Umwelt- und Sozialverbände fordern von künftiger Bundesregierung Verknüpfung von schneller Energiewende mit engagierter Sozialpolitik. "Charta zur sozial gerechten Energiewende" vorgestellt

Berlin: In einer gemeinsamen Charta fordern Umwelt-, Wohlfahrts- und Sozialverbände von der künftigen Bundesregierung eine gerechtere Verteilung der Kosten der Energiewende und für einkommensschwache Haushalte dafür geeignete sozialpolitische Lösungen. Energie- und Sozialpolitik dürften nicht länger gegeneinander ausgespielt werden. Vielmehr müssten in den Koalitionsverhandlungen die Weichen für eine konsequent ökologische und zugleich sozial gerechte Energiewende gestellt werden.

Unterzeichner der Charta sind der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Paritätische Gesamtverband, die Nationale Armutskonferenz, der Arbeiterwohlfahrt Bundesverband, die Diakonie Deutschland und die Volkssolidarität, der Deutsche Naturschutzring (DNR), die Naturfreunde und die Deutsche Umwelthilfe (DUH).

Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger kritisierte die verengten energiepolitischen Debatten der letzten Monate: "Für steigende Strompreise werden ungerechtfertigter Weise vor allem die erneuerbaren Energien verantwortlich gemacht. Mit diesem Argument werden dann das Gemeinschaftsprojekt Energiewende und das erfolgreiche Gesetz zur Förderung erneuerbarer Energien diffamiert. Weiterentwickelt werden muss das Gesetz, aber so, dass die Investitionssicherheit für Projekte der Bürgergesellschaft gewährleistet bleibt. Priorität haben muss vor allem die Abschaffung ungerechtfertigter Bevorzugungen von Teilen der Industrie."
 
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, verwies auf die laufenden Koalitionsverhandlungen und dass jetzt der richtige Zeitpunkt sei, wegweisende ökologische und soziale Leitplanken aufzustellen: "Energiewende und soziale Gerechtigkeit, ökologische Vernunft und soziale Verträglichkeit müssen Hand in Hand gehen, soll Deutschland weiter Vorreiter bleiben. Ein künftiger Koalitionsvertrag muss konkrete Formulierungen und Maßnahmen enthalten, die nicht nur den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien garantieren, sondern auch die Unterstützung für einkommensschwächere Haushalte regeln."

Leistungen wie das Arbeitslosengeld II, Wohngeld, die Grundsicherung im Alter oder die Sozialhilfe müssten steigende Energiekosten künftig berücksichtigen. "Auch die Reduzierung des Energieverbrauchs ist ein wichtiges Instrument, um Verbraucher bei den Stromkosten zu entlasten. Deshalb gehört das bisher vernachlässigte Thema der Energieeffizienz ganz oben auf die politische Agenda", so Schneider.
 
Die Charta enthält weitere detaillierte Vorschläge zur Umsetzung einer sozial gerechten Energiewende. Die Verbände fordern unter anderem, eine vierteljährliche Abrechnung der Energiekosten mit der Angabe aktueller Strompreise, des Durchschnittsverbrauchs sowie der entsprechenden Vergleichszahlen aus dem Vorjahr einzuführen. Die Energieversorger müssten außerdem verpflichtet werden, "Energieschuldnern" Ratenzahlungen von maximal einem Zehntel des Hartz-4-Regelsatzes anzubieten. Um Stromsperren zu verhindern, müssten Jobcenter, Sozialämter und Energieversorger im Rahmen von Clearingverfahren gemeinsam mit den Betroffenen nach entsprechenden Lösungen suchen.
 
"Der Zugang zu Strom und Energie gehört zur Daseinsvorsorge, für die der Staat Verantwortung trägt", sagte der BUND-Vorsitzende Weiger. "Das heißt nicht, dass Energie verschwendet werden darf. Aber über Energiesparberatungen und die Förderung der Ausstattung sozial schwacher Haushalte mit energieeffizienten Geräten lassen sich die nötigen Voraussetzungen schaffen, damit alle Zugang zu bezahlbarer Energie haben und zugleich gespart werden kann. Das dient auch dem Schutz von Ressourcen und Klima", sagte Weiger.

Charta zur sozial gerechten Energiewende



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