1. März 2017

Stellungnahme zum Nachhaltigkeitsbericht

Anlässlich des Todestages von Hans Carl von Carlowitz, des sächsischen „Erfinders“ des Nachhaltigkeitsbegriffs, am 3. März, veröffentlicht das Entwicklungspolitische Netzwerk Sachsen (ENS) eine Stellungnahme zum Bericht zur Nachhaltigkeitsstrategie des Freistaats Sachsen. Der im September vergangenen Jahres vom sächsischen Umweltministerium veröffentlichte Bericht enthält nach Ansicht des BUND Sachsen, einem Mitglied des ENS, verschiedene Mängel gerade im Umweltschutz.


Prof. Dr. Felix Ekardt, BUND-Landesvorsitzender und Nachhaltigkeitsforscher: „Als besonders gravierend ist uns in dem Bericht das Beharren auf den fossilen Energieträger Braunkohle aufgefallen. Gerade die Braunkohle als klimaschädlichsten Energieträger in einem Atemzug mit dem Begriff Nachhaltigkeit zu nennen, ist in hohem Maße paradox. Auch volkswirtschaftlich ist die Braunkohlenutzung angesichts der Kosten von Klimawandel, Gewässerschäden und Atemwegserkrankungen hochgradig irrational. Wenn, wie beim Tagebau Welzow im benachbarten Brandenburg inzwischen bekannt, eine Rekultivierung nur finanziell möglich ist, wenn weitere Braunkohletagebaue erschlossen werden, ist das Ganze nicht einmal mehr für die Betreiber selbst wirklich rentabel. Das Pariser Klima-Abkommen mit der globalen Erderwärmungsgrenze von 1,5-1,8 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau schreibt völkerrechtlich verbindlich vor, in den nächsten 10 bis 20 Jahren weltweit und in allen Sektoren – nicht nur beim Strom – die fossile Brennstoffnutzung auf null herunterzufahren. Das ignoriert die Nachhaltigkeitsstrategie und steuert damit auf einen vorsätzlichen und flagranten Rechtsbruch zu.“


Der Nachhaltigkeitsbericht des Freistaats widmet sich acht verschiedenen Handlungsfeldern, in denen nach Ansicht der Staatsregierung überall Fortschritte erzielt wurden. So wird im Bereich Natur- und Umweltschutz hervorgehoben, dass die Luftqualität und die Wassergüte stark verbessert wurden. Allerdings konnten beim Bericht zur europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WWRL) nur 4 Prozent der Oberflächenwasserkörper mit „gut“ bewertet werden – und bei Städten mit zu hoher Feinstaub- und Stickoxid-Belastung fallen immer wieder die beiden sächsischen Metropolen Dresden und Leipzig auf, obwohl beide Städte sogar Ansätze von Luftreinhaltungsprogrammen haben.


Weiter werden die Fortschritte beim Erhalt der Biodiversität oder beim Schutz der Böden betont – dabei schwindet auch in Sachsen die Zahl der Arten und der Individuen und nur verbesserte Monitoringmaßnahmen wie beispielsweise bei der Wildkatze durch den BUND lassen hier vereinzelt Hoffnung schöpfen. Laut LfULG sind rund 50% der Böden in Sachsen einer sehr hohen Erosionsgefahr ausgesetzt, während gleichzeitig Flächeninanspruchnahme und Bodenverluste weiter voranschreiten.


Ekardt: „Ein völkerrechtlich verbindliches Ziel wie das der Biodiversitätskonvention, den Verlust an Arten und Ökosystemen zu stoppen, erfordert eine fundamental andere Landwirtschaftspolitik. Wir müssen der Natur mehr Raum geben. Gleichzeitig bedeutet das Paris-Abkommen mit dem Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen, dass die zukünftige Landwirtschaft eine ohne Mineraldünger sein muss. Die sich daraus ergebenden geringeren Ernteerträge bedeuten dann freilich auch: Wir können künftig deutlich weniger tierische Produkte erzeugen und essen. Denn die beanspruchen bislang rund vier Fünftel der weltweiten Agrarfläche, und jede tierische Kalorie benötigt zu ihrer Erzeugung ein Vielfaches an pflanzlichen Kalorien. Wenn man tatsächlich eine Nachhaltigkeitsstrategie macht, also eine Strategie für dauerhaft und im weltweiten Maßstab lebbare Lebens- und Wirtschaftsweisen, dann müsste man auf genau solche Fragen eingehen und realistische Konzepte für eine wirklich nachhaltige Landwirtschaft entwickeln. Das hat die Staatsregierung leider nicht einmal versucht.“


Zur Stellungnahme zum Bericht zur Nachhaltigkeitsstrategie:
www.bund-sachsen.de/themen_projekte/wirtschaft_wachstum/nachhaltigkeit

Pressekontakt:

Felix Ekardt
felix.ekardt@bund-sachsen.de
Tel. 0341 / 49 27 78 66

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