28. Januar 2015
Stickstoff bedroht Wasser, Land und Klima
28.01.15 - Der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung (SRU) hat erst vor Wochenfrist eine ‚Stickstoffstrategie‘ für Deutschland gefordert. Hintergrund dafür ist der weiter steigende Stickstoffeintrag in Luft, Gewässer und Böden meist in Form von Nitraten – mit gravierenden Folgen für die Trinkwasserqualität, das Klima, die Biodiversität, teilweise auch die Feinstaubentwicklung und damit insgesamt für die Gesundheit der Menschen. Bereits heute wird gemäß einer kleinen Anfrage an die sächsische Staatsregierung z.B. im Raum Leipzig bei mehr als einem Sechstel aller Trinkwasserproben der zulässige Grenzwert für Nitrat von 50 mg/l überschritten. 24 % der sächsischen Grundwasserkörper sind aufgrund der Nitratbelastung in einem schlechten chemischen Zustand gemäß der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Nitrat kann im menschlichen Körper, aufgenommen über Trinkwasser oder Atemluft, in das krebserregende Nitrit umgewandelt werden, ist also potenziell gesundheitsschädlich.
Dazu Prof. Dr. Felix Ekardt, Nachhaltigkeitsforscher und BUND-Landesvorsitzender: „Die Trinkwasserproblematik ist nur eine Gefahr von Stickstoffeinträgen in die Umwelt. Stickstoffeinträge in Gewässer führen dort zur gefürchteten Algenblüte und im Extremfall zum ‚Umkippen‘ eines Gewässers. In der Luft hat Lachgas (N2O) als Treibhausgas eine 300 x größere Klimarelevanz als CO2.“
Stickstoffe stammen im Wesentlichen aus drei Quellen: aus der Landwirtschaft, fossilen Kraftwerken und dem Verkehr. Ekardt erklärt: „Jeweils steht dahinter im Kern der Einsatz der fossilen Brennstoffe. In der Landwirtschaft ist die übermäßige Düngung das Grundübel. Chemische Düngemittel, die unter energetischen und stofflichen Einsatz von Erdöl den Stickstoff aus der Luft binden, werden im Übermaß ausgebracht, um kurzfristig hohe landwirtschaftliche Erträge zu erreichen. Die langfristige Folge ist Überdüngung und damit Ertragsminderung. Ferner trägt die immer weiter steigende Zahl von Massentierhaltungen zu der Unmenge an Gülle bei, die als vermeintlicher Dünger ebenfalls auf Agrarflächen entsorgt wird. Wollen wir diese Stickstoffeinträge vermindern, ist es notwendig, Erfolg in der Landwirtschaft nicht mehr über kurzfristige Ertragssteigerungen zu definieren und den Konsum tierischer Nahrungsmittel deutlich zu reduzieren und so die Massentierhaltung obsolet zu machen. Wollen wir dem Stickstoffproblem in der Luft begegnen“, so Ekardt weiter, „kommen wir nicht umhin, baldmöglichst auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe zugunsten erneuerbarer Energien zu verzichten – und zwar sowohl im Energie- als auch im Verkehrssektor.“
Der BUND Sachsen fordert die sächsische Landesregierung deshalb auf, sowohl im Landwirtschafts- wie auch im Energie- und Verkehrssektor die Weichen für eine stickstoffarme Zukunft zu stellen. Ein erster Schritt könnte die Verhinderung weiter Tiermastbetriebe im Freistaat sein, wie auch entschlossen die Ziele aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen, im Verkehrssektor Radverkehr und ÖV zu stärken und die Elektrifizierung des Individualverkehrs voranzutreiben. Der BUND wird intensiv verfolgen, ob die dazu durchaus vorhandenen vorsichtigen Ansätze im Koalitionsvertrag ernsthaft weiterverfolgt werden. Ferner betreibt der BUND sein Engagement gegen die ökonomisch und ökologisch irrationale langfristige Fortschreibung der sächsischen Braunkohlenutzung intensiv weiter.
Fast zeitgleich zur Veröffentlichung der Untersuchungen des SRU hat der BUND den Bodenatlas 2015 veröffentlicht, der sich in informativen Grafiken und Texten u.a. den Folgen des Stickstoffeintrags in Böden widmet und alternative Methoden für Düngung und Tierhaltung vorstellt.
Informationen:
www.bund.net/fileadmin/bundnet/publikationen/landwirtschaft/150108_bund_landwirtschaft_bodenatlas_2015.pdf
www.bund-sachsen.de/energiekonzept
www.bund-sachsen.de/nochten2
Pressekontakt: Prof. Dr. Felix Ekardt, Tel. 0341-49277866, felix.ekardt@bund-sachsen.de
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