Interview mit Sebastian Koerner von lupovision

Sebastian Koerner, Biologe und Tierfilmer, unterstützt Arbeiten im Rahmen des Sächsischen Wolfmonitorings durch das Wildbiologische Büro LUPUS. Zudem beobachtet er die Wolfsfamilien mit der Filmkamera: www.lupovision.de.

BUND Sachsen: Was haben Sie mit der Braunkohle zu tun und was bedeutet Kohle für Sie?

Koerner: Ich habe mit der Braunkohle nicht besonders viel zu tun außer, dass ich im Jahr 2004 in die Lausitz gezogen bin, gleich an die Grenze zu Brandenburg. Die Landschaft und mein Wohnumfeld sind vom Braunkohleabbau geprägt. Ich bin nach Spreewitz gezogen, ein relativ altes Dorf. Es liegt am Zusammenfluss der Kleinen und Großen Spree. Noch vor fünf bis sechs Jahren konnten wir problemlos in der Spree baden gehen. Jetzt ist mal die Große und mal die Kleine Spree, am Ende aber die zusammengelaufene Spree, die dann durch den Spreewald nach Berlin fließt, von dieser Verockerung betroffen. Er sieht gespenstisch aus, dieser orangene Staub, der sich überall auf dem Flussgrund abgelagert hat. Die Umweltverpestung der Grundressource Wasser bedrückt mich sehr. Jetzt werden auf dem Gemeindegebiet große technische Maßnahmen ergriffen werden. Es werden Brunnen gebohrt, um das ansteigende Grundwasser davon abzuhalten, in die kleine Spree zu fließen. Ein großer Aufwand mit unsicherem Ausgang wird betrieben. Die gesamte Braunkohle-Energiegewinnung ist eine große Anmaßung, die für mich mittlerweile ähnlich bedrohlich und fatal geworden ist, wie die Atomenergie. Ich empfinde die pseudo-demokratischen Landesfürsten hier, die einfach nur um die Wählerstimmen der in der Braunkohle tätigen Menschen zu bekommen, Gegenbestrebungen möglichst schnell mit der Braunkohle abschließen, für verbrecherisch. Ich kann nicht begreifen, wie Woidtke und Tillich sich so in den Dienst der Ökonomie stellen können und die Lebensgrundlagen zerstören.

BUND Sachsen: Was sind für Sie negative und positive Aspekte der Braunkohle?

Koerner: Für mich gibt es eigentlich nur negative Aspekte der Braunkohle, weil ich weiß, dass die Braunkohle der Klima-Killer Nr. 1 ist. Ich empfinde das als Bedrohung. Insbesondere auch diese wahnwitzige Verlängerung des Abbauzeitraumes durch Nochten 2 und auf der brandenburger Seite die vier anderen geplanten Abbaue in der Zukunft verursachen in mir große Verunsicherungen, Ängste und für meine Kinder Zukunftsängste. Es ist eine ziemliche Katastrophe.

BUND Sachsen: Was wären Alternativen für die Braunkohle in der Lausitz?

Koerner: Energetisch gibt es deutschlandweit genug Sicherheit, dass die alternativen, regenerierbaren Energien den Bedarf decken können. Ich finde es auch skandalös, dass das Einsparpotential unverantwortlich wenig ausgebaut wird. Auf jeden Fall ist der Grund für die Braunkohle und auch die beschlossene Braunkohle für den Zeitraum 2040 bis 2060 offensichtlich der Export von Billigstrom ins Ausland. Sie ist absolut nicht für die Energiesicherheit in Deutschland notwendig. Es gibt Alternativen, auch für die Lausitz wirtschaftlich. Überall prangen Plakate auf denen „Vattenfall, Partner der Region“ steht. Anscheinend ist für den Strukturwandel bisher kaum etwas getan worden. Es gibt die Alternativen, sie sind bloß von den Verantwortlichen nicht rechtzeitig angegangen worden. Man muss es nachfolgenden Generationen gegenüber jetzt so schnell wie möglich angehen.

BUND Sachsen: Was würde passieren wenn die Kohle jetzt wegfällt?

Koerner: Ich befürchte, dass, wenn sie jetzt schlagartig wegfällt und dieser Strukturwandel noch nicht genug angegangen wurde, das natürlich hier zu mehr Arbeitslosigkeit führen könnte. Da bin ich aber kein Experte. Ich denke, dass Vattenfall die ganze Geschichte verkaufen will an einen osteuropäischen Anbieter, weil in der schwedischen Bevölkerung dieser umweltfeindliche Energieträger nicht mehr durchsetzbar ist. Vattenfall steht in meinen Augen in der Pflicht, es nicht einfach an irgendeinen weiteren Anbieter zu verkaufen, sondern schleunigst dafür zu sorgen, dass hier der Strukturwandel angegangen und die Sache sicher beendet wird.

BUND Sachsen: Was ist für Sie der nächste Schritt in der Braunkohlewirtschaft in der Lausitz?

Koerner: Der einzig verantwortbare und vor den nachfolgenden Generationen verantwortbare Schritt wäre, auf Nochten 2 und die neuen geplanten Tagebaue in Brandenburg zu verzichten. Die Einstellungen können nach den Plänen wie sie mit den modernisierten Kraftwerken vor 10 Jahren geplant wurden umgesetzt werden, sodass spätestens 2020 oder 2030 Schluss ist mit der Braunkohle und möglichst viel in den Strukturwandel investiert worden ist.



Positionspapiere für Sachsen:

Für einen geordneten Braunkohleausstieg

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