7. August 2017
15 Jahre nach Jahrhunderthochwasser 2002: Elbauen sind Hochwasserschutz und Grundlage für Wirtschaftsfaktor Nr. 1
Quelle: BUND Sachsen
Das Jahrhunderthochwasser 2002 verursachte nicht nur persönliches Leid und Milliardenschäden in zweistelliger Höhe, es veränderte den Blick der Menschen auf die Elbe. Der Fluss sollte mehr Raum zurückerhalten, zudem wurde der Ausbau der Elbe als Wasserstraße gestoppt. Die Klimaerwärmung mit zunehmenden Wetterextremen rückte in den Fokus: auf Flut folgt Trockenheit und Niedrigwasser.
„Etwa 80 Prozent der Auen und ehemaligen Überschwemmungsflächen wurden der Elbe genommen. Im Sommer 2013 machte die zweite Jahrhundertflut innerhalb von elf Jahren deutlich, dass Deiche und technischer Hochwasserschutz keine hundertprozentige Sicherheit bieten können. Durch Deichrückverlegungen hingegen werden dem Fluss ehemalige Überschwemmungsflächen wieder zurückgegeben. Aus Hochwasser wird wieder Breitwasser, das Risiko einer Katastrophe sinkt“, sagt Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen. „Das zeigt der Blick nach Brandenburg. Hier wurde die Aue durch das Deichrückverlegungsprojekt bei Lenzen, umgesetzt vom BUND, erweitert – und bei der Elbe-Flut 2013 lagen die Wasserstände um bis zu 50 cm niedriger. Eine stolze Zahl, wenn es auf jeden Zentimeter ankommt. Hieran gilt es anzuknüpfen, weitere ausgedehnte Deichrückverlegungen müssen folgen.“
Auenschutz entlang der Elbe – eine Win-Win-Situation
Intakte und lebendige Auen spielen nicht nur für den Naturschutz und die Artenvielfalt, sondern auch für den Hochwasserschutz eine wichtige Rolle. Sie bieten den Wassermassen nicht nur Raum. Wasser kann dort versickern und wird durch die angepassten Pflanzen aufgenommen und verdunstet. Eine klassische Win-Win-Situation.
Doch damit nicht genug. „Die Anwohner der Elbe profitieren noch weiter von einer naturnahen Flusslandschaft. Die ursprüngliche Natur und die schöne Landschaft der Elbe werden von rund 90 Prozent der Radtouristen als die Hauptattraktion ihrer Reise gelobt, wie Befragungen ergeben haben. Da jedes Jahr Hundertausende Rad-Touristen ihren Urlaub an der Elbe verbringen und auf Restaurants und Unterkünfte angewiesen sind, bleibt hier viel Geld in der Region“, ergänzt Ekardt.
Der Magdeburger Tourismusverband Elbe-Börde-Heide schätzt, dass die Radler jährlich etwa 127 Mio. Euro an der Elbe umsetzen. Damit ist der Radweg der Wirtschaftsfaktor Nummer 1 an der Elbe. Die Kosten für den Erhalt dieser Infrastruktur halten sich in engen Grenzen. Die Auen und Flusslandschaft sind die Grundlage für diese wirtschaftliche Erfolgsstory – also einer Win-Win-Situation – und der Beleg: Naturschutz und nachhaltige Wirtschaft sind keine Gegensätze.
Vertiefung der Elbe für die Güterschifffahrt bedroht die Natur- und Kulturlandschaft
Noch immer wird die Herstellung einer verlässlichen Schiffbarkeit an der Elbe eingefordert. Obwohl schon hunderte Millionen Euro für Baumaßnahme am Fluss und in den Elbe-Häfen ausgegeben wurden und werden immer weniger Güter auf der Elbe transportiert. Nach offiziellen Prognosen sollten heute 12 oder gar 23 Millionen Tonnen per Elb-Schiff befördert werden – in den letzten Jahren war es mit weniger als 0,4 Millionen Tonnen davon nur ein winziger Bruchteil. Grund sind die lang anhaltenden, unvorhersagbaren Niedrigwasser der Elbe – und die lassen sich nicht wegbaggern.
„Das bislang nicht erreichte Ziel, aus der Elbe eine ganzjährig befahrbare Wasserstraße zu machen, verschlingt nicht nur Unsummen, es schadet auch der Natur- und Kulturlandschaft. Durch die stetige Vertiefung wird der Fluss von der Aue entkoppelt, die als Folge immer seltener von kleinen Hochwassern erreicht wird. Der ursprüngliche feuchte Lebensraum trocknet aus und mit ihm verschwinden Tiere und Pflanzen, die einzigartige Natur wird geschädigt“, kritisiert Ekardt.
Blick nach vorn: nachhaltiger Umgang mit der Elbe nutzt der Allgemeinheit
An der Elbe müssen sinnvolle Prioritäten gesetzt werden, die allen nutzen. Hochwasser gehört in die Aue und nicht in unsere Wohnzimmer. Daher sind die Hochwassergefahren durch erweiterte Überschwemmungsflächen zu reduzieren. Schutz und die Wiederherstellung der Auen tragen dazu bei. Die schädliche Vertiefung der Elbe muss gestoppt und umgekehrt werden, um die Natur- und Kulturlandschaft zu erhalten. Hier liegt das eigentliche wirtschaftliche Potenzial des Flusses.
Pressekontakt:
Prof. Dr. Felix Ekardt, Tel. 0341/ 49 27 78 66, felix.ekardt@bund-sachsen.de
Hintergrund:
www.bund-sachsen.de/elbe
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