9. Januar 2015

Ist die Elbe ein Fluss oder ein Kanal?

Diese Frage stellt der BUND Sachsen, nachdem in dieser Woche die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken-Fraktion im Bundestag bekannt geworden ist.
Es sei ein Gesamtkonzept Elbe in Arbeit, dessen Erarbeitung noch bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen wird. In diesem Gesamtkonzept sollen die unterschiedlichen Ansprüche an die Elbe gleichberechtigt miteinander abgewogen, die schifffahrtliche Nutzung des Gewässers weiterhin ermöglicht und die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes erhalten und verbessert werden. Auf die Frage, wie die Bundesregierung zu der tschechischen Forderung nach einer ganzjährigen Schiffbarkeit mit 1,60 m Wassertiefe stehe, lautet die Antwort, dass man im permanenten Dialog mit der tschechischen Seite stünde und die Elbe bei der Bewältigung des steigenden Verkehrsaufkommens einen ihren arteigenen Bedingungen entsprechenden Beitrag leisten könne.

Der BUND Sachsen fragt, welches steigende Verkehrsaufkommen hier gemeint ist. Seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten ist zu beobachten, dass der Gütertransport auf der Elbe zurückgeht. 2013 betrug die Gesamttonnage im deutsch-tschechischen Grenzverkehr auf der Elbe im Im- und Export 448.000 Tonnen, während zugleich rund 8,8 Million Tonnen im Schienenverkehr transportiert wurden. Welchen „arteigenen Beitrag“ soll die Elbe leisten? Ist es nicht gar wirtschaftlich sinnvoll, diesen Beitrag darauf zu beschränken, ein naturnaher Fluss zu sein und so von den Einnahmen im Tourismus zu profitieren?

Lars Stratmann, stellvertretender Landesvorsitzender des BUND Sachsen und Gewässerexperte, präzisiert: „Die Aussagen der Bundesregierung zum Elbeausbau widersprechen sich immer wieder. Wenn angeblich die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes erhalten und verbessert werden soll, dann ist ein weiterer Ausbau der Elbe unvertretbar. Ganz im Gegenteil müssen gar Rückbaumaßnahmen getroffen werden, um beispielsweise die weitere Sohlerosion zu verhindern. Wenn aber die Elbe ein steigendes Verkehrsaufkommen bewältigen soll, ist das als Verklausulierung des geplanten Elbeausbaus zu werten, der einer Kanalisierung der Elbe gleich käme – die aber laut Bundesregierung gar nicht geplant sei.“

Prof. Dr. Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen, unterstützt die Aussagen seines Vorstandskollegen: „Unser Eindruck ist, dass die Bundesregierung bzw. das Bundesverkehrsministerium gar nicht wissen, wie es mit der Elbe weitergehen soll, sich aber von der tschechischen Regierung unter Druck setzen lassen. Die Erarbeitung eines Gesamtkonzepts Elbe wird offenbar vorgeschoben, um zu vermeiden, konkret Stellung zu beziehen. Wenn die Bundesregierung ihr enges Zusammenwirken mit den Bundesländern betont, sollte sie sich aber darüber im Klaren sein, dass die neue sächsische Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag eine Elbevertiefung ablehnt.“

Auch der  BUND Sachsen spricht sich grundsätzlich gegen eine weitere Elbvertiefung und die damit verbundene Kanalisierung der Elbe aus und fordert ganz im Gegenteil, dem Fluss mehr Raum zu geben. Ein weiterer Ausbau wäre mit enormen Kosten verbunden, die sich keinesfalls durch eine mögliche verstärkte Nutzung der Elbe als Güterwasserstraße rechtfertigen lassen. Gleichzeitig wäre der Ausbau gleichbedeutend mit der Zerstörung des letzten recht naturnahen großen Flusses in Deutschland. Der Ausbau widerspräche der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, hätte erhebliche negative Folgen für den Fischbestand und würde den Erlebniswert des Flusses –  unverzichtbares Gut für Erholungssuchende und einen sanften Tourismus – unwiederbringlich zerstören.
Auf lange Sicht ist volkswirtschaftlich der Verzicht auf den Ausbau die beste Lösung, wenn die Gewinne aus dem Tourismus und die eingesparten Ausbaukosten mit den zweifelhaften Gewinnen im Güterverkehr gegengerechnet werden.

 

Pressekontakt: Prof. Dr. Felix Ekardt, Tel. 0341-49277866, felix.ekardt@bund-sachsen.de

 

 

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