Die Rückkehr der Wölfe

Fähe (Muttertier) in der Lausitz

Fast 100 Jahre war der Europäische Wolf (lat. Canis lupus) in Deutschland nicht mehr beheimatet und auch nicht willkommen. Im Mittelalter wurde er als Nahrungs- und Jagdkonkurrent selbst zum Gejagten. Angst und Unwissenheit festigten das Bild des grausamen Wolfes in den Köpfen der Menschen, bis schließlich um 1904 der letzte freilebende Wolf Deutschlands in der Lausitz sein Leben lassen musste.

 Dabei ist der Wolf in seiner Lebensweise ein eher vorsichtiges Tier, das sich dem Menschen nur in Ausnahmesituationen nähert. Er lebt in sozialen Verbänden (Rudeln), welche man auch als Familien bezeichnen könnte, da sie lediglich aus den Elterntieren, die meist lebenslang miteinander verbunden sind, und dem Nachwuchs bestehen. Nach etwa ein bis zwei Jahren, wenn die Jungtiere geschlechtsreif geworden sind, verlassen sie das Rudel, um sich auf die Suche nach einem Partner zu begeben, mit dem sie dann ein neues Rudel gründen. Zum Überleben benötigt der Wolf ausreichend Beutetiere in seinem bis zu 350 km² großen Territorium. Die Ausbreitung der menschlichen Siedlungen, der offenen Viehhaltung, der Waldweide und dem geringen Schutz des Weideviehs, führte zu vermehrten Nutztierverlusten durch den Wolf, woraufhin der Mensch ihn zum Feind erklärte.

 

Im Jahr 1996 wurde erstmals wieder ein Wolf in der Oberlausitz gesichtet, im Jahr 2000 konnte sich in der Muskauer Heide in Sachsen ein Paar erstmals seit etwa 100 Jahren wieder erfolgreich reproduzieren. Heute leben in der Lausitz fünfzehn Wolfsrudel, davon zehn allein im sächsischen Teil der Lausitz (Stand April 2014). Damit ist Sachsen derzeit das Bundesland mit dem höchsten Wolfsvorkommen innerhalb der Bundesrepublik. Um den Wolf zu schützen, seine Rückkehr zu gewährleisten und zu unterstützen, ist es wichtig, die Menschen über die Lebensweise und Gefährdung der Tiere aufzuklären und damit die über Jahrhunderte geschürte Angst vor ihnen auszuräumen.

Auf europäischer Ebene wird der Wolf innerhalb der EG-Verordnung 338/97 im Anhang A geführt. Innerhalb der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie 92/43/EWG) zählt er zu den Arten des Anhangs II und IV. Damit kommt dem Wolf ein besonderer Schutzstatus zu, der auch den Schutz der Lebensstätten des Wolfes und die Ausweisung von Schutzgebieten umfasst. Die genannten Vorschriften sind nicht begrenzt auf das Natura 2000 Schutzgebietsnetz, sondern gelten in ganz Europa. Aufgrund der Nennung der Tiere im Anhang IV zählt der Wolf in Deutschland nach § 7, Absatz 2, Nr. 13 und § 44 Bundesnaturschutzgesetz als besonders geschützte Art.

© Gunther Kopp - www.koppfoto.de

In Sachsen ist der Wolf über das Jagdgesetz mit einer ganzjährigen Schonzeit geschützt. Zudem wird regelmäßig seit 2009 ein landesweiter Managementplan für ein besseres Miteinander von Tier und Mensch im Freistaat aufgestellt und überarbeitet.

Der BUND Sachsen bietet in Zusammenarbeit mit dem Kontaktbüro der Wolfsregion Lausitz (Sachsen) Informationsveranstaltungen und Vorträge an. Das Kontaktbüro „Wolfsregion Lausitz“ in Rietschen hält eine Fülle an Informationen zum Wolf bereit und nimmt Meldungen von Wolfs-Beobachtungen entgegen. Zudem bietet das Büro vor Ort eine Ausstellung und organisiert zahlreiche Exkursionen, Vorträge und Umweltbildungsangebote vor Ort.


Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz
Am Erlichthof 15
02956 Rietschen
Tel.: 035772 46762
Fax:  035772 46771
E-Mail: kontaktbuero@wolfsregion-lausitz.de

© Gunther Kopp - www.koppfoto.de

Die Angst vor dem Wolf

Aus der Sächsischen Zeitung vom 13.11.2012
Von Annett Kschieschan

In der Königsbrücker Heide lebt seit 2011 ein Wolfsrudel. Vor allem Nutztierhalter sind seitdem in ständiger Sorge. Doch wie groß ist die Gefahr wirklich?

Der Wolf steht auf einem Sockel – meterhoch und aus massivem Stein. Er sollte der letzte seiner Art in Sachsen sein und bekam deshalb ein eigenes Denkmal. Es steht in der Laußnitzer Heide, und eigentlich steht es da zu Unrecht. Denn es gibt längst wieder Wölfe in der Laußnitzer und der Königsbrücker Heide. Ein Rudel – das westlichste in Sachsen – ist hier heimisch. Spätestens seitdem wird auch im Altkreis Kamenz mehr oder weniger heftig über den Wolf diskutiert, zuletzt bei einem Vortragsabend in Laußnitz, demnächst in Großröhrsdorf. Fakt ist, der Wolf macht immer noch Angst. Dabei muss das nicht sein, sagen Experten. Die SZ erklärt, warum.

Wo im Altkreis Kamenz leben derzeit Wölfe?

Als sicher gilt die Existenz eines Wolfsrudels in der Königsbrücker Heide. Im Frühjahr 2011 war dort ein ausgewachsenes Tier in eine Fotofalle getappt. Das Königsbrücker gilt als das bislang westlichste Rudel in Sachsen. Die meisten Wölfe leben nach wie vor in Ostsachsen, einige inzwischen auch in der Sächsischen Schweiz.

Gab es Wolfsrisse im Kamenzer Land?

Aus der Region um Kamenz wurde im Herbst 2011 ein Wolfsriss in Reichenau bekannt. Schon mehrere gab es im Großenhainer Land. Dokumentiert werden Wolfsrisse – ebenso wie Sichtungen der Tiere – vom Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz. Die Mitarbeiter informieren außerdem in Vorträgen über die Tiere – so wie jetzt in Laußnitz auf Initiative der Westlausitzer Regionalgruppe der Initiative Gesunde Zukunft / BUND.

Wie gefährlich ist der Wolf für den Menschen?

Mensch und Wolf können miteinander leben. Da sind sich die Experten einig. Gesunde Wölfe sind scheu. Kranke Wölfe, die etwa trotz Schutzmaßnahmen immer wieder Haustiere töten oder auffällig wenig Scheu vor Menschen zeigen, können getötet werden – trotz der ansonsten im Jagdgesetz verankerten, ganzjährigen Schonung der Wölfe. Wer in einer Wolfsregion – und zu der zählt der Landkreis – lebt, kann durchaus einem Wolf begegnen. Bei einer Umfrage gab jetzt etwa ein Viertel der Vortragsgäste in der Heide an, schon einmal eines der Tiere gesehen zu haben. Die Experten raten für diesen Fall: Ruhig bleiben. Wer mit einem Hund unterwegs ist, sollte ihn anleinen. Und: Wer einen Wolf sieht, sollte das Kontaktbüro darüber informieren. Das sogenannte Monitoring – also die Erfassung des Tierbestandes – ist wichtig für den künftigen Umgang mit dem Wolf.

Wie wird Tierhaltern nach einem Wolfsriss geholfen?

Pro Jahr wurden in Sachsen zuletzt 4 000 Euro Entschädigungen für getötete oder verletzte Tiere gezahlt. Voraussetzung ist, dass ein Wolf für den Tod des Tieres verantwortlich ist und dass der Halter zuvor in den Schutz seiner Tiere investiert hat. Auch das ruft Kritik auf den Plan. Der Mehraufwand für die Halter sei durch Ausgaben für Schutzzäune, Koppeln oder zusätzliche Flatterbänder enorm, Anträge auf Förderung brauchen zu lange. So mancher Tierhalter fühlt sich mit den Anforderungen alleingelassen.

Warum wird das Thema so kontrovers diskutiert?

Die Angst vor den Wölfen ist in vielen Köpfen fest verankert. Die Wolfsrisse nähren sie. Vor allem Nutztierhalter sorgen sich um ihre Tiere – und um finanzielle Verluste. Auch in der Jägerschaft ist das Thema umstritten. Das weiß auch Christof Schubert. Der Forstrevierleiter in Laußnitz kennt die Heide. Er kennt auch die Ängste – und so manche Legenden – die sich um den Wolf ranken. Er selbst sieht das Thema nüchtern. „Wo wäre der Wolf ohne den Schutz?“ fragt er. Die Region mit ihren großen Waldgebieten und den ehemaligen Tagebaulandschaften im Nordosten biete genug Platz und Nahrung für den Wolf. Freilich erfordert seine Rückkehr auch ein Umdenken beim Menschen. Wer ein Schaf ungeschützt draußen anpflockt, bietet dem Wolf Futter auf dem Tablett und nimmt ihm die natürliche Scheu. Ob der Wolf immer geschützt bleiben müsse, sei dennoch die Frage. „Man sollte schauen, wie sich das Ganze entwickelt, was das Monitoring in einigen Jahren sagt. Wenn er dann hier heimisch ist, sich fortpflanzt, muss man auch über eine Regulierung der Population nachdenken können“, so Christof Schubert.

Wie können die Ängste abgebaut werden?


Durch Aufklärung. „Noch mehr sachliche Informationen“ müssten vermittelt werden, sagt Volker Kurz von der Regionalgruppe des BUND Sachsen. Auch die jüngste, gut besuchte Veranstaltung in Laußnitz habe gezeigt, dass der Bedarf groß ist. Die nächsten Wolfsvorträge stehen daher schon fest.

Quelle: sz-online.de/Regional Kamenz



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