen sind. Die ökologische Begleitung der Abrissarbeiten halten wir deshalb für unverzichtbar.

Sollten im Gebiet des Bebauungsplans Fledermäuse ihr Winterquartier haben, weisen wir darauf hin, dass ein Stören der Winterruhe nach § 39 Abs. 6 BNatSchG verboten ist und bei eventuellem Baubeginn zu beachten ist. Vorbeugend empfehlen wir daher den Abriss der Gebäude außerhalb der für Fledermäuse festgesetzten Schutzzeiten.

Da die Artenschutzfachliche Untersuchung ein Vorkommen des Juchtenkäfers im Untersuchungsgebiet für möglich hält möchten wir auch hier erneut auf die Notwendigkeit einer ökologischen Baubegleitung hinweisen.

Die Rodung der betroffenen Waldfläche kann der BUND nicht gutheißen. Auch in Hinblick auf die Vegetationsbestände am Rande der beplanten Fläche ist erneut zu prüfen, ob ihre Beseitigung vermieden werden kann. Für die zu fällenden Bäume bitten wir Sie die Fällzeiten nach § 39 Abs. 5 BNatSchG zu beachten. Außerdem weisen wir auch an dieser Stelle erneut auf die Notwendigkeit einer ökologischen Baubegleitung hin.

Versiegelung der Flächen

Die angestrebte Wohndichte geht mit einem hohen Versiegelungsgrad einher, die im Allgemeinen Wohngebiet 2 die zulässige GRZ von 0,4 überschreitet. Da eine Überschreitung nur möglich ist, wenn nach § 17 Abs. 2 BauNVO „[…] nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt vermieden werden“, stellt sich für uns die Frage, ob bei geringerer Versiegelung dieses Teilgebiets mehr von der aktuellen Vegetation erhalten werden könnte. Die Begründung durch § 17 Abs. 2 BauNVO für eine Überschreitung der zulässigen GRZ halten wir somit für nicht ausreichend ausgeführt. Wir bitten Sie dies zu prüfen und die Planung gegebenenfalls anzupassen.

Der bisherige Versiegelungsgrad ist besonders in den nördlichen Flurstücken sehr niedrig und mit Gebietstyp III ist eine für Dresden überdurchschnittlich hohe Versickerung von Niederschlag möglich (nach Gebietstypen des naturräumlichen Wasserhaushalts; Themenstadtplan Dresden; Umweltamt). Um bei der anfallenden Versieglung dennoch weiterhin eine hohe Grundwasserneubildung sicher zu stellen, schlagen wir, zusätzlich zu bereits geplanten Maßnahmen, Mulden-Rigolen-Systeme zur Versickerung des anfallenden Niederschlages vor. So kann bei geringerer unversiegelter Fläche, dennoch viel Wasser in die Tallehme infiltriert werden.

Stadtklima

Die vom Bebauungsplan Nr. 3006 betroffenen Flächen übernehmen, durch die ausgeprägte Vegetation in den nördlich gelegenen Flurstücken, eine lokal kühlende Funktion. Durch die geplante Bebauung wäre diese Funktion nicht mehr gegeben. Da besonders in der nahegelegenen Altstadt einige Bereiche mit mittlerer bis sehr hoher Überwärmung anzutreffen sind (synthetische Klimafunktionskarte der Landeshauptstadt Dresden; Umweltamt) und von der geplanten Bebauung auch für umliegende Bereiche eine wärmende Funktion ausgehen wird, ist der Eingriff als negativ für das Stadtklima einzuschätzen. Aus diesem Grund ist eine möglichst hohe Begrünung der Flächen auch weiterhin wichtig, da durch die damit verbundene erhöhte Interzeptionsverdunstung und Transpiration eine geringere lokale Durchschnittstemperatur einhergeht. Den Grenzwert von mindestens 60 % Begrünung der nicht überbauten Fläche der Tiefgarage auf WA 1 und den überbauten Innenhöfen bitten wir zu überprüfen und gegebenenfalls zu erhöhen. Wir regen an, über das bisher vorgesehen Maß auch eine Begrünung der Fassaden und Dachflächen vorzusehen. Dies würde auch der Funktion der Flächen gemäß dem Landschaftsplanentwurf bezogen auf das Biotopverbundnetz und Grünsystem der Stadt entsprechen.

Hochwasserschutz

Die Fläche des Bebauungsplans Nr. 3006 wies im Sommer 2002 beim Elbehochwasser einen Grundwasserflurabstand von 3 bis 5m auf. Da die Fundamente, Keller und insbesondere die Tiefgarage(n) diese Tiefe möglicherweise unterschreiten, sollte dies beim geplanten Vorhaben berücksichtigt werden. Die geringe Distanz der Tiefgarage im Teilgebiet WA 1 zum Überschwemmungsgefährdeten Gebiet (nach § 9 Abs. 6a BauGB i. V. m. § 75 SächsWG) als auch der geringe Höhenunterschied, könnte bei Hochwasser ein Fluten der Tiefgarage zur Folge haben. Damit verbunden wäre dann ein erhöhter Eintrag von Schadstoffen in die Kanalisation oder auch ins Grundwasser. Es scheint uns daher angemessen, dass diese Tiefgarage, ebenso wie die mögliche in MI 1, als überflutbares Gebäudeteil festgesetzt wird.

Lärmschutz

Die Fläche weißt allgemein hohe Lärmpegel auf. Im Süden und Südosten des Plangebiets wurden entsprechende Lärmschutzmaßnahmen und -vorgaben für Schlafräume an den Außenfassaden festgesetzt. Aber auch der Norden des Plangebiets weist eine erhöhte Lärmbelastung durch Straßenbahnen und Verkehr auf. In der Lärmkartierung des Umweltamtes von 2012 (Themenstadtplan Dresden) sind Werte verzeichnet, die deutlich über den Grenzwerten für Allgemeine Wohngebiete liegen. Inwiefern sich die Schallausbreitung durch die im Bebauungsplan festgesetzte Bebauung ändert ist uns nicht nachvollziehbar. Dennoch möchten wir auf die hohen Lärmpegel im Gebiet des Bebauungsplans, wie sie im Grünordnungsbericht (S. 11) beschrieben sind, hinweisen und an die gesundheitlichen Folgen von dauerhaft erhöhter Lärmbelastung erinnern. Aus diesem Grund halten wir weitere Lärmschutzmaßnahmen, insbesondere auch an den Nordostfassaden der Teilgebiete WA 2 und WA 3, für wünschenswert.

Kompensationsmaßnahmen

In der direkten Nachbarschaft zu den Grünflächen Großer Garten und Bürgerwiese kann das Gebiet des Bebauungsplans Nr. 3006 als Teil eines größeren Lebensraums verschiedener Tierarten betrachtet werden. Durch die gute Ausstattung mit Totholz und die schlechte Begehbarkeit, bildet es einen vergleichsweise naturnahen Raum in oben genanntem Freiraumkomplex. Durch die Umwandlung des Waldes und den Baubeginn würde hier wertvoller Lebensraum für zahlreiche Kleinstlebewesen, wie kleine Säugetiere und Vögel verloren gehen. Dieser Lebensraum kann durch die geplanten Grünflächen 1, 2 und 3 nicht wiederhergestellt werden.

Auch in den neu aufzuforstenden Flächen ist bei forstwirtschaftlicher Nutzung nicht damit zu rechnen, dass diese die aktuelle Qualität der Fläche als Lebensraum und die jetzige Ausstattung an Totholz erreichen werden. Um einen adäquaten Ausgleich der Flächen – wie sie im Grünordnungsbericht und in der Artenschutzfachlichen Untersuchung beschrieben sind – herzustellen, sollte darauf geachtet werden, dass die gute Ausstattung mit Totholz in den neu aufzuforstenden Flurstücken erreicht wird.

Die 1.800 m² Grünfläche auf dem Grundstück können – auch in Verbindung mit den Grünflächen auf den Dächern, der Fassadenbegrünung und den aufzuforstenden Waldflächen – den Eingriff nicht in dem Sinne ausgleichen, dass keine Verschlechterung der Umwelt entsteht (nach §§ 13 ff. BNatSchG). Die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen tragen nicht ausreichend dafür Sorge, dass ein dem aktuellen Zustand der Fläche gleichwertiger Lebensraum entsteht. Darum fordern wir ein Hinwirken darauf, dass die Flächen der Ersatzaufforstung ebenfalls langfristig eine gute Ausstattung mit Totholz aufweisen.

Fazit

Die vom BUND bevorzugte Alternative ist die Erhaltung der Waldflächen und deren weitere Renaturierung. Das Grundstück stellt im Verbund mit den Grünflächen auf der Westseite der Gellertstraße, dem Großen Garten und der Bürgerwiese einen innerstädtischen Freiraumkomplex dar, wobei der Waldfläche im nördlichen Teil des Plangebiets als naturnahem Raum dabei besondere Bedeutung zukommt.

Bei Umsetzung des Entwurfs des Bebauungsplans Nr. 3006 möchten wir an dieser Stelle noch einmal auf die Notwendigkeit der ökologischen Baubegleitung, besonders bei Abriss- und Rodungsarbeiten hinweisen. In diesem Zusammenhang seien noch einmal die Berücksichtigung der Brutzeiten bei der Rodung des Gebiets, ein Vorkommen des Juchtenkäfers und die Möglichkeit von Fledermausquartieren in Gebäuden, die im Rahmen der Artenschutzfachlichen Untersuchung aufgrund von Baufälligkeit nicht untersucht werden konnten, erwähnt.

Die hohen Lärmpegel im Plangebiet veranlassen uns dazu Sie aufzufordern weitere Lärmschutzmaßnahmen in den Teilgebieten WA 2 und WA 3 festzusetzen. Ebenso ermahnen wir dazu, die Ausführung der Tiefgaragen im Plangebiet nur unter angemessener Berücksichtigung von Hochwasser- und Überflutungsrisiken zuzulassen.

Auf der Fläche WA 2 ist die zulässige GRZ von 0,4 überschritten. Die Begründung durch § 17 Abs. 2 BauNVO halten wir insofern für fragwürdig, das „[…] nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt…“ in diesem Fall nicht vermieden werden, wenn der höhere Versiegelungsgrad mit einem größeren Verlust an Waldfläche einhergeht. Um die bisherige stadtklimatische und Biotopverbundfunktion des Grundstücks nicht unnötig zu beschneiden, bitten wir sie den Grenzwert von 60 % für die Begrünung der überbauten Innenhöfe und der nicht überbauten Fläche der Tiefgarage zu überprüfen und zu erhöhen.

Die Kompensationsmaßnahmen, die im Zuge der Eingriffs- und Ausgleichsregelung festgesetzt wurden, werden in ihrer Funktion als Ausgleich von Lebensraumverlusten nicht dem jetzigen Zustand der Fläche gerecht. Es sollte auch bei der Ersatzaufforstung wieder ein gleicher Bestand an Totholz geschaffen bzw. angestrebt werden.

Wir bitten um Berücksichtigung unserer Anliegen und hoffen, dass der Entwurf des Bebauungsplan Nr. 3006 entsprechende Anpassungen erfährt.


Mit freundlichen Grüßen

Lars Stratmann

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